Inhaltsbeschreibung und Datierung

1Mit dem vorliegenden Heft beendete Marx seine Exzerpte aus den Wochenzeitschriften „The Money Market Review“ und „The Economist“, die ab dem 13. Oktober 1868 in den Heften „London. 1868“ und „1868“ begonnen worden sind. In den letztgenannten Heften exzerpierte Marx die Jahrgänge 1866 und 1867 beider Zeitschriften und im vorliegenden Heft fertigt er Auszüge aus dem Jahrgang 1868 der „Money Market Review“ (S. 3–58) und des „Economist“ (S. 58–86) an. Das Heft enthält außerdem umfangreiche Auszüge aus dem Buch „The Theory of the Foreign Exchanges“ von George Joachim Goschen (S. 90–109) sowie den ersten Teil der 1869 entstandenen Exzerpte aus dem mathematischen Lehrbuch „Das Ganze der kaufmännischen Arithmetik“ von Friedrich Ernst Feller und Carl Gustav Odermann (S. 109–138), die Marx anschließend im Folgeheft „Heft II. 1869“ fortsetzte, sowie ferner einen kurzen, auf Angaben aus Feller/Odermann gestützten Kommentar zu Goschen (S. 89). Seine Exzerpte hat Marx im vorliegenden Heft in zwei Registern erfasst: in einem in zwanzig Gliederungspunkten unterteilten „Inhaltsregister“ für den 1868er Jahrgang der „Money Market Review“ und des „Economist“ (S. 87–89) sowie in einem Inhaltsverzeichnis des gesamten Hefts auf der Innenseite des Rückumschlags mit einer genaueren Gliederung der Exzerpte aus Goschen und Feller/Odermann (S. [142]). Auf der Vorderseite des Heftumschlags befindet sich zudem ein Inhaltsverzeichnis von Engels.

2Marx betitelte und datierte das vorliegende Heft mit „1869 I Heft“ (S. 2). In Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ bezog er sich auf dieses Heft auch als „Heft I. Groß“ (MEGA² II/11. S. 107.15). Das unmittelbar im Anschluss an das vorliegende Heft erstellte Folgeheft versah Marx mit dem Titel „Heft II. 1869“, so dass von einem ersten und einem zweiten Heft 1869 gesprochen werden kann. Im Jahr 1869 hat Marx zugleich intensiv an Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ gearbeitet. Wahrscheinlich ab Herbst des Jahres 1869 begann er auch, mehrere Hefte zu Irland anzulegen (erscheinen in MEGA² IV/21), darunter das von Engels mit „Hibernica 1869ff.“ betitelte Heft (RGASPI, Sign. f. 1, op. 1, d. 5597).

3Das vorliegende Heft ist zwischen Januar 1869 und Mitte Februar 1869 entstanden. Marx paginierte die Heftseiten fortlaufend. Die Jahrgänge der beiden Wochenzeitschriften – möglicherweise schon in einer zu einem Buch gebundenen Form – erhielt er von Sigismund Borkheim am 30. Dezember 1868: „Ich sende Ihnen durch Ueberbringer dieses Econ., MM Review 1868, Haxthausen und N. Rheinische Febr. 1849 mit Bitte mir Econ, u. M.M. Review u. was sonst zurückzuschicken.“ (Borkheim an Marx, 30. Dezember 1868.) Borkheim hatte die Lieferung der Leihgaben bereits zwei Tage zuvor angekündigt: „Haben Sie nicht von mir: 1, Slade 2, Aycard 3, Evans? Morgen oder übermorgen schicke ich Ihnen Economist. M.M. Review für 1868 – Haxthausen u. N. Rheinische.“ (Borkheim an Marx, 28. Dezember 1868.) Zur Anfertigung der Exzerpte musste Marx also nicht die Bibliothek des Britischen Museums aufsuchen, sondern konnte dies zu Hause erledigen. Da Marx das Heft mit 1869 datierte, ist davon auszugehen, dass er mit dieser Arbeit nicht mehr Ende Dezember 1868, sondern erst im Januar 1869 begonnen hat. Da Borkheim die Leihgabe zurückhaben wollte, ist zudem anzunehmen, dass Marx die Exzerpte zügig erstellt hat.

4Davon, dass Marx die Auszüge aus den Jahrgängen 1868 des „Economist“ und der „Money Market Review“ im Januar 1869 angefertigt hat, zeugt auch die Verwendung seiner Exzerpte aus der letzten Ausgabe der „Money Market Review“ des Jahres 1868 vom 26. Dezember. Marx erwähnte Angaben aus dieser Ausgabe am 23. Januar 1869 gegenüber Engels: „Aus der ‚Money Market Review‘ ersehn, daß Knowles 7sh. 6d. in £ zahlt. Wie geht’s diesem Braven?“ (Marx an Engels, 23. Januar 1869.) Die Engels mitgeteilten Informationen über den Bankrott des Manchester Fabrikanten Knowles befinden sich auf S. 18 des vorliegenden Hefts, am Ende der Marx’schen Untersuchung zum Geldmarkt des Jahres 1868. Spätestens zu diesem Zeitpunkt schloss Marx also seine Studien zur Bewegung auf dem Geldmarkt des Jahres 1868 ab. Außerdem ergänzte Marx auf S. 57 seine Exzerpte aus den Artikeln der „Money Market Review“ vom 26. Dezember mit Angaben aus der „Times“ vom 5. Januar und dem „Economist“ vom wahrscheinlich 9. Januar 1869. Dass Marx sein Heft auf S. 57 mit Angaben von Anfang Januar 1869 ergänzte, wohingegen der Verweis auf eine frühere Heftseite im Brief an Engels erst Ende Januar 1869 erfolgte, könnte dafür sprechen, dass Marx die Exzerpte zum Geldmarkt 1868 erst nach den Auszügen aus den Artikeln der „Money Market Review“ erstellte und vor dem Exzerpieren dafür eine bestimmte Anzahl an Seiten leer gelassen hatte. Dafür spricht auch die unterschiedliche Dichte der Marx’schen Beschriftung der Seiten, auf denen er den Geldmarkt von 1868 untersuchte: S. 14 bis 17 sind sehr dicht, S. 13 und 18 eher großzügig beschrieben.

5Das vorliegende Heft führt Marx mit Exzerpten aus Goschen fort und schließt es mit dem ersten Teil der Auszüge aus Feller/Odermann ab. Die Fortsetzung der Exzerpte aus Feller/Odermann erfolgte direkt zu Beginn des Anschlusshefts „Heft II. 1869“, was bedeutet, dass das vorliegende Heft zuvor abgeschlossen worden ist. Da die in „Heft II. 1869“ auf die Exzerpte aus Feller/Odermann folgenden Exzerpte aus John Leslie Foster mit großer Wahrscheinlichkeit zwischen dem 27. Februar und dem 1. März 1869 entstanden sind (siehe Entstehung und Überlieferung zu „Heft II. 1869“), sind die Exzerpte aus Goschen und Feller/Odermann im vorliegenden Heft ungefähr Mitte Februar 1869 fertiggestellt worden. Die gesamten Auszüge aus den drei Jahrgängen 1866 bis 1868 der „Money Market Review“ und des „Economist“ in den drei Heften „London. 1868“, „1868“ und dem vorliegenden „1869 I Heft“ sind demnach innerhalb von dreieinhalb Monaten zwischen dem 13. Oktober 1868 und ungefähr Ende Januar 1869 entstanden. Die Exzerpte aus Goschen, Feller/Odermann und Foster in den Heften „1869 I Heft“ und „Heft II. 1869“ hat Marx in etwa innerhalb eines Monats zwischen Anfang Februar und dem 1. März 1869 erstellt.

6Marx hat ab Mitte Oktober nicht durchgängig und nicht ausschließlich an den Heften gearbeitet, sondern litt währenddessen auch unter einer Krankheit und nahm an den Generalratssitzungen der Internationalen Arbeiterassoziation (IAA) teil (siehe Einführung). Obwohl er Engels am 13. Januar 1869 wissen ließ, seit zwei Wochen unter einer schweren Erkältung gelitten zu haben – ein „Stockschnupfen[]“ halte „Aug, Ohr, Nase u. den ganzen Kopf, seit about 2 weeks, in förmlichem Belagerungszustand“ –, nahm er an den IAA-Sitzungen vom 5. und 12. Januar 1869 teil (siehe MEGA² I/21. S. 617.3 und 619.3). Auch gegenüber Kugelmann sprach Marx am 11. Februar 1869 von einer langen Krankheit: „das verdammte Nebelwetter hier“ habe ihm „eine beinahe vierwöchentliche, ganz aussergewöhnlich bösartige Grippe zugeschanzt“. In der Tat verpasste Marx, wahrscheinlich krankheitsbedingt, die IAA-Sitzungen vom 19. und 26. Januar 1869, nahm laut den Protokollen allerdings an den Sitzungen vom 2. und 9. Februar 1869 teil (siehe MEGA² I/21. S. 622.4 u. 624.3). Mit dem Beenden der Auszüge aus der „Money Market Review“ und dem „Economist“ Ende Januar ging Marx laut Selbstaussage Anfang Februar dazu über, seine wahrscheinlich 1868 begonnene und zwischenzeitlich unterbrochene Arbeit am zweiten Buch des „Kapital“ wiederaufzunehmen. Er teilte Engels am 13. Februar 1869 mit, dass er „nach mehrwöchentlicher Schnupfenfieberunterbrechung die Arbeit wieder aufgenommen habe“ und „in diesem Augenblick“ mit seinem Buch „sehre“ beschäftigt sei (Marx an Engels, 13. Februar 1869).

The Money Market Review, The Economist

7The Money Market Review. A Weekly Record of Trade and Finance; also of Railway, Banking, Insurance, Mining, Steam, & Other Public Companies. Vol. 16/17. (S. 3–58.)

8The Economist, Weekly Commercial Times, Banker’s Gazette, and Railway Monitor: A Political, Literary, and General Newspaper. Vol. 26. (S. 58–86.)

9Marx’ Exzerpte aus den beiden wöchentlich erscheinenden Wirtschaftszeitungen im vorliegenden Heft bestehen aus vier Teilen: 1) Exzerpten aus der „Money Market Review“ zum Geldmarkt des Jahres 1868 (S. 3–18), 2) Exzerpten aus Artikeln aus allen 52 zwischen 4. Januar 1868 und 26. Dezember 1868 erschienenen Ausgaben der „Money Market Review“ des Jahrgangs 1868 (S. 19–58) und 3) aus 36 Ausgaben des „Economist“ des Jahrgangs 1868 (S. 58–86; die Überschrift befindet sich auf S. 59, ein kurzer Nachtrag auf S. 58) sowie 4) einem gemeinsamen Register für die drei Exzerptblöcke (S. 87–89). In dem Register ordnet Marx seine Exzerpte unter zwanzig Gliederungspunkten stichpunktartig, wie in einem Sachregister. Die Einträge in das Inhaltsregister versieht er jeweils mit den Seitenzahlen des vorliegenden, von ihm durchweg paginierten Hefts, auf denen sich die entsprechenden Exzerpte befinden. Engels bezeichnet diese Exzerpte in seinem Inhaltsverzeichnis auf der Vorderseite des Heftumschlags als „1) Handelsgeschichte 1868. Auszüge. 1–86. Register dazu 87–89“ (S. [Umschlag]).

10Am Anfang des Hefts befinden sich Exzerpte, die der Marx’schen Materialsammlung zum Geldmarkt der Jahre 1866 bis 1868 zuzuordnen sind (siehe Textgeschichte zum Heft „1868“). Marx hat diese Sammlung im Heft „London. 1868“ begonnen und sie im Heft „1868“ vertieft und systematisiert. Im vorliegenden Heft setzt er sie für das damals gerade zu Ende gegangene Jahr 1868 fort – und erfasst auf diese Weise die Bewegung des Geldmarkts bis zum gegenwärtigen Moment, in dem Marx die Exzerpte anfertigt. Anders als im Heft „1868“ exzerpiert er im vorliegenden Heft aber nicht abwechselnd zum Geldmarkt und aus den Artikeln, sondern entweder sukzessive oder parallel. Es wäre möglich, dass Marx entweder den 1868er Jahrgang der „Money Market Review“ mehrmals durchging: zuerst für die Tabellen und die Kommentare zum Geldmarkt und dann für die Exzerpte aus den Artikeln. (Für ein solches sukzessives Vorgehen spricht, dass Marx, wie erwähnt, auf S. 57 des vorliegenden Hefts Informationen aus der „Times“ vom 5. Januar 1869 ergänzt und erst Ende des Monats, am 23. Januar 1869, auf einen Fakt zu sprechen kam, den er auf S. 18 notiert. In diesem Fall wären die Exzerpte aus den Artikeln zuerst entstanden und Marx hätte für die Exzerpte zum Geldmarkt 1868 vor dem Exzerpieren eine bestimmte Anzahl an Seiten frei gelassen.) Es wäre aber auch möglich, dass Marx vor dem Exzerpieren eine bestimmte Anzahl an Seiten frei gelassen hat und den 1868er Jahrgang der „Money Market Review“ nur einmal durchging.

11Wie schon im Heft „1868“ zeigt sich der besondere Charakter der Materialsammlung zum Geldmarkt auch darin, dass Marx beinahe keine Quellenangaben einträgt, wohingegen alle Exzerpte aus den Artikeln mit einem Quellennachweis versehen sind.

Die Materialsammlung zum Geldmarkt des Jahres 1868

12Mit der Materialsammlung zur Bewegung des Geldmarkts des Jahres 1868 setzt Marx seine in den Heften „London. 1868“ und „1868“ begonnene Untersuchung des Geldmarkts der Jahre 1866 bis 1868 fort und kompiliert verschiedene Angaben und Analysen zur Entwicklung von Aktienkursen, Bankrotten, englischen Goldeinfuhren und -ausfuhren und den Bilanzen der Bank of England. In ihrer Form entspricht sie der unter den Überschriften „Money Market. 1866. Von 16 May an (Bank of England)“ und „Bank of England and Moneymarket. 1867“ geführten Materialsammlung im Heft „1868“, in der Marx Daten und Einschätzungen zu den Vorgängen auf dem englischen Geldmarkt zwischen 16. Mai 1866 und 28. Dezember 1867 zusammengestellt und für fast jede Woche ausgewiesen hat. Die vorliegende Materialsammlung wird daher unter der redaktionellen Überschrift „Money Market. 1868“ geführt. Marx trägt Angaben für jede Woche des Jahres 1868 zusammen und ordnet das Material wochenweise an. Er führt von sich aus keine Quellennachweise an; alle Angaben lassen sich in den 52 Ausgaben der „Money Market Review“ des Jahres 1868 nachweisen.

13Diese Materialsammlung zeigt einen im Vergleich zu den Exzerpten aus den Artikeln höheren Grad an eigenständiger Bearbeitung durch Marx. In seiner Zusammenstellung führt Marx zuerst verschiedene ausgewählte Angaben zu eigenen Tabellen zusammen (S. 3–12) und erstellt anschließend Exzerpte aus den Einschätzungen der wöchentlichen Vorgänge unter der Überschrift „Notes to Movement of Money Market. 1868“ (S. 13–18), die er nicht der Zeitschrift entnimmt, sondern selbst schöpft. Marx entnimmt der Zeitschrift nicht einfach fertige Tabellen, sondern zeichnet sie selbst und füllt sie mit Angaben aus den 52 Ausgaben der Zeitschrift des Jahres 1868. Er kompiliert häufig Informationen und Materialien aus mehreren Rubriken der „Money Market Review“, die sich an verschiedenen Stellen der Ausgabe befinden, beispielsweise „The Money Market“, „The Stock Markets“ und „City Article“ (zu den Rubriken siehe Einführung).

14Wie im Heft „1868“ erfasst Marx weiterhin systematisch – dieses Mal für den Zeitraum von Januar bis Dezember 1868 – (1) die wöchentlichen Berichte („Returns“) der Bank of England, (2) das Volumen der Transaktionen im Londoner Clearing House sowie (3) Angaben aus den Wochenberichten der Banque de France. In seinem „Inhaltsregister“ zu den Auszügen aus der „Money Market Review“ und des „Economist“ indiziert Marx diese Exzerpte unter „Movement at Bank o. England and Clearing House. 1868. (p. 3–10) Notes to same. (13–18)“ (S. 87) sowie unter „V) France. Movement of Bank of France (11, 12)“ (S. 89).

