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| Geehrter Herr!

Ihr Vertrauen auf mein Geschick als Mittelsperson in der Angelegenheit ihres Freundes setzt mich in Verlegenheit. Ich habe mich seit Jahren mit nichts Anderm als Militärwissenschaften abgegeben und bin deshalb auf dem fraglichen Gebiete nicht so orientirt, wie ich sein müßte, um Ihnen wirklich von Nutzen sein zu können.

Was ich in Betreff der Journale zu sagen weiß ist Folgendes: Das eigentlich für den fraglichen Gegenstand bei uns passende Blatt wäre „Das Gewerbeblatt aus Würtemberg“. Sein Redacteur ist der dem hiesigen Musterlager so wie der ganz offiziellen Industrie vorstehende Director Dr. v. Steinbeis. Das Blatt gibt aber nur kurze Kritiken; gleichwohl würde ich es damit versuchen, da ich einen Freund habe, der dort einigen Einfluß besitzt.

Dieses Blatt hat gar keine politische Färbung, sondern lediglich praktische Tendenz; es wird von der Kön. Centralstelle für Gewerbe u. Handel herausgegeben. Sein Leserkreis ist ziemlich umfangreich. Dieses Blatt ist mit unserm politischen Hauptblatt – weil Regierungsblatt – dem Staatsanzeiger für Würtemberg verbunden. Der Staatsanzeiger ist ein conservatives Blatt u. bringt auch Bücherbesprechungen; er ist nicht so exclusiv, daß er nicht auch Besprechungen über Werke entgegengesetzter Richtung aufnähme. Ob er aber ihm zugeschickte Kritiken ohne Weiteres nimmt, vermag ich nicht zu bestimmen. Ich kenne einen seiner Redacteure oberflächlich, nicht so, daß ich einen bestimmenden Einfluß auf ihn hätte. Doch könnte man es probiren.

Das gelesenste Blatt in Würtemberg ist der schwäbische Merkur, er hat mindestens 10,000 Abonnenten. Seine Tendenz ist der Liberalismus des Spießbürgers mit stark preußischer Färbung. Ich habe