15Für die (1) Bank of England wählt Marx elf Posten ihrer Wochenberichte aus, wie zum Beispiel: zirkulierende Noten, Edelmetalle („Bullion“) in ihrer Emissionsabteilung („Issue Department“), Banknoten und Münzen im Reservefond, die bei der Bank hinterlegten öffentlichen und privaten Depositen, die von der Bank diskontierten Staatsanleihen und privaten Sicherheiten sowie den Gesamtvorrat an Edelmetallen und Münzen in beiden Abteilungen der Bank. Marx hält nicht nur die jeweiligen Angaben fest, sondern auch die Veränderungen („Increase“, „I.“, „I“ beziehungsweise „Decrease“, „D.“, „D“) zur Vorwoche. Das (2) Clearing House war eine Interbankenverrechnungsstelle in der Londoner Lombard Street, in der die gegenseitigen Verbindlichkeiten von Banken gegeneinander aufgerechnet wurden (siehe dazu Entstehung und Überlieferung zum Heft „1868“). Im vorliegenden Heft exzerpiert Marx den in Pfund Sterling bemessenen Umfang der täglichen Verrechnungen für jeden Tag zwischen dem 26. Dezember 1867 (das Heft „1868“ endete mit den Angaben für den 25. Dezember 1867) und dem 23. Dezember 1868 mit Ausnahme der Sonntage, an denen das Clearing House geschlossen blieb. In den „Notes to Movement of Money Market. 1868“ vermerkt er außerdem einige Erklärungen der „Money Market Review“ für Tage mit besonders hohen oder geringen Verrechnungsumfängen. Die hohen Clearingumfänge im Januar (S. 13), Februar (S. 14) und März (S. 14) kamen noch wegen des „Stock Exchange settlement“ zustande, also an den Abrechnungstagen der Börse, an denen zuvor vereinbarte Wertpapiergeschäfte tatsächlich abgewickelt wurden. Aber ab November 1868 begann sich die wirtschaftliche Erholung in höheren Clearingumfängen auszudrücken, wie Marx exzerpiert: „Clearing House: On 4 Nov. 1867 clearances £11,948,000, 4 Nov. 1868 dagegen 12,710,000. This increase in number of commercial bills afloat zeigt improving trade.“ (S. 17.) Im Dezember 1868 wurde diese Tendenz bestätigt: „Clearing House: Clearance on 4 Dec. £14,120,000 against only £10,715,000 on 4. Dec. 1867. Hence may be inferred that trade is improving.“ (S. 18.) Zur (3) Banque de France schließlich notiert sich Marx meistens die aktuellen Zahlen zu fünf Posten: den Gesamtvorrat an Münzen und Edelmetallen („Coin and Bullion“) sowie dessen Veränderungen zur Vorwoche, die Veränderungen bei der von der Öffentlichkeit gehaltenen Banknoten und der Diskontierungen („loans“) zur Vorwoche sowie schließlich die Diskontrate und ihren Unterschied zur Diskontrate der Bank of England. Während die Banque de France ihre Diskontrate bereits am 30. Mai 1867 auf 2,5% anhob (S. 11/12), lag die Diskontrate der Bank of England fast das ganze Jahr über bei 2%, ehe sie am 19. November 1868 leicht auf 2,5% erhöht wurde. Später im Heft, in Exzerpten aus einem vergleichenden Artikel über verschiedene Wiederaufschwünge nach historischen Stagnationsphasen, bezeichnet Marx diese Anhebung in eigenen Worten als „lausigen Vorfall“ (S. 54). Diese Charakterisierung als geringfügig oder unbedeutend scheint im Kontrast zu dem Aufwand zu stehen, mit dem er die Materialsammlung angelegt hat.

16Im Anschluss an die Tabellen mit den Angaben zur Bank of England, dem Clearing House und der Banque de France versammelt Marx unter der Überschrift „Notes to Movement of Money Market. 1868“ Einschätzungen und Analysen zu den Bewegungen auf dem Geldmarkt, wie zu den außergewöhnlichen Umfängen im Clearing House, den Wochenberichten der Bank of England, den Ereignissen auf dem Geldmarkt und über die Besonderheiten der Woche wie etwa Bankrotte („failures“, „mercantile embarassments“). Diese Exzerpte erfasst er ebenfalls wochenweise und ohne Angabe der Quelle. Auch die Notizen zum Geldmarkt entnimmt Marx häufig nicht einer Stelle der Zeitschrift, sondern stellt sie aus den genannten Rubriken „The Money Market“, „The Stock Markets“ und „City Article“ zusammen. Unter den Überschriften „Mercantile Embarassments“ trägt Marx teilweise auch solche Informationen ein, die sich nicht im gleichnamigen Abschnitt des „City Article“, sondern an anderer Stelle der „Money Market Review“ befanden.

17Marx interessiert sich insbesondere für die Entwicklungen auf den Märkten für Eisenbahnen („Railway Market“), Wechsel (er führt dies unter „Discount Market“; in der „Money Market Review“ heißt diese Rubrik „Money Market“) und Edelmetalle („Bullion Market“). Zu Beginn des Jahres war auf dem Geldmarkt noch eine große Übermasse an verleihbarem Kapital zu verzeichnen und Marx hält für die am 25. Januar 1868 endende Woche fest: „Plethora of money extreme.“ (S. 13.) Der schon ab Mitte 1867 zu beobachtende Aufwärtstrend in Aktien wurde immer wieder unterbrochen, etwa in der am 1. Februar 1868 endenden Woche nach der Ankündigung einer einstweiligen Verfügung, welche die Direktoren der Londoner Metropolitan Railway – der 1863 eröffneten Londoner Untergrundbahn – an der Zahlung der vorgeschlagenen Dividende von 7% zu hindern suchte. Die Aktien der Metropolitan fielen anschließend deutlich, was sich auf die Kurse anderer Eisenbahnaktien negativ auswirkte. Der Wechselmarkt erleichterte sich spätestens ab November 1868: „Discount Market. Rise in minimum Rate of B.o.E. von 2% (at which it has stood for 69 weeks) to 21/2%.“ (S. 17.) Bald darauf erhöhte die Bank of England ihre Diskontrate auf 3%, was aber nach Angaben der „Money Market Review“ vom 5. Dezember 1868 noch nicht unbedingt auf eine wirtschaftliche Erholung hindeutete, sondern durch geldpolitische Entscheidungen der Bank zu erklären war, wie Marx die Ausführungen der Zeitschrift in eigenen Worten zusammenfasst: „Bank o. E. hat heavily invested in Gvt. securities; da es diese nicht verkauft, so, sobald rate in the General Discount Market stieg, und daher increase of business at Bank o. E., forced to draw on reserve; hence rise in the rate of discount.“ (S. 17.) Wegen der insgesamt stagnierenden Kurse englischer Wertpapiere wurde das englische Geldkapital im Laufe des Jahres 1868 verstärkt in ausländischen Staatsanleihen und ausländischen Aktien angelegt, wie Marx für die am 24. Oktober endende Woche notiert: „Disposition on part of public to embark in new Colonial and Foreign Securities; inferred that the payment for these will be attended with a certain effect upon the moneymarket. The principal feature of the week was large business, und almost general rise in Foreign Stocks, which have been extensively taken, in consequence of the high rates of interest they offer, and the great abundance of money.“ (S. 16.) Auf diese zunehmende Bedeutung von Auslandsinvestitionen kommt Marx auch in den Exzerpten aus den Artikeln zurück.

Die Exzerpte aus den Artikeln

18Wie im Heft „1868“ die Exzerpte aus der „Money Market Review“ in zwei Arbeiten geteilt sind, fertigt Marx auch im vorliegenden Heft nach der Materialsammlung zum Geldmarkt 1868 weitere Exzerpte aus 222 Artikeln an; davon stammen 154 aus der „Money Market Review“ (S. 19–58), die er unter der Überschrift „Money Market Review. Jahrgang 1868“ (S. 19) notiert, sowie 68 aus dem „Economist“ (S. 58–86), die mit „The Economist. Jahrgang 1868“ (S. 59) überschrieben sind. Marx zieht jede Ausgabe der „Money Market Review“ heran, fertigt aber keine Exzerpte aus den „Economist“-Nummern vom 9. Mai, 20. Juni, 25. Juli, 29. August, 5., 12., 19. und 26. September, 3., 17., 24. und 31. Oktober, 7., 14. und 31. November und 19. Dezember 1868 an. Manchmal exzerpiert er auch zwei Artikel unter einer Überschrift, da in der „Money Market Review“ teilweise das gleiche Thema in mehreren, zum Teil aufeinanderfolgenden Artikeln behandelt oder ein Artikel durch eine Überschrift in zwei getrennt wurde. So exzerpiert Marx unter der Überschrift „Railway Profits. Delusive Government figures. (Competition of Railways)“ aus den beiden Artikeln „Railway Profits – Delusive Government Figures“ (The Money Market Review, 18. Januar 1868. S. 61) und „Railway Federation“ (Ebenda. S. 61/62); seine Auszüge unter der Überschrift „A bad Business. – Smith, Knight, and Co. (Lim.)“ stammen nicht nur aus dem Artikel „A Bad Business – Smith, Knight, and Company (Limited)“ (The Money Market Review, 25. Juli 1868. S. 85), sondern auch aus einem Leserbrief mit dem Titel „Smith, Knight, and Company (Limited): A Disgraceful Case“ (Ebenda. S. 88).

19Anders als im umfangreichen Heft „London. 1868“ mit den Auszügen der Jahrgänge 1866/1867 der beiden Wirtschaftszeitschriften legt Marx im vorliegenden Heft nicht zwei Register – also jeweils eins zu einer Zeitschrift – an, sondern erfasst die Auszüge aus dem 1868er Jahrgang beider Zeitschriften in einem gemeinsamen Sachregister mit zwanzig Gliederungspunkten (S. 87–89). Dieses „Inhaltsregister“ erstellt Marx unmittelbar nach den Exzerpten. Es enthält zwei Gliederungsebenen. Marx ordnet seine Exzerpte zunächst mit römischen Ziffern nach neun Ländern: I) Großbritannien, II) Italien, III) Russland, IV) Belgien, V) Frankreich, VI) Vereinigte Staaten von Amerika, VII) Indien, VIII) Südafrika und IX) Australien. Nur zu I) Großbritannien gibt es eine weitere Untergliederung in elf Unterpunkte, als deren letzter Punkt Irland erfasst ist.

Frankreich, Vereinigte Staaten, Indien

20Zu vier Ländern vermerkt Marx jeweils bloß ein Exzerpt: die Staatsverschuldung in Italien (S. 23), die Entwicklung der Eisenbahnen in Russland (S. 75/76), die Kohleexporte Belgiens (S. 66) und die Erschließung von Goldfeldern in Südafrika (S. 43). Für viele dieser Themen interessiert sich Marx auch an anderen Stellen der vorliegenden Edition: Zum Thema Kohle exzerpierte er im Heft „London. 1868“ („London. 1868“, S. 1/2 u. 15–17) und auch unter den umfassenderen Einträgen zu Frankreich, den Vereinigten Staaten, Indien und Australien im vorliegenden Heft erfasst er Informationen über die Goldproduktion (S. 39, 43 u. 66) und den Goldhandel (S. 63, 73 u. 77), das Eisenbahnsystem (S. 38, 40, 41 u. 75/76), Fragen der Währung („currency“) (S. 27, 47, 48 u. 56) und Staatsfinanzen (S. 24, 26, 35, 36, 61, 62, 65, 66, 68, 70, 71, 78, 78/79 u. 85/86). Unter den Gliederungspunkten Frankreich, Vereinigte Staaten, Indien und Australien vermerkt Marx mehrere Exzerpte, darunter auchHandelsstatistiken (S. 28, 31, 34, 40, 40, 54, 60, 61 u. 63).

21Unter „V) France“ indiziert Marx unter anderem auch die selbsterstellten Tabellen zur Banque de France aus der Materialsammlung „Money Market. 1868“ und außerdem seine Exzerpte aus sechs Artikeln, die sich mit der französischen Aktienbank Société Générale du Crédit Mobilier (im Folgenden: Crédit Mobilier) beschäftigen (S. 61, 68, 68, 71, 76, 77 u. 79/80) und von denen er zwei mit einer Randanstreichung „X“ als bedeutsam markiert (beide auf S. 68). Der Crédit Mobilier wurde nach einem starken Fall seiner Aktienkurse im Oktober 1867 zwangsliquidiert; Marx notiert das Datum der Zwangsliquidierung (S. 21). Über den Crédit Mobilier schrieb er im Laufe der 1850er Jahre viele Artikel für die „New-York Tribune“ (erscheinen in MEGA² I/15). Mit dessen Liquidierung begann er, sich erneut für die Bank zu interessieren. Er notierte im Januar/Februar 1868 in „Heft 1. 1868“ der „Hefte zur Agrikultur“ einen Artikel über den Crédit Mobilier aus dem „Chronicle“ (MEGA² IV/18. S. 372.10 u. 1073) und las anschließend Maurice Aycards Werk „Histoire du Crédit Mobilier 1852–1867“ (Bruxelles, Leipzig, Livourne 1867), das ihm Sigismund Borkheim ausgeliehen hatte (siehe Borkheim an Marx, 28. Dezember). Als er das Buch von Aycard gegenüber Engels am 11. April 1868 einschätzte, äußerte er sich enttäuscht darüber, dass aus dieser Geschichte des Crédit Mobilier nicht die genauen Geschäftstransaktionen der Aktienbank hervorgehen würden: „Aber er [Aycard] hat in der That kein andres Material als das officielle, vom Crédit in seinen Reports selbst gelieferte, u. die in den Börsenquotationen verzeichneten fata. Das Geheimmaterial könnte nur auf gerichtlichem Wege beigebracht werden.“ (Marx an Engels, 11. April 1868.) So exzerpiert Marx im vorliegenden Heft zu Gerichtsprozessen gegen den Crédit Mobilier und den dort aufgedeckten Geschäftspraktiken. Im Januar 1868 reichten einige Aktionäre der Bank Klage gegen die Direktoren des Jahres 1866 ein, um die Rückerstattung von Geldern zu verlangen, die sie 1866 bei einer Kapitalerhöhung des Crédit Mobilier gezahlt hatten. Die Kläger begründeten ihre Forderung damit, dass die Direktoren in verschiedenen Berichten die damalige Finanzlage des Unternehmens falsch dargestellt hätten. Im Mai verurteilte der in Paris ansässige Tribunal de Commerce einige der Direktoren zur Erstattung der von den Aktionären geforderten Summe wegen Falschangaben in den Bilanzen. Marx markiert seine Exzerpte aus dem darüber berichtenden Artikel des „Economist“ vom 16. Mai 1868 mit einer Marginalie „X“ als bedeutsam (S. 68). Im Juli 1868 bestätigte der Imperial Court das Urteil und wies weitere Bilanzfälschungen bei der Bank nach: So überstiegen die Aktiva („assets“) in einer Bilanz vom Dezember 1865 die Passiva um 70 Millionen Francs, allerdings waren in den Aktiva auch Kredite des Crédit Mobilier an die Immobilière Company verbucht (S. 76 u. 77). Der Generalanwalt sprach von einer vorsätzlichen Täuschung der Aktionäre (S. 76). Im Laufe der gerichtlichen Untersuchung wurde auch aufgedeckt, aus welchen fragwürdigen Quellen der Crédit Mobilier zum Teile seine Depositen erhielt. Bei ihr in den Jahren 1865/1866 hinterlegte Depositen in Höhe von 2,5 Millionen Pfund Sterling stammten von der Eisenbahngesellschaft Company du Midi, deren Direktoren auch Direktoren beim Crédit Mobilier waren: „The managers of the Credit Mobilier were managers of the railway, managers of the concessions, managers of the Bourse, managers of the Gvt., and somehow this large sum did permanently stay as a deposit in the Caisse of the Credit.“ (S. 71.)

22Ein wiederkehrendes Thema in den vorliegenden Exzerpten ist die Lage der Staatsfinanzen in verschiedenen Ländern. In Italien war die Verschuldung nach der Krise von 1866 in die Höhe geschossen (S. 23) und in Frankreich berechnete der Ökonom André Cochut in der „Revue des Deux Mondes“, dass das Zweite Kaiserreich im Laufe seines Bestehens ein Staatsdefizit von rund 4,3 Milliarden Francs angehäuft hatte (S. 70). Wie im Heft „London. 1868“ exzerpiert Marx auch im vorliegenden Heft eine Reihe von Artikeln über fiskalpolitische Entwicklungen in den Vereinigten Staaten während und nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg (S. 26, 62, 66 u. 85/86), der aus heutiger Sicht einen Wendepunkt in der Steuergeschichte des Landes markierte. Zur Finanzierung des Kriegs durch die Union wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten ein effektives Steuersystem installiert: Erstmalig wurde eine Einkommenssteuer („Income Tax“) unter der Präsidentschaft Abraham Lincolns mit dem „Revenue Act“ von 1861 erhoben. Der „Internal Revenue Act“ von 1864 sah des Weiteren unter anderem eine Steuer von 6% auf Industrieprodukte vor (S. 66). Marx exzerpiert aus dem „Economist“ vom 22. Februar 1868: „Vor dem Civil War the Federal Gvt. subsisted upon the Customs’ duties and the public lands.“ (S. 62.) Bereits infolge der in den Vereinigten Staaten ausgebrochenen Weltwirtschaftskrise von 1857 fuhr die Bundesregierung in den drei Jahren vor dem Beginn des Bürgerkriegs ein großes Defizit ein. (Siehe Nelson Dingley: The Sources of National Revenue. In: The North American Review. Vol. 168. March 1899. Nr. 508. S. 297–309.) Dieses Defizit war durch den Krieg noch wesentlich stärker angewachsen – wie Marx exzerpiert, betrug das Gesamtdefizit des amerikanischen Zentralstaats am 1. Januar 1868 rund 2,7 Milliarden Dollar (S. 26; drei Dollar galten als ein Pfund Sterling (S. 62)), wovon rund die Hälfte auf die 5–20 Anleihen fielen (dazu Entstehung und Überlieferung zum Heft „London. 1868“) – und so begann eine Auseinandersetzung über die Modalitäten der Schuldentilgung durch die Bundesregierung. In Exzerpten aus fünf Artikeln zu dem Thema behandelt Marx im vorliegenden Heft etwa Widerstände gegen den Steuereinzug. Nach Schätzungen von David Ames Wells, dem damaligen Vorsitzenden der National Revenue Commission, die Berichte und Statistiken zum amerikanischen Steuerwesen erstellte, erreichte nur jeder zweite veranschlagte Dollar auch wirklich das Schatzamt, da es zu Steuerverweigerung und -diebstahl kam und der Steuereinzug nicht effektiv gewährleistet werden konnte. Marx exzerpiert: „Wells giebt Masse Methoden des Betrugs gegen den Staat etc.“ (S. 62.) Aber auch der Kongress erließ eine Reihe von Gesetzen, um die während des Krieges eingeführten Steuern wieder abzuschaffen: Im März 1868 beschloss der Kongress, die Steuer von 6% auf Industrieprodukte aus dem „Internal Revenue Act“ zurückzunehmen. Wie Marx exzerpiert, wandte sich Hugh McCulloch, Finanzminister unter den Präsidenten Abraham Lincoln und Andrew Johnson, entschieden gegen dieses Vorhaben. Im März 1867 verabschiedete der Kongress gegen den Willen des Schatzamts den „Act to Amend Existing Laws Relating to Internal Revenue“, der weitere Steuern zurücknahm, was den Schuldenabbau der Bundesregierung erschwerte. Die zum Teil abgewertete Papiergeldwährung der Greenbacks (dazu Entstehung und Überlieferung zum Heft „London. 1868“) verschlechterte die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten in den Augen McCullochs weiter, so dass McCulloch eine Erklärung der Legislative verlangte, die Schulden in einer Währung zu tilgen, die im internationalen Handel allgemein als „Geld“ akzeptiert würde (S. 85).

23Unter„VII) India“ versammelt Marx unter anderem unter dem Stichwort „Irrigation“ (Bewässerung) auch jene Exzerpte, in denen er die Folgen der Hungersnot von 1866 im indischen Bezirk Orissa (heute Odisha) weiterverfolgt. Diese Hungersnot hatte er zuvor an drei Stellen des im September 1867 erschienenen ersten Bandes des „Kapital“ erwähnt (MEGA² II/5. S. 287, 419 u. 603) und ungefähr im Sommer 1868 in „Heft 3. 1868“ der „Hefte zur Agrikultur“ durch Exzerpte aus britischen Parlamentsberichten näher untersucht (MEGA² IV/18. S. 670–676). Als ein unmittelbarer Anlass der Hungersnot gilt die durch den ausgebliebenen Monsun hervorgerufene Dürre im Winter 1865, die zu einer schwachen Reisernte führte. Dabei war die Regenmenge im Herbst genügend, aber es fehlte an einem Bewässerungssystem zur Aufbewahrung und Verteilung der Niederschläge (ausführlicher zur Hungersnot in MEGA² IV/18. S. 1132–1136). In den vorliegenden Exzerpten aus vier Artikeln der „Money Market Review“ verfolgt Marx die Ereignisse rund um die britische Aktiengesellschaft East India Irrigation and Canal Company, einer Bewässerungsgesellschaft, die für Orissa ein umfangreiches Kanalsystem anlegen sollte. Nach der Hungersnot von 1866 warf die indische Regierung der Gesellschaft vor, die Arbeiten am Kanalsystems Orissas vernachlässigt und nicht zum Abschluss gebracht zu haben und somit teilverantwortlich für die Hungersnot zu sein. Die von der Regierung anschließend geforderte beschleunigte Fertigstellung stellte die East India Irrigation and Canal Company indes vor Probleme der Kapitalbeschaffung, weshalb die indische Regierung der Gesellschaft vorschlug, das Orissa-Vorhaben zu übernehmen (S. 52). Auf der Aktionärsversammlung in London wurde dann am 28. November 1868 der Verkauf des Orissa-Vorhabens an die indische Regierung beschlossen (S. 54). Als Gegenleistung erhielt die Gesellschaft eine Summe in bar in Höhe des gesamten eingezahlten Vermögens und 5% Zinsen sowie ferner die Direktoren und leitenden Angestellten eine Vergütung in Höhe von 50 000 Pfund Sterling (S. 50). Marx notiert sich im Kontext des Ausbaus der indischen Bewässerungsanlagen ein zweites Beispiel für den nötig gewordenen staatlichen Eingriff in die Aktiengesellschaften. Zur Kapitalisierung des Bewässerungsvorhabens der East India Irrigation and Canal Company für die Region Behar (heute Bihar) gab die indische Regierung eine Garantie ab, der Gesellschaft das gesamte gelieferte Wasser abzunehmen. Durch diese Garantien wurden hohe Profite für die Aktionäre der Gesellschaft kalkuliert, wie Marx aus der „Money Market Review“ vom 13. Juni 1868 exzerpiert: „Profits anticipated are calculated to realise 40 or 50% for the shareholders!“ (S. 37.) Das Ausrufezeichen befand sich nicht in der Quelle, sondern ist von Marx zur Hervorhebung des Sachverhalts gesetzt. Schon im Manuskript zum dritten Buch des „Kapital“ hatte Marx bei der Analyse der Aktiengesellschaften notiert, dass diese – ob der schieren Größe der in ihnen absorbierten Kapitalien wie ihrer Unternehmungen – „Gesellschaftskapital“ darstellten. Durch die Aktiengesellschaften entstehe somit „in gewissen Sphären das Monopol“ und dies „sollicitirt daher Staatseinmischung“ (MEGA² II/4.2. S. 503). Die von Marx am Beispiel der indischen Bewässerung exzerpierten Beispiele scheinen seine früheren Thesen aus dem Manuskript zum dritten Buch des „Kapital“ zu belegen. Über die Bedeutung der Bewässerung für die Bodenfurchtbarkeit indes heißt es im ersten Band des „Kapital“: „Eine der materiellen Grundlagen der Staatsmacht über die zusammenhangslosen kleinen Produktionsorganismen Indiens war Reglung der Wasserzufuhr. Die muhamedanischen Herrscher Indiens verstanden dieß besser als ihre englischen Nachfolger. Wir erinnern nur an die Hungersnoth von 1866, die mehr als einer Million Hindus in dem Distrikt von Orissa, Präsidentschaft Bengal, das Leben kostete.“ (MEGA² II/5. S. 419.)

Großbritannien

24Von den neun Ländern im Marx’schen Inhaltsregister ist einzig „I) U. Kingdom“ in weitere Unterpunkte untergliedert. Marx differenziert die Einträge zu Großbritannien mit arabischen Ziffern in insgesamt elf Unterpunkte, wobei er zwei Punkte als neunten ausweist. Sie lauten: „1) Money Market, Bank o. E. etc, Currency. Exchange“, „2) Crisis of 1866 und Nachwirkungen“, „3) Commercial Morality“, „4) Railways“ (Eisenbahnen), „5) Cotton“ (Baumwolle), „6) Wheat“ (Weizen), „7) Notes on Trade. (facts, Statistics)“, „8) Land“, „9) Wages, Pauperism, Unions etc. Incomes, Taxes etc“, „9) Miscellaneous“ sowie „10) Ireland“ (S. 88).

25Unter „1) Money Market, Bank o. E. etc, Currency. Exchange“ indiziert Marx seine Materialsammlung zum englischen Geldmarkt von 1868 (S. 3–18) und weitere Artikel, die sich mit dem Geldmarkt desselben Jahres (S. 47, 48, 59, 64 u. 78) sowie mit der Diskontrate (S. 23, 42, 50 u. 54), dem Kapital (S. 44) und den Profiten (S. 29) der Bank of England beschäftigen. Ferner erfasst er hier Auszüge zum „Bank Act“ von 1844 (S. 41), zu Statistiken über Goldhandel und Münzprägungen in Großbritannien (S. 75) sowie zum Münzverschleiß (S. 31) und zum Schlagschatz (S. 46), darunter seine langen Exzerpte aus einem „Economist“-Artikel, der einen Vortrag von William Stanley Jevons bei der Statistical Society of London über die Verarbeitung von Gold zu Münzen wiedergibt und ergänzt (S. 80–84).

26Unter „2) Crisis of 1866 und Nachwirkungen“ vermerkt Marx seine Exzerpte zur Theorie der Wirtschaftskrisen (S. 61) – „Theory of Panic“ ist auch ein eigenständiger Gliederungspunkt im Register zu seinen Exzerpten der Jahrgänge 1866/1867 der „Money Market Review“ („London. 1868“, S. 285) – und vor allem zur auf die Krise von 1866 folgenden, vergleichsweise langen und tiefen Stagnationsphase. Marx exzerpiert aus der „Money Market Review“ vom 4. April 1868 unter der selbstgewählten Überschrift „Crisis of 1866 und Nachwehn“: „Never a period of dull suffering and depression so long and continuously felt.“ (S. 31.) In den Jahren 1868/1869 bat Marx auch seine Tochter Jenny Marx, Zeitungsartikel unter anderem zur gegenwärtigen Wirtschaftslage zu sammeln: Jenny Marx fertigte drei Hefte mit Zeitungsausschnitten an, von denen das erste mit dem Titel „Trade and Finance 1868“ viele Artikel zur damaligen Stagnation beinhaltet. Im vorliegenden Heft ist gleich im ersten von Marx unter der Überschrift „The Year 1867 in its Commercial and Financial Aspect“ exzerpierten Artikel aus der „Money Market Review“ vom 4. Januar 1868, der auf das Wirtschaftsjahr 1867 zurückblickt, von „the disasters of 1867“ (S. 19) die Rede. Marx notiert etwa einen Rückgang der Exporte im Jahr 1867 um sechs Millionen Pfund Sterling verglichen mit dem Vorjahr und einen Rückgang der Importe der ersten zehn Monate des Jahres 1867 um zwölf Millionen Pfund Sterling im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (S. 19). Die Profitrate war niedrig: „Trade and Manufacturing Industry in a depressed and comparatively profitless state throughout the year.“ (S. 19.) Noch die Berichte des Board of Trade aus dem August 1868 „[s]how depression of Trade“ (S. 40); erst im November war eine leichte Steigerung der Exporte zu verzeichnen (S. 47). Es kam zur Deflation der Warenpreise aller Rohmaterialien zwischen dem 1. Januar 1866 und dem 1. Januar 1868 und mit den Preisen waren auch die Beschäftigungsquoten und die Löhne gesunken (S. 59). In Folge der Krise waren auch die Einkünfte des britischen Staats vermindert: „The effects of 1866 zeigen sich erst jezt in effect upon revenue.“ (S. 70.) Gleichzeitig befand sich seit dem 25. Juli 1867 bis Jahresende die Diskontrate der Bank of England mit 2% auf einem Rekordniedrigniveau und am 18. September 1867 wurde die höchste jemals erreichte Bullionreserve von 24,4 Millionen Pfund Sterling sowie am 20. Dezember mit 40,6 Millionen Pfund Sterling die höchste Bullionreserve der Banque de France verzeichnet (siehe dazu Entstehung und Überlieferung zum Heft „1868“). Es lag eine „plethora of money, for which no profitable use to be found in commerce“ (S. 19) vor. Es kam zu Aktienkurseinbrüchen bei britischen Eisenbahngesellschaften wie der London, Chatham and Dover Company und der North British Company (S. 19), zur Entwertung von Wertpapieren (S. 20) und Aktien der Aktienbanken (S. 23) sowie zum Kollaps weiterer britischer Banken wie der Royal Bank of Liverpool und in Frankreich zur Liquidierung des Crédit Mobilier infolge einer Panik an der Pariser Börse (S. 21). In der langen Insolvenzphase mussten viele Aktionäre für die Verluste aufkommen; erwartete Dividenden wurden nicht gezahlt (S. 31). Es herrschte eine Stimmung des Misstrauens. Unter dem Stichwort „Causes of Present Depression“ notiert Marx zwei Beispiele, die den Einfluss der Liquidierungen von Aktien- und Finanzgesellschaften auf die Industrie behandeln (S. 22 u. 25). Die Stagnation war für Marx also nicht nur Ausdruck einer Überproduktion der Baumwollindustrie im Jahr 1868, sondern auch „Nachwirkung“ und „Nachwehe“ der Finanzkrise von 1866.

27Mit seinem dritten Gliederungspunkt „3) Commercial Morality“ knüpft Marx terminologisch an seine Äußerung aus dem Brief an Engels vom 14. November 1868 an, er werde „das chapter über Credit benutzen zu actuel denunciation des Schwindels u. der commercial morals“ (Marx an Engels, 14. November 1868), wobei der Begriff der „Commercial Morality“ häufig in der „Money Market Review“ gebraucht wurde (siehe Entstehung und Überlieferung zu „London. 1868“). Hier sammelt er unter anderem viele in Gerichtsprozessen, Aktionärsversammlungen und Untersuchungsberichten bekannt gewordene Fälle von Betrug und besonders spekulativen Transaktionen bei den Finanzgesellschaften. Unter dem Eintrag „Bescheissen von workmen“ etwa werden Betrugsfälle bei einer Versicherungsgesellschaft festgehalten (S. 21/22). Über die European Bank exzerpiert Marx: „Highest degree of incapacity, culpability, and commercial immorality.“ (S. 35.) In diesem Fall kam heraus, dass das in den verschiedenen Bilanzen ausgewiesene und von den Rechnungsprüfern bestätigte Kapital, das von Banken beigesteuert werden sollte, in Wirklichkeit nie eingezahlt worden war. Bei der Abwicklung der European Bank wurde mit Robert Walter Carden ein Direktor der Bank zu einem der Liquidatoren erklärt, was die „Money Market Review“ scharf kritisierte: „Sir R. W. Carden, sagt Money Market Review, ought not to be one of the liquidators. Er war grade Hauptschwindler als director.“ (S. 36.)

28Das Stichwort „Commercial Morality“ verwendet Marx auch für die Überschrift zu seinen Exzerpten aus dem Artikel „The New Year and its Mercantile and Financial Prospectus“ der „Money Market Review“ vom 4. Januar 1868. Hier nimmt er zwei Fälle wieder auf, die er bereits im Heft „London. 1868“ verfolgte: den Fall James Freeling Wilkinsons, des Managers der Joint Stock Discount Company, sowie den Fall Edward Greenlands, des Managers der Leeds Banking Company, der sich nach seinem Freispruch durch Innenminister Gathorne-Hardy nach Genua absetzte und Aussagen zu den Vorgängen, die sich während seiner Amtszeit ereigneten, verweigerte (S. 19), wohingegen ein einfacher junger Angestellter der Leeds Banking Company, der gefälschte Rechnungen zugunsten Greenlands unterschrieben hatte, zu fünfzehn Jahren Gefängnis verurteilt wurde (S. 37). Marx notiert auch kurze Angaben über den Londoner Stadtrat Thomas Dakin, der Direktor in fast einem Dutzend Gesellschaften war (S. 38); Dakin wurde 1870 Lord Mayor von London. In seinem Register notiert Marx auch einen eigenen Punkt zu dem 1866 bankrottierten Bauunternehmer Samuel Morton Peto. Durch einen gerichtlichen Vergleich wurde zutage gefördert, dass Petos Gesellschaft „Peto, Betts and Crampton“ über Aktiva („assets“) in Höhe von lediglich knapp 2000 Pfund Sterling verfügte, denen Verbindlichkeiten von rund 640 000 Pfund Sterling gegenüberstanden. Marx exzerpiert darüber aus dem „Economist“ vom 11. Juli 1868: „This is probably the worst asset that even the panic of 1866 can show, and no matter what you prove against it you are sure to get nothing.“ (S. 74.) Vor Gericht kam es zu einer Einigung zwischen „Peto and Betts“ und der „London, Chatham and Dover Railway Company“, was, wie Marx exzerpiert, dazu führte, dass die Details der Transaktionen zwischen diesen Geschäftspartnern nicht öffentlich bekannt gemacht wurden: „We shall never know the truth. The parties in the Bankruptcy Court have agreed to a compromise.“ (S. 73.)

29Marx beobachtet auch die weiteren Vorgänge um Overend, Gurney and Company, derjenigen Diskontbank, deren Bankrott die Krise von 1866 auslöste. So wurde bei einem Treffen der Aktionäre der Bank entdeckt, dass zum Zeitpunkt der Umwandlung des Unternehmens von einer Gesellschaft mit unbeschränkter Haftung auf eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung („limited liability“) im Juli 1865 drei Verträge zwischen den Partnern der alten Firma und den Direktoren der neuen Firma ausgestellt wurden, wobei den Aktionären nur einer davon zugänglich gemacht und ein anderer Vertrag, der die Insolvenz der alten Firma offenbarte, zurückgehalten worden war (S. 30). Diese Enthüllung führte in der Folge zu einem von den Aktionären angestrengten Gerichtsprozess gegen die Direktoren der Gesellschaft. Marx bemerkte zu dem Fall gegenüber Engels am 28. Januar 1869, also ungefähr zu der Zeit, als er die vorliegenden Exzerpte aus der „Money Market Review“ und dem „Economist“ abschloss: „Die Gurney affaire amuses mich königlich. Ich habe diesen Saucase in allen Details studirt“ (Marx an Engels, 28. Januar 1869). Über den weiteren Verlauf des Prozesses informierte sich Marx zu dieser und in der folgenden Zeit auch in den von Jenny Marx in das Heft „Trade and Finance 1868“ geklebten Zeitungsartikeln.

30Da es zu dieser Zeit noch keine Staatsanwaltschaft in Großbritannien gab und Gerichtsprozesse für die privaten Kläger kostspielig und nur schwierig durchzuführen waren, wurden, wie die „Money Market Review“ am 19. Dezember 1868 bemerkte, trotz hunderter im Zuge der Krise von 1866 überführter Delinquenten in den britischen Aktien- und Finanzgesellschaften insgesamt nur drei oder vier Strafverfahren angestrengt, wobei es kaum zu Verurteilungen kam (S. 55). Die „Money Market Review“ stellte sich grundsätzlich auf die Seite der Aktionäre und unterstützte deren Anstrengungen zu einer organisierten Vereinigung für ihren gegenseitigen Schutz (S. 55). Dagegen kritisierte die Tageszeitung „The Times“ ausdrücklich Adam Thom, den privaten Ankläger von Overend, Gurney and Company (S. 57). Unter dem Stichwort „English Commercial Morality vertheidigt durch ‚Economist‘“ (S. 87) indiziert Marx auch seine Exzerpte aus einem Artikel des „Economist“, in dem das Geschäftsgebaren der Finanzgesellschaften mit Argumenten verteidigt wurde, die Marx nicht sehr überzeugend schienen: „Der Esel sagt das indeß alles zur Vertheidigung der present Commercial Morality.“ (S. 59.) Von ihrem Standpunkt der Aktionäre aus kritisierte die „Money Market Review“ häufig die in der „Times“ und dem „Economist“ geäußerten Ansichten als auf der Seite der Direktoren der Aktiengesellschaften stehend. Dementsprechend stammen fast alle unter dem Gliederungspunkt „3) Commercial Morality“ vermerkten Exzerpte aus der „Money Market Review“.

31Auch die unter „4) Railways“ indizierten Auszüge entstanden mit Ausnahme eines Exzerpts über die Eisenbahn-Frachtgebühren in Irland (S. 84) allesamt aus der Lektüre der „Money Market Review“, die nicht nur ausführlicher, sondern auch kritischer als der „Economist“ über die Eisenbahnfrage berichtete. Gleich im ersten unter dem Stichwort „State Control“ indizierten Exzerpt aus der „Money Market Review“ vom 11. Januar 1868 notiert Marx: „‚Economist‘ at last reluctantly admits: ‚sole remedy for the present discredit in the railway market is an independent audit of the accounts of railway Cos by official auditors appointed by the State.‘ ‚The Govt is the only uniform authenticator possible.‘ Review bemerkt: the audit ought not to be optional (wie Economist will) but compulsory upon every Railway Co.“ (S. 21.) Der „Economist“ zeigte sich bei Regulierungsvorschlägen also zögerlicher als die „Money Market Review“, und der neue „Regulation of Railways Act 1868“ (31 & 32 Victoria, Cap. 119) berücksichtigte die Vorstellungen des „Economist“, wie Marx aus der „Money Market Review“ vom 8. August 1868 exzerpiert: „Der Akt enthält nicht Compulsory official Audit.“ (S. 41.)

32Die „Money Market Review“ berichtete offen über die Methoden der „Fälschung“ von Eisenbahnbilanzen („Falsification of Railway Accounts“ (S. 34)). Eine solche Methode bestand darin, bei den Schätzungen der Verbindlichkeiten zukünftige Kapitalaufwendungen zu unterrepräsentieren, so dass veranschlagte Kosten zum Beispiel bei der Midland Railway Company von 2,2 Millionen Pfund Sterling bereits zum Zeitpunkt der Berichterstattung tatsächliche Aufwendungen in Höhe von 3,45 Millionen Pfund Sterling nötig werden ließen; eine andere Methode war es, tatsächliche Arbeitskosten nicht in den Berichten zu berücksichtigen, um so die Einnahmen fiktiv zu erhöhen und die Revenue-Bilanz aufzubessern. In einem anderen Fall kam es ebenfalls bei der Midland Railway Company zu einer, wie Marx sich ausdrückt, „Börsenmogelei“ (S. 24): Es wurde entdeckt, dass die Direktoren in einem auf den 14. Dezember 1867 datierten Rundschreiben eine Kapitalerhöhung von fünf Millionen Pfund Sterling für die Fertigstellung der Arbeiten vorschlugen, woraufhin der Aktienkurs der Gesellschaft stark fiel. Allerdings erreichte das Rundschreiben die Aktionäre erst drei Tage nach dem Datum des Schreibens. In der Zwischenzeit wurden hohe Aktienverkäufe getätigt und der Rückgang des Aktienkurses erfolgte ungewöhnlich schnell. Die „Money Market Review“ vermutete, dass einige Personen bereits vor den Aktionären Kunde von der schlechten Nachricht hatten und ihren privilegierten Zugang zu diesen Informationen zu Verkäufen ihrer Aktien nutzten.

33Der in den Exzerpten erkennbare Zusammenhang zwischen Eisenbahn und Staatseinmischung erstreckt sich nicht nur auf das Thema Regulierung. Da die Eisenbahngesellschaften sich beim Parlament Konzessionen für den Streckenausbau und eine Bestätigung der Kapitalisierung einholen mussten – in der „Money Market Review“ war zu lesen, dass mehr als ein Viertel der Abgeordneten des britischen Unterhauses Direktor in solchen Gesellschaften war (siehe „London. 1868“, S. 263) –, hatte besondere juristische Konsequenzen, wie Marx exzerpiert: „Wenn Railways – (im Gegensatz zu Private Industry) als Use of Property sanctioned by Legislature in particular way – do damage to other Property durch vibration, smoke etc können sie, falls nicht case of negligence, nicht zu Schadenersatz angehalten werden.“ (S. 34.) Außerdem ließ der Krisenfall wie im Falle der East India Irrigation and Canal Company staatliche Unterstützung nötig werden: „In past years the question was raised as to whether the State ought not to buy up the railways as a means of increasing its revenue. Now the question has changed its complexion, and the interference of the State is demanded chiefly in the interest of the railway Cos themselves, as a method of relief from pressing embarrassments.“ (S. 27.)

34Unter „4) Railways“ vermerkt Marx außerdem einen Artikel über den Aufstieg des als „Railway King“ bekannten Eisenbahnmagnaten George Hudson (S. 37/38) sowie Angaben über das vom Parlament autorisierte Kapital der Eisenbahngesellschaften in den Jahren 1866/1867 (S. 24, 30, 42 u. 55/56) und über die „Railway Accounts“ (S. 27) mit kritischen Kommentaren zu den Zahlen der Regierung (S. 22) und der Direktoren (S. 38 u. 39). Eine Übersicht über die Entwicklung der Aktienkurse der großen Eisenbahngesellschaften im Jahr 1867 (S. 20) indes ist unter „2) Crisis of 1866 und Nachwirkungen“ vermerkt. Marx interessiert sich nicht nur für die „Railway Finance“, sondern auch die technologischen Aspekte des Eisenbahnwesens: die Unterschiede zwischen Stahl- und Eisengleisen (S. 26), den Verschleiß durch schwere Motoren und Wagons (S. 28) und die neusten materialschonenden Eisenbahnerfindungen des britischen Ingenieurs Robert Francis Fairlie (S. 31). „Wear und Tear“ ist ein wichtiges Stichwort, auf das Marx, wie unten ausgeführt wird, in Manuskript II zum zweiten „Kapital“ zurückkam.

35Unter den Gliederungspunkten „5) Cotton“ und „6) Wheat“ fasst Marx seine Exzerpte zu zwei der im 19. Jahrhundert wichtigsten Waren zusammen: Baumwolle und Weizen. Für Weizen notiert er Angaben zur Preisentwicklung (S. 27, 28 u. 67) sowie Statistiken über die britischen Weizenimporte in der Gegenwart (S. 43 u. 54) und im historischen Vergleich (S. 71/72). Zur Baumwolle legt er ebenfalls umfangreiche Statistiken über Preise (S. 28) und Importe (S. 30) an. Im Jahr 1867 überwogen die britischen Baumwollimporte aus den Vereinigten Staaten zum ersten Mal seit 1861 wieder die aus Britisch Indien (S. 30); Marx exzerpiert einen Vergleich über die Erzeugung von Rohbaumwolle vor und nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg (S. 57). Im Jahr 1867 kam es zu einem allgemeinen Preisverfall bei Baumwolle (S. 28 u. 43), wohingegen die Preise 1868 kurzfristig wieder anzogen (S. 48/49 u. 56). Diesen Sachverhalt diskutierte Marx ungefähr einen Monat vor dem Erstellen dieser Exzerpte brieflich mit Engels, der ihm am 11. Dezember 1868 schrieb: „Hier ist schönste Krisis & zwar diesmal reine (wenn auch nur relative) Überproduktion. Die Spinner & Fabrikanten haben seit beinah 2 Jahren die hier unverkäufliche Ware nach Indien & China auf eigne Rechnung konsignirt & die überführten Märkte so doppelt überführt. Jetzt geht das nicht länger & sie falliren rechts & links. […] Ich nenne die Überproduktion relativ, weil sie durch die immer noch hohen Baumwollpreise erst zur Überprod. wird. Zwei Pence Unterschied würden & werden hinreichen den ganzen Kram der daliegt, zu absorbiren. Baumwolle Middling Orleans heute 11d, vor dem Krieg 61/2d 7d 8d je nach der Zeit. Also immer noch 60 bis 80% über alten Preisen.“ (Marx an Engels, 11. Dezember 1868.) In seiner Antwort vom 15. Dezember 1868 gab Marx zu erkennen, dass er sich für dieses Thema näher interessierte: „Ueber die cotton bankruptcies in Manchester etc, kannst Du mir den Guardian schicken?“ (Marx an Engels, 15. Dezember 1868.) Etwaige Antworten und Zusendungen des „Manchester Guardian“ von Engels sind nicht überliefert, aber im vorliegenden Heft exzerpiert Marx unter anderem aus Auszügen aus aktuellen Handelsberichten (S. 27), die auch häufig im „Manchester Guardian“ abgedruckt wurden.

36Marx beschäftigt sich im vorliegenden Heft also nicht nur mit dem Geldmarkt, sondern neben Baumwolle und Weizen unter den Gliederungspunkten „7) Notes on Trade. (facts, Statistics)“, „8) Land“ und „9) Wages, Pauperism, Unions etc. Incomes, Taxes etc“ auch mit Industrie und Handel, Landwirtschaft, Arbeit, Löhnen, Pauperismus und Steuern. Unter „7) Notes on Trade. (facts, Statistics)“ erfasst er eine Reihe von Handelsstatistiken: aktuelle Zahlen über die britischen Im- und Exporte (S. 29, 40, 44 u. 45), Vergleiche der letzten drei Jahre (S. 29 u. 48) und eine Übersicht über die Entwicklung des britischen Handels mit Indien (S. 31). Unter „8) Land“ indiziert er seine Exzerpte aus fünf Artikeln, die vor allem Eigentumsverhältnisse auf dem Land behandeln. Alle fünf Exzerpte stammen aus dem „Economist”, was anzeigt, dass sich zu agrikulturellen Fragen nicht viel Material in der „Money Market Review“ finden ließ. Auch die unter „9) Wages, Pauperism, Unions etc. Incomes, Taxes etc“ indizierten Exzerpte wurden mehrheitlich aus dem „Economist“ angefertigt. Der „Money Market Review“ kann Marx zwar eine Steuerschätzung von Robert Dudley Baxter (S. 26/27) und eine Auflistung der Staatseinkünfte aus Steuern und Zöllen (S. 51/52) entnehmen, aber so gut wie keine Aufmerksamkeit erhielten in dieser Zeitschrift soziale Fragen wie die nach der Krise von 1866 deutlich gestiegenen Pauperzahlen in London (S. 68) – die Marx bereits im ersten Band des „Kapital“ festhielt (MEGA² II/5. S. 527) –, tödliche Unfälle von Bergarbeitern (S. 56), eine Diskussion über Erbschaftssteuern (S. 60) sowie gewerkschaftliche Sujets (S. 69 u. 71). Umfangreich exzerpiert Marx aus dem „Economist“ unter der Überschrift „The Bonus System in Paying Workmen“ einen Artikel über ein britisches Unternehmen, das ein „mixed system of association and bonus“ eingeführt, das heißt, einen Teil seiner Arbeiterschaft als Aktionäre aufgenommen und diese mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet hatte: In der Folge stiegen nicht nur die Profite des Unternehmens, sondern es gingen auch Konflikte zwischen der Direktion und der Belegschaft zurück (S. 68/69). Marx exzerpiert: „The proprietors are satisfied, because formerly, with disputes, waste, and loss of time, they never got 10% on their capital, but have now been getting 12 and 13 P.Ct. The bulk of the men are satisfied, though some are ‚not sure about it‘.“ (S. 69.) Er kreuzt seine Überschrift zur „Economist“-Ausgabe vom 23. Mai 1868, aus der er diesen sowie einen Artikel zum Crédit Mobilier auszieht, mit einer Marginalie „X“ als bedeutsam an (S. 68).

37Unter „9) Miscellaneous“ (Verschiedenes) indiziert Marx unter anderem seine umfangreichen Exzerpte über die technischen Verfahren der Umwandlung von Eisen in Stahl (S. 46, 47, 49, 50, 54 u. 56). Aufmerksamkeit findet auch eine institutionelle Erneuerung des britischen Geldkapitals nach der Krise von 1866: der Council of Foreign Bondholders. Während der Stagnationszeit florierten teilweise ausländische Wertpapiere (siehe auch Heft „1868“, S. 21) und Marx kommentierte die wirtschaftliche Lage nach der Krise am 2. Dezember 1868 in „The Diplomatic Review“ in seinem Artikel „How Mr. Gladstone’s Bank Letter of 1866 Procured a Loan of Six Millions for Russia“ wie folgt: „all English securities, railway shares, bank shares, mining shares, every sort of home investment, had become utterly depreciated, and was anxiously shunned. Even the Consols declined. […] Then the hour had struck for Foreign Investments. Foreign Government Loans were contracted, under the most facile conditions, on the London market.“ (MEGA² I/21. S. 102.) Auch im vorliegenden Heft exzerpiert Marx gleich aus dem ersten „Money Market Review“-Artikel, einer Rückschau auf das Wirtschaftsjahr 1867: „With such plethora of money, for which no profitable use to be found in commerce, Foreign Gvt Loans, aber nicht so viel zu erwarten (dieß erst 1868)“ (S. 19). Der Kommentar von Marx in Klammern verweist auf die zunehmende Bedeutung britischer Auslandsinvestitionen im Jahr 1868. Aus der „Money Market Review“ vom 31. Oktober 1868 notiert er: „Foreign and Colonial Loans lately subscribed, having provided an outlet for some portion of the surplus capital, are gradually, if slowly, affecting the money market.“ (S. 47.)

38Der Bedeutungszuwachs ausländischer Investitionen stellte sich für die britischen Investoren auch als Problem dar. Bis dahin kamen britische Gläubiger nur für ihre einzelnen Schuldner zu Investorentreffen zusammen, wie etwa beim Treffen der Inhaber von venezolanischen Schuldtiteln (siehe „The Money Market Review“, 18. Mai 1867. S. 598). Nachdem Italien und Österreich im Jahr 1868 unilaterale Schritte zur Veränderung ihrer Schuldverträge mit britischen Gläubigern unternahmen, wurde am 11. November 1868 die Gründung des Council of Foreign Bondholders beschlossen, einem Forum privater britischer Kreditgeber zur Koordinierung ihres Umgangs mit ausländischen Schuldnern (S. 49). (Siehe Paul Frank Meszaros: The Corporation of Foreign Bondholders and British Diplomacy in Egypt 1876 to 1882, the Efforts of an Interest Group in Policy-Making. Loyola University Chicago. Dissertation. 1973.) Die „Money Market Review“ unterstützte den Bondholder Council mit Aufkommen solcher Pläne (siehe The Money Market Review, 28. September 1867. S. 323; 20. Juni 1868. S. 659). Marx exzerpiert im vorliegenden Heft einen Artikel zu diesem Thema und notiert in Worten, die nicht in der „Money Market Review“ nachgewiesen werden konnten: „Angeblicher Zweck: durch pressure upon British Gvt. die Foreign Gvt., die Schulden bei Engländern contrahiren, zum Zahlen zu zwingen (Also, auf Rußlands etc Anstiftung, England in French War zu verwickeln) Ausserdem: An office for the promotion of investments of British Capital abroad. Schließlich: Mittel der Speculation für die grossen Finanzschwindler.“ (S. 49.) In der Bemerkung in Klammern spielt Marx möglicherweise auf einen Zusammenhang an, den er am 2. Dezember 1868 in der „Diplomatic Review“ herstellte: Dass die russische Regierung durch einen Abzug von Geldern vom britischen Finanzmarkt während einer Wirtschaftskrise wie der von 1866 den Bankrott der Bank of England herbeiführen könnte (MEGA² I/21. S. 103). In Klammern scheint Marx festzuhalten, dass wenn Russland Depositen aus britischen Banken abzöge und somit eine Geldkrise verschärfte, dies möglicherweise britische Gläubiger dazu zwingen könnte, die britische Regierung dazu zu verleiten, den Druck auf ausländische Schuldner zu erhöhen und auf diese Weise Großbritannien in einen Krieg zu verwickeln. Sigismund Borkheim erwähnte solche Überlegungen gegenüber Marx in seinen Briefen vom 11. November 1868 und 18. Januar 1869 und Marx diskutierte diese Zusammenhänge in seinen Briefen an Collet Dobson Collet vom 19. November und 23. November 1869.

39Beteiligt am Aufbau des Council of Foreign Bondholders war neben George Joachim Goschen, aus dessen „The Theory of the Foreign Exchanges“ Marx im vorliegenden Heft im Anschluss an die Auszüge aus der „Money Market Review“ und dem „Economist“ exzerpiert, auch Isidor Gerstenberg, den Marx im vorliegenden Heft – wie schon vor ihm Borkheim in seinem Brief an Marx vom 11. November 1868 – mit dem Spitznamen „Berlinerblau“ belegt. Gerstenberg war ein deutscher Bankier in London und Jugendfreund Ferdinand Lassalles; Marx kannte ihn offenbar persönlich und bezeichnete ihn gegenüber Lassalle am 28. März 1859 als einen „kleinlich aufgeblähte[n] Narr“ (MEGA² III/9. S. 369). Im vorliegenden Heft behandelt Marx den Council of Foreign Bondholders ein zweites Mal in einem anderen Exzerpt aus einem „Money Market Review“-Artikel, der eine Besprechung von Edward Backhouse Eastwicks Schrift „Venezuela: or, Sketches of Life in a South-American Republic; with the History of the Loan of 1864“ (London 1868) enthält. Eastwick reiste 1864 nach Venezuela, um mit der venezolanischen Regierung einen Kredit auszuhandeln. Marx verknüpft diesen Artikel eigenständig im Exzerpt mit dem unter anderem von Gerstenberg initiierten Council of Foreign Bondholders durch den Zusatz: „Dieser Kerl [gemeint ist Eastwick] von der City geschickt zum Contrahiren des loans. Vgl. auch Isidor Berlinerblau Gerstenberg.“ (S. 38.) Zuvor hatte Marx von Borkheim am 11. November 1868 Gerstenbergs Broschüre „Suggestions for Forming a Council of Foreign Bondholders“ (London 1868) erhalten. Marx fasst die Position der „Money Market Review“, Eastwicks und Gerstenbergs mit eigenen Worten zusammen: „Hauptwitz des Eastwick wie des Berlinerblau daß die Englische Regierung gegen Venezuela (die Regierung dort hatte den englischen Kapitalisten gewisse Zölle verpachtet) interveniren soll. He reproduces despatch of Palmerston d.d. 1848, worin der emphatically asserts the rights of the British Gvt. to intervene in such cases. (gegen defaulting Gvts.)“ (S. 38.)

40Im letzten Unterpunkt „10) Ireland“ schließlich vermerkt Marx drei Exzerpte: Angaben zur Einkommenssteuer in Irland (S. 39), eine vergleichende Übersicht über Ausgaben für die Armenfürsorge zwischen 1852 und 1867 aus dem Jahresbericht der irischen „Poor Law Commission“ (S. 74) und einen im „Economist“ abgedruckten Leserbrief des irischen Ökonomen Thomas Edward Cliffe Leslie (S. 67/68). Die Exzerpte aus dem letzten Artikel hat Marx mit einer Randanstreichung „X“ als bedeutsam hervorgehoben. Leslie wandte sich gegen die verbreitete Annahme, dass sich die Auswanderung der irischen Bevölkerung aus Irland positiv auf das Land und seine Bewohner auswirken würde. Laut Leslie hatte die „Edinburgh Review“ kurz zuvor die irische Emigration dafür gelobt, in Irland eine allgemeine Lohnerhöhung bewirkt zu haben. Die Annahme, dass durch den Rückgang der Arbeiteranzahl infolge der Auswanderung die Löhne direkt gestiegen seien, bezeichnet Marx in eigenen Worten als „[s]tupid theory“ (S. 67). Mit dieser Einschätzung stimmt er mit Leslie überein, für den die Auswanderung nicht Ursache eines Lohnanstiegs, sondern ihrerseits Folge eines Lohnrückgangs war, und der unter Berufung auf den irischen Ökonomen John Elliot Cairnes nachweisen wollte, dass in Irland lediglich der Nominallohn, nicht aber der Reallohn gestiegen war. Hinter der „[s]tupid theory“ stand das Argument der von John Stuart Mill ausgearbeiteten „Wage-Fund“-Theorie, wonach das in variables Kapital verwandelbare Kapital (das heißt der „wage fund“) eine konstante Größe sei, weshalb der Lohn des einzelnen Arbeiters im umgekehrten Verhältnis zur Bevölkerungszahl stehen müsse. Marx bezeichnet diese Theorie in eigenen Worten und wieder in Übereinstimmung mit Leslie als den „ganze[n] Blödsinn mit den Aggregate Wages Funds“ (S. 67). Er exzerpiert: „Zweck von all diesem Geschwätz to divert attention from the real causes of Irish emigration, and to leave things as they are“ (S. 67). Mit der „Wage-Fund“-Theorie beschäftigte sich Marx auch in „Heft 1. 1868“ der „Hefte zur Agrikultur“ in seinen Exzerpten aus Henry Fawcetts „The Economic Position of the British Labourer“ (MEGA² IV/18. S. 354/355; siehe ebenda. S. 1042/1043) sowie im „Heft zum fixen Kapital und Kredit 1868“ in seinen Exzerpten aus Francis Davy Longes „A Refutation of the Wage-Fund Theory of Modern Political Economy as Enunciated by Mr. Mill and Mr. Fawcett“ (MEGA² IV/18. S. 756; siehe ebenda. S. 1190). Er kritisierte dieses Theorem im ersten Band des „Kapital“ (MEGA² II/5. S. 493).

Charakter und Verwendung der Exzerpte

41Neben seinen Kommentaren, der Auswahl der Artikel und der Auswahl aus den Artikeln, der Zusammenstellung der Exzerpte sowie ihrer schlagwortartigen Einordnung im Inhaltsregister unter selbst gewählte Gliederungspunkte gibt es weitere Spuren einer besonderen Aneignung und einer eingehenderen Verarbeitung der Materialien durch Marx. Das Heft enthält viele Hervorhebungen, die Marx nicht aus der Quelle übernommen, sondern zur Unterstreichung eines inhaltlichen Zusammenhangs selbst gesetzt hat. Alle Hervorhebungen werden als Unterstreichung dargeboten. Alle Kommentare und Zusätze von Marx werden durch eine Sacherläuterung kenntlich gemacht. Eine weitere Hervorhebung des exzerpierten Texts durch Marx sind die Randanstreichungen. Etwa streicht er die folgende Bemerkung aus dem „Economist“ vom 1. Februar 1868 über die Gründung der Bank of England am Rand an: „Prior to the creation of Bank o. Eng., in 1683, a well marked instance of speculative mania. The Bank o. England, the Bank of Scotland, the first Insurance Co. (the Hand-in Hand) and others of our most important institutions, were really the creations of the speculative mania of 1694–96, the forerunner of the bubble of 1720.“ (S. 61.) Einige Marginalien befinden sich auch in den Exzerpten aus dem „Economist“-Artikel zu Jevons’ Vortrag bei der „Statistical Society“ über die Verarbeitung von Gold zu Münzen (S. 80–84). Insgesamt versieht Marx seine Auszüge im vorliegenden Heft zwar mit vergleichsweise wenigen Randanstreichungen, aber dafür kreuzt er verschiedentlich ganze Artikel mit einer Marginalie „X“ an: Einen Artikel zum Crédit Mobilier (S. 68), Thomas Edward Cliffe Leslies Artikel über das Verhältnis von Auswanderung und Löhnen in Irland und die Besprechung der Schrift von Edward Backhouse Eastwick. Daneben versieht er seine Überschrift zu den Auszügen aus der „Economist“-Ausgabe vom 23. Mai 1868 mit einer Marginalie „X“, was anzeigt, dass er beide aus dieser Ausgabe exzerpierten Artikel – einen Artikel zum Crédit Mobilier sowie den Artikel über das Bonus-System und die Gewinnbeteiligung der Arbeiter an einer Aktiengesellschaft – für wichtig befindet.

42Des Weiteren übernimmt Marx zwar in einigen Fällen die Überschrift eines Exzerpts aus den Zeitschriften, aber er wandelt sie häufig auch ab oder wählt einen eigenen Titel. Um dafür einige Beispiele zu nennen: Seine Exzerpte aus dem Artikel „The Crisis – Will It Pass Away? – Is It Passing?“ (The Money Market Review, 4. April 1868. S. 387) erstellt er unter der Überschrift „Crisis of 1866 und Nachwehn“ (S. 31) und seine unter der selbstgewählten Überschrift „Commercial Morality“ notierten Exzerpte (S. 19) stammen aus dem Artikel „The New Year and Its Mercantile and Financial Prospectus“ der „Money Market Review“ vom 4. Januar 1868. Unter dem Titel „B. o. England Rate of Discount“ zieht er aus dem Artikel „The Bank of England Accounts for the Past Year“ (The Money Market Review, 4. Januar 1868. S. 5) und unter dem Titel „Railways und State Control“ (S. 21) aus dem Artikel „Railway Reform, Uniform Accounts, and a Government Audit“ (The Money Market Review, 11. Januar 1868. S. 31/32) aus. Die abgewandelten Überschriften deuten also auf ein spezifisches Interesse von Marx an den Themen hin, in diesen Fällen: die auf die Krise von 1866 folgende Stagnationsphase, Commercial Morality, die Diskontrate der Bank of England und das Verhältnis von Eisenbahnen und Staatseinmischung.

43Außerdem notiert Marx in einigen Überschriften in Klammern weitere Stichworte, die sich nicht in der Überschrift des Artikels befinden und die sein Interesse an dem jeweiligen Exzerpt zu erkennen geben. Solche Stichworte sind zum Beispiel: „(Workingmen beschissen)“ (S. 21), „(Competition of Railways)“ (S. 22), „(Börsenmogelei und Directors.)“ (S. 24), „(Govt. Schwindler.)“ (S. 37), „(Land und Eisenbahn in U. St.)“ (S. 38), „(Patents)“ (S. 47), „(Frauds of Directors in voluntary ‚Windings’ up‘.)“ (S. 54), „(John Mills)“ (S. 61), „(Wichtigkeit der espèce des Samens)“ (S. 65), „(Ireland)“ (S. 67), „(Sthaatseinmischung.)“ (S. 68), „(U. States etc)“ (S. 71), „(Mortgagee etc)“ (S. 72), „(Lewis. Hauptschwindler)“ (S. 74) und „(Verschleiß der Goldmünze.)“ (S. 80). Unter diesen Stichworten kommen Fragen des Verschleißes des fixen Kapitals drei Mal vor: „(Verschleiß of steamers)“ (S. 25), „(Wear and Tear)“ (S. 31) und „(Wear and Tear.) (Permanent Way.)“ (S. 28). Zu seinen Exzerpte aus einem „Economist“-Artikel vom 1. Februar 1868 notiert Marx als Überschrift „The Nature and Law of Commercial Crises. (John Mills.)“ (S. 61), denn auf diesen Artikel wurde Marx von John Mills selbst in dessen Brief vom 16. September 1868 aufmerksam gemacht. Marx indes übt in den vorliegenden Exzerpten heftige Kritik an Mills’ Theorie des Kreditzyklus (S. 61). Eine weitere ergänzte Überschrift lautet „The Cotton Statistics Bill. (Sthaatseinmischung.)“ (S. 69). Marx liest hier über staatliche Bemühungen um eine bessere statistische Erfassung der Baumwollvorräte, wozu die „Cotton Statistics Bill“ verabschiedet wurde, welche Lagerhalter und Spediteure dazu verpflichtete, monatlich ihre gelagerten Baumwollvorräte anzuzeigen. Bereits im Heft „London. 1868“ exzerpierte er über Forderungen nach einer besseren statistischen Erfassung des Angebots, der Konsumtion und der Vorräte von Baumwolle („London. 1868“, S. 176). Wie sein Zusatz in der Überschrift nahelegt, erkennt Marx hierin eine Form der Staatseinmischung. Er exzerpiert: „[…] formerly the great object of commercial reformers was to exclude the Government from trade; now their object is to get it back into trade. And the persons who used to object to State aid are now the persons who invoke it.“ (S. 68.)

44Marx setzt in seinen Exzerpttexten zudem einige Ausrufezeichen. Sofern sich die Ausrufezeichen nicht in der Quelle befinden – die „Money Market Review“ verwendete dieses Satzzeichen vergleichsweise häufig –, sondern genuin von Marx eingefügt wurden, wird dies in den Erläuterungen mitgeteilt. Die Ausrufezeichen können unterschiedliche Einstellungen von Marx gegenüber den notierten Sachverhalten ausdrücken. In einem Fall soll ein Ausrufezeichen offensichtlich auf den irritierenden Sachverhalt aufmerksam machen, dass bestimmte Erbschaftssteuern mit steigendem Einkommen nachlassen: „These Probate Duties amount to 21/4% on sums up to 1,000£, 2% from £1000 to 10,000, 11/2% (!) in the higher accounts, so that the smallest fortunes pay the heaviest rates.“ (S. 60.) Mit einem Fragezeichen hingegen stellt Marx die Aussage des „Economist“ in Frage, dass das Einkommen der Arbeiterklasse von einer Krise nicht direkt, sondern erst später vermindert wird: „Der immediate effect einer crisis ist on the rate of interest. In a very few months capital becomes cheap, because no one engages in new business to use it. But old business has to be finished, contracts made in the days of prosperity have to be completed in a time of anxiety; the income of the working class is not at first greatly affected. (?)“ (S. 70.)

45Insgesamt fünf Exzerpte des vorliegenden Hefts verwendete Marx in Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ weiter. Zwei davon stehen im Zusammenhang mit dem Verschleißverhalten („wear and tear“) des fixen Kapitals, das Marx im vorliegenden Heft mehrmals behandelt; das Stichwort „wear and tear“ setzt er mehrmals seinen Exzerpt-Überschriften hinzu. Auch in seinen ungefähr im Sommer 1868 entstandenen Exzerpten aus dem Parlamentsbericht „Royal Commission on Railways“ in „Heft 3. 1868“ der „Hefte zur Agrikultur“ notierte sich Marx mehrmals Zusammenhänge über den Verschleiß des fixen Kapitals im Eisenbahnwesen (MEGA² IV/18. S. 681, 690, 694–696). In Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ bei der Analyse des Umschlags des fixen und „flüssigen Kapitals“ behandelt Marx im Abschnitt „Die verschiednen Bestandtheile des fixen Kapitals. Ersatz u. Reparatur. Accumulation des fixen Kapitals“ (MEGA² II/11. S. 100) vor allem die Lebenszeit oder Umschläge des fixen Kapitals von Eisenbahnen in England. Dabei zog er neben Dionysius Lardners „Railway Economy“ (London 1850), William Bridges Adams’ „Roads and Rails and Their Sequences, Physical and Moral“ (London 1862) und dem Untersuchungsbericht der „Royal Commission on Railways“ (London 1867) auch seine Exzerpte aus drei Artikeln der „Money Market Review“ heran. Die im Apparat zum Band II/11 geäußerte Vermutung, dass Marx diese Zitate aus der „Money Market Review“ bereits im Januar/Februar 1868 notiert haben und somit die entsprechenden Passagen der 17-seitigen Einzelstudie, die Marx in Manuskript II integrierte, schon zu dieser Zeit entstanden sein könnten (MEGA² II/11. S. 918/919), hat sich nicht bestätigt. Marx hat die vorliegenden Exzerpte zuerst im Januar 1869 erstellt und sie anschließend in Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ übernommen, was zusätzlich dadurch bezeugt wird, dass er die Herkunft des in Manuskript II übernommenen Texts mit Verweisen auf das vorliegende Heft als „Heft I Groß p. 25“ (Ebenda. S. 107.15) und „l.c. p. 24“ (ebenda. S. 107.15.20) dokumentiert.

46Von den drei Exzerpten aus der „Money Market Review“, die Marx in den Abschnitt „Die verschiednen Bestandtheile des fixen Kapitals. Ersatz u. Reparatur. Accumulation des fixen Kapitals“ benutzte, stammen das zweite und das dritte aus dem vorliegenden Heft. Die ersten sind die im Heft „1868“ unter der Überschrift „Railway. Wear and Tear“ notierten Exzerpte aus der „Money Market Review“ vom 21. Dezember 1867 (siehe Heft „1868“, S. 76), die Marx gleich zwei Mal in Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ übernahm (MEGA² II/11. S. 106.36–107.14 und S. 126.15–27). Marx notierte „the average cost per mile p.a. for maintenance of way, and works, and station“ (ebenda. S. 106/107) für einige Eisenbahngesellschaften. Er interessierte sich für die Verschiedenheit der Durchschnittskosten dieser Eisenbahngesellschaften, da, wie er aus dem Exzerpt übertrug, „[t]he smaller charge is adopted because its adoption is necessary for a good dividend“ (ebenda. S. 107). Die zweiten in Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ herangezogenen Exzerpte (MEGA² II/11. S. 107/108) fertigte Marx unter der von ihm ergänzten Überschrift „Caledonian Railway. (Ersatz des Verschleisses.)“ an („The Caledonian Railway. – The Director’s Reply“, in: The Money Market Review, 25. Januar 1868. S. 89/90); im Inhaltsregister des vorliegenden Hefts hat Marx diesen Eintrag mit einer Marginalie „X“ versehen (S. 87). Hier geht es um die Frage, ob Instandhaltungskosten dem Kapital- oder dem Revenuekonto zugeschlagen werden. Marx exzerpiert die Ansicht eines Auditors einer Eisenbahngesellschaft: „A fixed charge of not less than 121/2 P.Ct. on locomotive engines and tenders, and 9 P.Ct. on carriages and waggons, calculated on their original cost as they stand in the Co’s books, should be made annually for depreciation, renewals, and repairs.“ (S. 24; siehe MEGA² II/11. S. 107.) Wie Engels in seiner Edition des zweiten Buchs des „Kapital“ ergänzte, war die „Uebertragung von Reparaturausgaben auf Kapitalkonto, statt auf Revenuekonto“ „das bekannte Mittel, wodurch Eisenbahndirektionen ihre Dividenden künstlich in die Höhe schrauben“ (MEGA² II/13. S. 165). In Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ berechnete Marx eigenständig ausgehend von den Werten des Auditors für Lokomotivenmotoren und Kohlewagen eine Umschlagperiode von acht Jahren und für Personen- und Güterwagons von 111/9 Jahren (MEGA² II/11. S. 107). Diese Angaben benutzte er in demselben Manuskript wieder: „Ferner bei Eisenbahnen: Z.B. wir haben vorher gesehn, dass 10 J. das Durchschnittsleben einer englischen Lokomotive, aber 8 J. gerechnet (121/2% hier einbegriffen die Reparaturen) u. ditto mit Einbegriff der Reparaturen 9% on carriage u. waggons (111/9 J.)“ (Ebenda. S. 121.31–34.) Wegen der Instandhaltung und Reparaturen nimmt Marx also eine kürzere Reproduktionszeit an. Aus demselben Artikel zitierte Marx weiter in Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“: „The only sound way is to charge each year’s revenue with the depreciation necessarily suffered to earn the revenue, whether the amount is actually spent or not.“ (Ebenda. S. 124.) In diesem Zusammenhang ist beachtenswert, dass Marx aus dem Artikel „Falsification of Railway Accounts“ (The Money Market Review, 25. April 1868. S. 469) notiert, dass die Kapitalbilanzen der Eisenbahngesellschaften „selten by fictitiously augmenting revenue receipts, meist durch suppression of working charges“ (S. 34) aufgebessert würden. Der dritte in Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ zitierte Artikel stammt aus der „Money Market Review“ vom 1. Februar 1868, den Marx im vorliegenden Heft unter einer Überschrift, die den Zusatz „(Verschleiß of steamers)“ (S. 25) trägt, exzerpiert. In Manuskript II benutzte er diesen Teil unter der Überschrift „Steamers. (Wear and Tear)“. Auch hier ergänzte er zwei Mal die selbst berechnete „Reproduktionszeit“: „Lowest estimate of the cost of maintaining and replacing steamboat property is 15% p.a. (Also Reproduktionszeit: 62/3 J.) The rate allowed by the Gvt to the Peninsular and Oriental Co. is 16% p. a. (61/4 J.)“ (MEGA² II/11. S. 107.16–19.)

47In Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ übernahm Marx aus dem vorliegenden Heft drei weitere Exzerpte. Sie betreffen die Verwandlung von Roheisen in Stahl durch das zu jener Zeit von John Heaton entwickelte Verfahren und seine Unterschiede zum damals etablierten Bessemerverfahren. Aus seinen unter den Überschriften „Manufacture of Iron and Steel. Heaton’s Process (Patents)“ (S. 47), „Heaton’s Direct Process for Nitrate Steel“ (S. 49) und „Heaton’s Iron and Steel“ (S. 56) erstellten Exzerpte aus der „Money Market Review“ kompilierte er vier Passagen im Abschnitt „Unterschied zwischen Arbeitszeit und Produktionszeit“ des zweiten Kapitels „Der Umschlag des Kapitals“ (MEGA² II/11. S. 194.9–35). Er diskutierte die Wirkung von technologischen Erfindungen auf den Umschlag des Kapitals als eine Verkürzung der Umschlagsperiode durch „Prozesse u. Vorrichtungen, welche die blosse Produktionszeit künstlich abkürzen“ (MEGA² II/11. S. 191).

48Zudem verwendete Marx in Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ auch Informationen aus den Zeitschriften, die sich nicht in den Exzerpten befinden. So erwähnte er die beiden positiven Besprechungen im „Economist“ und der „Money Market Review“ des Buchs von Ernest Seyd „Bullion and Foreign Exchanges“ (London 1868): „Wenn die dickleibige Compilation dennoch von den Fachautoritäten, dem London ‚Economist‘, der ‚Money Market Review‘ u.s.w. sehr belobt worden, rührt dieß daher, daß Herr Ernest Seyd, seines Zeugs ein anglisirter deutscher Kaufmann, sich stillschweigend die Auseinandersetzungen der modernen deutschen Lehrbücher über ‚Kaufmännische Arithmetik‘ einverleibt hat.“ (MEGA² II/11. S. 33.33–38.) (Siehe die positiven Besprechungen in: The Economist, 30. Mai 1868. S. 187; The Money Market Review, 30. Mai 1868. S. 586.) Marx besorgte sich das Buch von Seyd vermutlich unmittelbar im Anschluss an die Lektüre der Besprechungen (ein Exemplar ist im Katalog der SPD-Bibliothek unter Nr. 41735 verzeichnet), denn er zitierte aus ihm in Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ und kritisierte Seyd dabei als „ausserhalb und unter aller Theorie“ (ebenda. S. 33.32–33) stehend. Die „Money Market Review“ erwähnte in ihrer Buchbesprechung Seyds Pläne zu einer „monetary union“ verschiedener europäischer Länder durch ein Universalmünzgeld („universal coinage“) im Rahmen einer Angleichung der Münzprägungen verschiedener Staaten an die französische 5-Francs-Goldmünze und erwähnte darüber hinaus Seyds Kritik an George Joachim Goschens Werk „The Theory of the Foreign Exchanges“, das Marx im vorliegenden Heft im Anschluss an die Exzerpte aus dem „Economist“ und „The Money Market Review“ exzerpiert.

49Von der im vorliegenden Heft durch die beiden Periodika rezipierten Literatur ist neben dem Buch von Seyd auch J.-E. Horn: Le bilan de l’empire (Paris 1868) (siehe S. 65) im Katalog der SPD-Bibliothek verzeichnet (Nr. 40541) und befand sich damit wahrscheinlich im Besitz von Marx. Von den Titeln, die Marx im vorliegenden Heft durch die Periodika rezipierte, hat er die folgenden beiden in spätere Literatur-Auflistungen übernommen: R[obert] Dudley Baxter: National Income. The United Kingdom. Read Before the Statistical Society of London, 21 January 1868. London 1868 (siehe S. 26); und R[obert] H[ogarth] Patterson: Railway Finance. Edinburgh, London 1867 (siehe S. 27). Umgekehrt ergänzt Marx seine Exzerpte im vorliegenden Heft auch zwei Mal mit Verweisen auf Literatur, die er nicht den hier exzerpierten Quellen entnimmt: die Ausgabe der „Times“ vom 5. Januar 1869 und des „Economist“ vom wahrscheinlich 9. Januar 1869 (beide S. 57) sowie I. Gerstenberg: Suggestions for Forming a Council of Foreign Bondholders. London 1868 (S. 38 u. 49).

George Joachim Goschen: The Theory of the Foreign Exchanges

50George J. Goschen: The Theory of the Foreign Exchanges. 7. Ed. London 1866. (S. 90–109.)

51Der britische Bankier und Staatsmann George Joachim Goschen (1831–1907) war in der Zwischenkrisenzeit von 1858 bis 1865 einer der Direktoren der Bank of England (siehe Thomas John Spinner: George Joachim Goschen: The Transformation of a Victorian Liberal. Cambridge 1973) und später Teilnehmer der Debatte um die Krise 1866 und die folgende Depressionsphase. Ausgehend von dem Tiefstand der Diskontrate der Bank of England von 2% konstatierte er im Januar 1868 in der „Edinburgh Review“, dass sich noch zwanzig Monate nach der Panik die Handelslage kaum verbessert habe, und bezeichnete das Jahr 1867 als „one long financial, commercial, industrial, and railway crisis“ (siehe Art. VIII. Two Per Cent. In: The Edinburgh Review. Januar 1868. S. 245). In den von Marx in der vorliegenden Edition exzerpierten Artikeln kommen Goschen und sein Werk mehrmals zur Sprache, so dass Marx möglicherweise auf diesem Wege auf Goschen aufmerksam wurde. Im „Economist“ vom 2. Juni 1866 wird auf Goschens „valuable Treatise on Foreign Exchanges“ (The Economist, 2. Juni 1866. S. 641) verwiesen (Marx’ Exzerpte aus dem Artikel im Heft „London. 1868“, S. 67) und in seinen Exzerpten aus der „Money Market Review“ vom 4. August 1866 spricht Marx in eigenen Worten von dem „graussen G. J. Göschen“ („London. 1868“, S. 204). Außerdem exzerpiert er auf S. 64 des vorliegenden Hefts einen Artikel aus dem „Economist“ vom 7. März 1868, in dem Goschens Aufsatz in der „Edinburgh Review“ lobend Erwähnung fand; der „Economist“ stellte den anonymen Autoren als „a very able writer“ (The Economist, 7. März 1868. S. 261) vor. Auch in der „Money Market Review“ wurde in der Ausgabe vom 2. November 1867, S. 450, eine Anzeige von Goschens Werk „The Theory of the Foreign Exchanges“ geschaltet, und in der Ausgabe vom 30. Mai 1868, S. 586, zwei Auszüge aus Ernest Seyds Buch „Bullion and Foreign Exchanges“ abgedruckt, zuerst ein von Seyd angeführtes Zitat aus Goschen, dann eine Kritik von Seyd an Goschen. Der Titel wurde auch erwähnt in einer Schrift, die sich möglicherweise im Besitz von Marx befunden hat: John Mills: The Bank Charter Act and the Late Panic. A Paper Read Before the Economic Section of the National Social Science Association, at Manchester, October 5th, 1866; with Notes Added. (Verzeichnet im Katalog der SPD-Bibliothek unter Nr. 41530.) Mills diskutiert dort die von Goschen in „The Theory of the Foreign Exchanges“ erhobene Forderung, zur Umkehr eines Goldabflusses aus Großbritannien die Diskontrate der Bank of England in einem einzigen Schritt um 2% heraufzusetzen. Schließlich spielte Goschen 1868 bei der Gründung des Council of Foreign Bondholders eine Rolle, die Marx in seinen Exzerpten aus der „Money Market Review“ im Blick hatte.

52Goschens Werk „The Theory of the Foreign Exchanges“ wurde erstmals 1861 veröffentlicht. Bereits 1866 erschien die siebte Auflage, die Marx heranzieht. Das Buch wurde in mehrere Sprachen übersetzt und galt schnell als Klassiker der internationalen Finanzbeziehungen. Marx fertigt umfangreiche Exzerpte aus allen sechs Kapiteln an und kommentiert dabei zum Teil ausführlich verschiedene Überlegungen Goschens.

53Für Goschen bilden die internationalen Verbindlichkeiten die Grundlage der Wechselkurse. Wechsel repräsentieren einen Austausch von Schulden und Forderungen. Im zweiten Kapitel untersucht er Ursprung und Wesen dieser Schulden: Sie rühren in erster Linie aus den internationalen Handelstransaktionen, wie sie anhand der Import- und Exportstatistiken der Länder nachzuvollziehen sind. Marx übt an vielen Definitionen und Bestimmungen Goschens Kritik. Er kritisiert Goschen für eine fehlende Unterscheidung zwischen Handels- und Zahlungsbilanz (S. 90); korrigiert ihn mit Verweis auf seine in den Londoner Heften II und IX entstandenen Exzerpte aus William Blake (S. 90); und bemängelt seine fehlende Berücksichtigung der Tributzahlungen anderer Länder wie Indien an England: „Auf die tributes von Foreign Countries (wie von Ostindien nach England) geht Goschen nicht weiter ein.“ (S. 90.)

54Aus dem dritten Kapitel notiert sich Marx die verschiedenen Kategorien von internationalen Wechseln und setzt in diesen Passagen seltener zu eigenen Kommentaren an. Goschen unterscheidet zwischen Wechseln, die auf einer Handelstransaktion gründen, solchen, die das nur indirekt, und solchen, die das gar nicht tun. Marx notiert: „The subject wird complicated, wenn es sich nicht um direct und immediate transactions handelt, sondern ‚that very large proportion of bills which represent indirect transactions, und others that do not represent any actual previous transaction whatever, at least in the sense of closing indebtedness.‘“ (S. 91.) Goschen berücksichtigt damit unausgesprochen die vielen von englischen Banken und Händlern angewandten Kredittechniken, die im internationalen Wechselhandel der 1850er Jahre zum Einsatz gekommen waren und die Krise von 1857 geprägt hatten, wie „Finance bills“, Gefälligkeitswechsel und „blank credits“: „The purchaser of the bills in this case takes the place of the discounter of accommodation bills, and the transaction may be perpetually (!!) renewed in the same way and with more facility than accommodation bills.“ (S. 91) Marx fügt dieser Passage die Ausrufezeichen hinzu, um damit darauf aufmerksam zu machen, dass diese Wechsel in der Krise von 1857 eben nicht erneuert werden konnten. Weil Goschen diese Finanzwechsel für „very important and expedient“ (Goschen, S. 38) hält, bezeichnet Marx ihn an einer Stelle seiner Exzerpte als „Spekulant“ (S. 90). Als Goschen die Interessen der Banken mit den Interessen der Öffentlichkeit für identisch erklärt, setzt Marx hinter das Wort „identical (!)“ (S. 105) ein Ausrufezeichen und kommentiert: „Unter public sind hier Göschen und Seinesgleichen zu verstehn“ (S. 106). Als Goschen behauptet, eine hohe allgemeine Zinsrate wäre „most desirable“ setzt Marx in Klammern „(für Göschen)“ (S. 105) hinzu.

55Im vierten Kapitel untersucht Goschen die Ursachen für die Preisschwankungen ausländischer Wechsel. Als Faktoren identifiziert er die Entfernung der Handelsplätze voneinander, das Verhältnis von Schulden zu Forderungen sowie den Zinsfuß. Für Wechsel auf Sicht in gleicher Währung ist der Wechselkurs nach oben hin begrenzt durch den Pari plus Versandkosten der Edelmetalle; seine untere Grenze ist der Pari minus Versandkosten der Edelmetalle. Bei Wechseln, die zu einem bestimmten Termin einzulösen sind, spielt vor allem der Zinsfuß in dem Land, auf das der Wechsel gezogen wird, eine bestimmende Rolle. Damit erklärt Goschen die Schwankungen langfristiger Wechsel für unbegrenzt, denn sie hängen wesentlich von den Zinsschwankungen in den einzelnen Ländern ab. Ein weiteres „Wertelement“ der ausländischen Wechsel ist laut Goschen die Entwertung der Umlaufmittel („currency“). Im Falle der Entwertung einer Währung gebe es ein Agio auf Bargeld. Wenn etwa Österreich viel Papiergeld ausgibt, steige dort der Wert des Goldes, und mit britischem Pfund könne man mehr österreichische Gulden kaufen. Goschen diskutiert dies im Zusammenhang mit der Bestimmung des Pariwerts und der Umrechnung zwischen verschiedenen Währungsregimen, zum Beispiel von einem Land mit Gold- in ein Land mit Silberwährung. Bei internationalen Wechseln stellt sich die Frage, wie groß eine Geldsumme an einem Ort sein muss, um deren Äquivalent an einem anderen Ort zu erhalten. Marx exzerpiert Goschens Überlegungen hinsichtlich der Umrechnung (S. 96) und wird daran in den auf die Auszüge aus Goschen anschließenden Exzerpten aus Feller/Odermann anknüpfen und die genauen mathematischen Umrechnungsoperationen der „Parirechnung“ (S. 109) studieren.

56Im fünften Kapitel behandelt Goschen die Bedeutung der Wechselkurse und der im 19. Jahrhundert häufig gebrauchten Begriffe „favourable exchange“ und „unfavourable exchange“. Marx macht hier durch eine Gegenüberstellung von zwei Zitaten und ein Ausrufezeichen auf einen Widerspruch bei Goschen aufmerksam: „Nach Goschen ‚the phrase legitimately‘ expresses ‚the anxiety or confidence of the banking world as to the means of meeting their legal obligations‘. […] Nach demselben Herrn: ‚Political economists … are correct in their statement that, as regards the country at large and the interchange of commodities, exports and imports are always balanced (!)“ (S. 99.) Auf der einen Seite gibt es für Goschen also eine berechtigte Sorge vor dem „unfavourable exchange“, aber auf der anderen Seite gleichen sich seiner Ansicht nach Exporte und Importe immer aus.

57Marx interessiert sich für Goschens Analyse des internationalen Wechselmarkts der 1860er Jahre und insbesondere dafür, inwiefern sich die Kreditverhältnisse zwischen England und den Vereinigten Staaten durch den 1861 ausgebrochenen Amerikanischen Bürgerkrieg veränderten. Als amerikanische Exporteure von Baumwolle und Getreide zu Beginn des Jahres 1861 in Erwartung des Bürgerkriegs ihre Wechsel auch zu Verlusten verkaufen wollten, wich der Wechselkurs zwischen den Vereinigten Staaten und England deutlich von der Münzparität („specie point“) ab. Die Preise aller Wechsel auf England fielen wegen dieser politischen Sorgen vor dem Krieg und Edelmetalle („bullion“) flossen im Gegensatz von England in die Vereinigten Staaten. „Hauptgrund war indebtedness of Europe to U. St.“ (S. 99), notiert Marx. Die Panik von 1861 in den Vereinigten Staaten hatte daher laut Goschen keine wirtschaftlichen, sondern allein politische Ursachen: „It is a rare occurrence to see alarm felt at an unusually favourable situation of the exchanges.“ (S. 100.) Weil Goschen in diesem Zusammenhang unterstellt, dass die Warenpreise wegen der während des Amerikanischen Bürgerkriegs ausgegebenen Papiergeldwährung normalerweise in den Vereinigten Staaten gestiegen, in Europa hingegen gesunken wären, kritisiert Marx ihn als Vertreter der „Currency“-Theorie: „Göschen is currency principle Esel.“ (S. 100.) In den Jahren 1862/1863 kehrte sich die Situation um und die ausländischen Wechsel wurden in den Vereinigten Staaten teurer. Dies erklärt Goschen nicht aus den normalen Wertelementen, das heißt der internationalen Verschuldung, sondern mit der Entwertung des Papiergelds („depreciation of currency“) in den Vereinigten Staaten (S. 101). In den Südstaaten stieg daher der Wechselkurs auf London um bis zu 400%. In den Nordstaaten habe sich diese Entwertung des Papiergelds sowohl verzögert als auch abgeschwächt, weil die Banken von New York ihre Noten einzogen. Marx exzerpiert in der Folge ausführlich über die Entwicklung der Wechselkurse und Goldpreise im Verlauf des Amerikanischen Bürgerkriegs an verschiedenen Orten der Vereinigten Staaten.

58Im sechsten Kapitel möchte Goschen Ausgleichshilfen für die Wechselkurse behandeln, das heißt geldpolitische Empfehlungen aussprechen. Goschen empfiehlt der Bank of England, ihre Diskontrate im Falle einer Knappheit ihrer Goldvorräte in großen Schritten zu erhöhen, da die ersten Prozentaufschläge bloß die Versandkosten der Edelmetalle ausgleichen würden. Dieser Vorschlag wurde in der britischen Öffentlichkeit rege diskutiert. In seinen Exzerpten aus dem sechsten Kapitel übt Marx erneut viel Kritik. Er kritisiert abermals in einer längeren Bemerkung Goschen wegen seiner Befürwortung des „Currency Principle“ für „illusorisch“ (S. 104) und bemängelt das Fehlen einer Unterscheidung zwischen „currency“, Kapital und Geld bei Goschen. Er kommentiert unter anderem: „Der Oekonom wagt nicht dem special character des Geldcapital in den Rachen zu sehen“ (S. 105).

59Goschen behauptet auch, dass beinahe jede Erhöhung der Zinsrate in England zu einem für England günstigen und eine niedrige Zinsrate zu einem für England ungünstigen Wechselkurs führe. Marx wendet dagegen ein: „This fact is only true – and still with great exceptions – for very acute panic times.“ (S. 106.) Denn nur in einer akuten Geldkrise, so mag Marx gedacht haben, wenn Geld als Zahlungsmittel fehlt, ist die Erhöhung der Diskontrate in England ein Mittel zur Attraktion von Gold. Die Besonderheit der Krise von 1866 lag allerdings darin, dass diese geldpolitische Maßnahme lange Zeit nicht den gewünschten Erfolg herbeiführte und eine Diskontrate der Bank of England von 10% rund drei Monate lang neben einer Diskontrate der Banque de France von 3% bis 3,5% Bestand hatte. Eine Kritik der Auffassung Goschens von Ernest Seyd rezipierte Marx bereits in der „Money Market Review“ vom 30. Mai 1868, die einen Auszug aus Seyds Buch „Bullion and Foreign Exchanges“ (London 1868) abdruckte, in dem Seyd darauf aufmerksam machte, dass der Wechselkurs für England trotz des großen Zinsunterschiedes zwischen London und Paris ungünstig geblieben war (siehe The Money Market Review, 30. Mai 1868. S. 586). Goschen hingegen geht davon aus, dass die Zinsunterschiede zwischen London und Paris niemals besonders groß sein können: Als er schreibt, „[t]he difference can never be very great“ fügt Marx in Klammern an: „(Was it not in 1866?)“ (S. 108.) Dieses Faktum beschäftigte die britische Öffentlichkeit im Jahr 1866 und Marx dürfte bei Goschen keine Erklärung für diese „Anomalie“ gefunden haben.

60Im Anschluss an seine Exzerpte hat Marx auf S. 89 des vorliegenden Hefts einen kurzen Kommentar zu Goschen geschrieben. Diese Bemerkungen sind zwar vor die Exzerpte geschrieben, aber erst nach ihnen entstanden, denn sie enthalten Angaben aus dem Werk von Feller/Odermann, das Marx im Anschluss an Goschen exzerpierte. Marx führt hier eine bei Goschen nicht beachtete Ursache für internationale Goldtransfers an: „Unter den Gründen, die Goschen im folgenden Buch für Versendung des Goldes aus einem Land ins andre giebt, ist ein sehr wesentlicher ausgelassen.“ (S. 89.) Marx meint das Ausnutzen von Differenzen im Handelswertverhältnis von Gold zu Silber.

61Marx hat diese Exzerpte nicht weiterverwendet. Auf die Themen Wechselkurse und internationale Handels- und Kreditbeziehungen kam er in „Heft II 1869“ in seinen Exzerpten aus John Leslie Fosters „An Essay on the Principle of Commercial Exchanges“ zurück.

Friedrich Ernst Feller, Carl Gustav Odermann: Das Ganze der kaufmännischen Arithmetik

62Fr[iedrich] E[rnst] Feller, C[arl] G[ustav] Odermann: Das Ganze der kaufmännischen Arithmetik. Für Handels-, Real- und Gewerbschulen, so wie zum Selbstunterricht für Geschäftsmänner überhaupt. 7., verm. und in Folge der im Münz- und Gewichtswesen eingetretenen Veränderungen z.Th. umgearb. Aufl. Leipzig 1859. (S. 109–138.)

63Friedrich Ernst Feller (1802–1859) und Carl Gustav Odermann (1815–1904) waren Lehrer an den vergleichsweise neuen Handelsschulen in Deutschland, deren erste 1769 in Hamburg gegründet wurde. Feller, der zunächst Handlungslehrling war und danach unter anderem Mathematik an der Universität studierte, unterrichtete ab 1832 an der „Öffentlichen Handelslehranstalt“ in Leipzig; ab 1848 leitete er die Handelsschule in Gotha. Odermann, der nach einem Volksschulbesuch Lehrling in einem Leipziger Kolonialwarengeschäft war, trat im Jahr 1839 als Lehrer in die „Handelslehranstalt“ ein (siehe Manfred Rätzer: Kurze Geschichte der Öffentlichen Handelslehranstalt Leipzig. In: Die Öffentliche Handelslehranstalt zu Leipzig 1831–1950. Festschrift zum 170. Jahrestag ihrer Gründung. Hrsg. vom Freundeskreis der Öffentlichen Handelslehranstalt – ÖHLA – e.V. Leipzig 2001. S. 17–111, hier: S. 39/40) und wurde dann – auf Empfehlung Fellers – als erster Direktor an die soeben gegründete Handelsschule in Dresden berufen. Aus der Zusammenarbeit von Feller und Odermann in Leipzig entstand 1842 das Lehrbuch „Das Ganze der kaufmännischen Arithmetik“. 1846 wurde eine zweite Auflage nötig und in den 1850er Jahren erlebte das Buch in rascher Folge neue, jeweils vermehrte und verbesserte Auflagen. Nach dem Tod von Feller im Jahr 1859 führte Odermann das Lehrbuch allein fort, und bis zu Odermanns Ableben 1904 erschien das Buch insgesamt in siebzehn Auflagen. Unter neuer Bearbeitung sind bis 1979 neue (Teil-)Ausgaben publiziert worden. Damit kann es als eines der am weitesten verbreiteten deutschen Lehrbücher zum kaufmännischen Rechnen im 19. und 20. Jahrhundert angesehen werden.

64Inhalt des Buchs ist die ganze Breite des kaufmännischen Rechnens als angewandte Arithmetik. Im Lehrbuch werden verschiedene Rechenarten behandelt und zudem praktische Hinweise für das zuverlässige Rechnen gegeben. Neben den einzelnen Grundrechenarten wie Multiplikation und Bruchrechnung werden auch speziellere Rechenarten wie Zins-, Diskont- und Wechselrechnung erklärt sowie mit einer Vielzahl von Rechenbeispielen aus dem alltäglichen Geschäftsgebrauch illustriert und mit Aufgaben zur Einübung versehen. Dies ermöglicht nicht nur die Heranziehung des Buchs für den Selbstunterricht – wie es auch der Untertitel reklamiert –, sondern durch die Art der Beispiele wird zugleich ein Einblick in die Geschäftsabläufe und die kaufmännische Praxis gegeben.

65Marx erhielt das Buch in der siebten Auflage von 1859 durch die Erbschaft der Bibliothek des am 9. Mai 1864 verstorbenen Wilhelm Wolff (MEGA² III/12. S. 526). Um einen Überblick über die Titel aus der nachgelassenen Bibliothek von Wolff zu haben, erstellte er eine Liste, in der sich auch die „Kaufmännische Arithmetik“ befindet (MEGA² IV/18. S. 13.40). Die Bücher aus dieser Erbschaft trafen am 3. Juni 1864 in London ein (siehe MEGA² IV/18. S. 890).

66Marx zog das Buch schon kurz darauf im Manuskript zum dritten Buch des „Kapital“ heran, das im Jahr 1864/1865 entstand (MEGA² II/4.2. S. 386). Exzerpiert hat er das Buch aber erst im vorliegenden Heft; er setzte diese Auszüge im Folgeheft „Heft II. 1869“ fort. Diese umfassenden, sich über zwei Hefte erstreckenden Exzerpte sind auf Februar/März 1869 zu datieren. Dafür spricht, dass Marx am 3. März 1869 in einem Brief an Engels auf ein Problem verwies, auf welches er bei der Lektüre von Feller/Odermann gestoßen ist. Er fragte Engels: „À Propos. Was versteht das deutsche Kaufmannsvieh 1) Unter Primage? 2) Unter Courtage für den Remboursbank?“ (Marx an Engels, 3. März 1869.) Engels antwortete am 7. März 1869: „Primage beim Wechselcours oder Wechselpraxis ist mir unbekannt. Bei Frachten heißt es ein Zuschlag zur gewöhnl. Fracht, z.B. man zahlt 36/– p. Tonne Fracht & 10% Primage, also in Wirklichkeit 39/6d – Gibst Du mir die Stelle, so werd’ ich’s wohl herauskriegen. Courtage für den Rembours ist auch ein sehr liederlich gefaßter Ausdruck & wäre die ganze Stelle auch hier nützlich. Wahrscheinlich soll es Courtage, d.h. brokerage bedeuten für das Einziehen des Betrags eines protestirten Wechsels vom Aussteller.“ Diese Begriffe tauchen im zweiten Teil des Exzerpts in „Heft II. 1869“ ab S. 22 auf beziehungsweise auf S. 26 bis 31. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Stellen spätestens in den ersten März-Tagen exzerpiert worden sind und die vorangegangenen Auszüge im Februar angefertigt wurden, so dass das vorliegende Heft noch im Februar 1869 beendet worden ist. Da die Exzerpte in „1869 I Heft“ mit 30 Manuskriptseiten und in „Heft II. 1869“ mit 36 Manuskriptseiten sehr umfangreich sind, hat Marx wohl unmittelbar nach den Exzerpten aus Goschen im Februar damit begonnen. Abgeschlossen hat er sie dann in Heft II spätestens Anfang März 1869. Denn zwar lassen sich die in „Heft II. 1869“ unmittelbar folgenden Exzerpte aus einem Buch von John Leslie Foster auf 27. Februar bis 1. März 1869 datieren (siehe Entstehung und Überlieferung zu „Heft II. 1869“), aber die am 3. März vorgebrachte, sich auf Materialien aus Feller/Odermann beziehende Frage an Engels lässt es als wahrscheinlich erscheinen, dass sich Marx noch nach dem 1. März mit Feller/Odermann beschäftigte. Entweder stellte Marx die Frage kurz nach Abschluss der Exzerpte aus Feller/Odermann oder er unterbrach kurz seine Exzerpte aus Feller/Odermann, dabei einige Seiten im Heft frei lassend, für die Exzerpte aus dem Buch von Foster – das ihm Engels in einer Manchester Bibliothek ausgeliehen hatte und er schnell zurückschicken musste – und beendete die Auszüge aus Feller/Odermann erst nach denen aus Foster.

67Marx fertigt Auszüge aus fast allen Teilen des Lehrbuchs an. Ausgenommen hat er nur die grundlegenden Rechenarten, die im Lehrbuch in den ersten vier Kapiteln erklärt werden. Aus den übrigen neunzehn Kapiteln, welche die spezielleren kaufmännischen Rechenoperationen betreffen, exzerpiert Marx durchweg. Hervorzuheben ist, dass er eine Vielzahl von Beispielrechnungen notiert. Allerdings rechnet er in den vorliegenden Exzerpten keine Übungen mit selbst gewählten Größen durch, wie dies an anderer Stelle behauptet wurde (MEGA² II/4.3. S. 446/447).

68Die vorliegenden Exzerpte beginnt Marx mit dem vierzehnten Kapitel Wechselrechnung unter der Überschrift „I) Wechselrechnung etc.“ (S. 109). Ein Hinweis auf die Verfasser oder den Titel des Lehrbuchs ist in den gesamten Exzerpten nicht zu finden. Die Fortsetzung der Exzerpte in „Heft II. 1869“ trägt die Überschrift „Kaufmannsrechnung. (Continuatio)“ („Heft II. 1869“, S. 1). Der Einstieg mit der Wechselrechnung könnte einen Hinweis auf den Anlass zu diesem Exzerpt geben. Die Hinwendung zu dem Buch könnte nämlich durch ein Problem im vorangegangenen Exzerpt aus Goschens „The Theory of the Foreign Exchanges“ motiviert worden sein. Goschen spricht dort von der Schwierigkeit der Bestimmung des Pariwerts und der Umrechnung von internationalen Wechseln zwischen verschiedenen Währungsregimen, zum Beispiel von einem Land mit Gold- in ein Land mit Silberwährung. Marx exzerpierte Goschens Überlegungen hinsichtlich der Umrechnung – und da in dem Lehrbuch genaue Erklärungen der Wechselrechenverfahren zu finden sind, liegt es nahe, dass Marx auch aus diesem Grund das vorliegende Exzerpt begonnen hat. Der Zusammenhang mit dem vorangegangenen Exzerpt wird dadurch unterstrichen, dass Marx für seine kritische Bemerkung zu Goschen Angaben aus Feller/Odermann verwendet (S. 89). Die herangezogenen Daten stammen aus dem Kapitel zur „Berechnung des Gold- und Silberverhältnisses“. Marx greift für den Kommentar zu Goschen offenbar auf die Stelle im Buch zurück, da er in der Exzerptstelle einen Fehler macht, den er nicht in seinen Kommentar übernimmt (siehe „Heft II. 1869“, S. 16).

69Bei seinem Exzerpt zur Wechselrechnung, das er mit dem folgenden Kapitel zur Arbitragerechnung fortsetzt, scheint Marx auf das Problem gestoßen zu werden, nicht hinreichend mit der „Kettenregel“ (das heißt hier dem zusammengesetzten Dreisatz) und der gerade in der Arbitrage sich daran anschließenden Prozentrechnung vertraut zu sein, die zum Verständnis der Beispielrechnungen wichtig sind. Er unterbricht daher das Exzerpt dieses Kapitels und fertigt unter dem Titel „Intermezzo. (Kettenregel, und Prozentrechnung)“ (S. 118) Auszüge zunächst zur Kettenregel an und springt dann, weil die Kettenregel aus Dreisätzen besteht, noch weiter zurück zur „Regel de Tri“.

70Danach exzerpiert Marx die sich anschließenden Kapitel 6 (Alligationsrechnung) bis 10 in der Abfolge, wie sie im Lehrbuch zu finden sind. Nach dem zehnten Kapitel geht Marx dann allerdings nicht von der Terminrechnung auf die Gold- und Silberrechnung über – wie es der Abfolge im Buch entspräche –, sondern knüpft stattdessen an der Abbruchstelle im Kapitel zur Wechselrechnung an. Danach liest und exzerpiert er noch das folgende Kapitel zu den „Staatspapieren und Actien“ und kehrt dann erst zur „Gold- und Silberrechnung“ zurück; sein Exzerpt schließt er mit dem letzten Kapitel zu der „Berechnung der Seeschäden“ ab.

71Eine Besonderheit der Exzerpte besteht darin, dass Marx keine Seitenangaben notiert. Wie erwähnt, ist ferner weder im Text noch in den von Marx erstellten Inhaltsverzeichnissen ein expliziter Hinweis auf den Titel des Buchs oder dessen Verfasser zu finden. Obwohl Marx in der Regel – mit der großen Ausnahme des genannten Einschnitts – dem Aufbau des Buchs folgt, übernimmt er nicht in allen Fällen die Unterteilung von Feller/Odermann. In einem Fall erhebt er sogar einen kleingedruckten Zusatz zu einem eigenständigen Überschriftspunkt: „IV. Wechselreiterei“ („Heft II. 1869“, S. 2; siehe Feller/Odermann, S. 385). Da Marx somit weder Seitenzahlen noch Überschriftsnummerierungen oder Paragraphennummern notiert, ist das Exzerpt offenbar nicht so angelegt, dass es zusammen mit dem Buch herangezogen werden sollte. Es ist – worauf außerdem die zum Teil eigenen Überschriften hindeuten – daher als eigenständig zu benutzendes Arbeitsmaterial anzusehen. In dieses Bild passt auch, dass Marx die von Feller/Odermann gegebenen Erklärungen gelegentlich umgruppiert (wie beispielsweise S. 134), also nicht einfach abschreibt, sondern dem Sinn der Erläuterungen folgt und mitunter die umständlichen Satzkonstruktionen deutlicher fasst.

72Besonders hervorzuheben ist, dass sich Marx zu den einzelnen Punkten eine Vielzahl der Beispiele notiert, welche den allgemeinen Erläuterungen beigegeben sind; er exzerpiert aber nicht zwingend alle Beispiele, sondern häufig nur eine Auswahl. Die Rechnungsbeispiele scheint Marx überdies genau nachvollzogen zu haben, wofür mehrere Umstände sprechen: 1) In vielen Fällen ergänzt er die Rechnungen mit eigenständigen Zwischenschritten (beispielsweise auf S. 119/120); 2) zuweilen versieht er die Rechnungen mit eigenen Zusätzen (S. 123) oder 3) nimmt eigene Ausrechnungen vor (S. 120 oder „Heft II. 1869“, S. 32). Daneben ist auch eine eigenständige Anwendung von Regeln zu finden (S. 125). An einer Stelle vereinfacht Marx die Beispielrechnung (S. 123) und an zwei Stellen hat er sich sogar an einer Klärung in einer allgemeinen Formel probiert (S. 128 und „Heft II. 1869“, S. 36). Trotz dieser Hinweise auf einen genauen Nachvollzug der Beispielrechnungen kommt es aber auch an einigen Stellen zu Abschreibefehlern bei Marx („Heft II. 1869“, S. 30). Die Übungen, die das Lehrbuch neben den Beispielen in großer Zahl enthält und deren Lösungsergebnisse im Anhang des Buchs stehen, hat Marx nicht gerechnet. Offenbar schien ihm die Vielzahl an Beispielen, die in der Regel umfangreich mit Lösungsschritten vorgeführt werden, zum Verständnis ausreichend gewesen zu sein, zumal bei Feller/Odermann zumeist mehr als ein Beispiel angegeben ist und Marx sich häufig auch mehr als ein Beispiel notiert.

73Für eine weitergehende Nutzungsabsicht spricht auch der Umstand, dass sich Marx im zweiten Teil der Exzerpte umfangreiche Tabellen und Aufstellungen zu den Maßeinheiten und Gewichten in sein Exzerptheft einträgt („Heft II. 1869“, S. 18–21), die bei Feller/Odermann im sechszehnten Kapitel dargeboten werden (Feller/Odermann, S. 402ff.) Das ist besonders deshalb bemerkenswert, weil sich das Buch in seinem Besitz befand und eine Notierung daher nicht nötig gewesen wäre. Marx ergänzt die Angaben aber nachfolgend auch in eigener Auswahl für Frankreich, London, Berlin und Petersburg mit einer Aufstellung aus dem Anhang (Feller/Odermann, S. 482ff.) und springt dann erneut in das Kapitel zurück, um sich weitere Maßangaben zu notieren (Feller/Odermann, S. 404). Dies deutet darauf hin, dass sich Marx hier bewusst eine Übersicht erstellt hat. Noch weiter geht er in seinen Tabellen zu den internationalen Wechselverhältnissen, denn sie werden von ihm mit Beispielzahlen ergänzt (siehe S. 135 u. 137). Dies macht deutlich, dass Marx diese Zusammenstellungen wahrscheinlich noch weitergehend verwenden wollte.

74Die vorliegenden Exzerpte weisen nur wenige Randanstreichungen auf (insgesamt lediglich vier: S. 132 u. 133 und „Heft II. 1869“, S. 11 u. 25); Marx’ Unterstreichungen im Exzerpttext gehen häufig auf Hervorhebungen im Lehrbuch zurück.

75Das Buch von Feller/Odermann ist in Marx’ Bibliothek überliefert (MEGA² IV/32. Nr. 417). Es weist etliche Markierungen auf, die Marx mit verschiedenen Stiften angefertigt hat und daher wahrscheinlich aus unterschiedlichen Zeiten stammen. Einige Beispiele im Buch sind – nach ihrer Folge in den Exzerptheften – (neu) nummeriert. Verbesserungen am Rand zeugen abermals von einer genauen Lektüre und dem Nachvollzug der Rechnungen, denn korrigiert wurden nicht nur einzelne Druckfehler, sondern auch falsche Zahlen in Rechnungen. Verbale Kommentare gibt es nicht.

76Die Arbeit an den vorliegenden Exzerpten schlug sich in Manuskript II zum zweiten Buch des „Kapital“ nieder, an dem Marx zwischen 1868 und Mitte 1870 schrieb. In einer Fußnote des ersten Kapitels lobte Marx – offensichtlich Feller/Odermann im Blick habend – die „modernen deutschen Lehrbücher über ‚Kaufmännische Arithmetik‘“, die „sich durch Universalität, klare Fassung der entscheidenden Gesichtspunkte u. Beseitigung nutzlosen Detailkrams vortheilhaft“ auszeichnen würden gegenüber „den abscheulichen, Lombardstreet riechenden englischen ‚Cambists‘“ (MEGA² II/11. S. 33.36–39), das heißt den englischen Bank- und Devisennachschlagewerken. Diese Fußnote ist ungefähr während der vorliegenden Exzerpte entstanden, denn Marx kommentiert an dieser Stelle auch die Besprechungen des Buchs von Ernest Seyd in der „Money Market Review“ und im „Economist“, die er im Januar 1869 rezipiert hat. Marx lernte „Das Ganze der Kaufmännischen Arithmetik“ also durch die Arbeit mit dem Buch sehr zu schätzen.

77Marx beschäftigte sich nicht nur im Jahr 1869 mit dem Lehrbuch. Er zog es später erneut heran (IISG, Marx-Engels-Nachlass, Sign. A 101, B 141 und B 142). Ausgangspunkt wird das Lehrbuch des Weiteren in einer Notiz „Über Profitrate, Kapitalumschlag, Zins und Rabatt“, die wahrscheinlich im Jahr 1878 entstanden ist (MEGA² II/14. S. 155–162).

Zeugenbeschreibung

    • H Originalhandschrift: IISG, Marx-Engels-Nachlass, Sign. B 113/B 105.
    • Beschreibstoff: Schreibheft aus weißem Papier, 142 Seiten.
    • Zustand: Gut erhalten.
    • Schreiber: Marx.
    • Schreibmaterial: Schwarze Tinte.
    • Paginierung: S. 1 bis 138 von Marx paginiert.
    • Vermerke fremder Hand: Archivstempel IISG; Signaturvermerk mit Bleistift: DE und DE0.

Zitiervorschlag

Graßmann, Timm; Jakob, Norman; Akashi, Hideto: Entstehung und Überlieferung zu „1869 I Heft“. Exzerpte aus den Jahrgängen 1868 von „The Money Market Review“ und „The Economist“ sowie aus Werken von George Joachim Goschen und Friedrich Ernst Feller/Carl Gustav Odermann. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital, hg. v. der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://megadigital.bbaw.de/exzerpte/intro.xql?id=M0001260. Abgerufen am 19.03.2024.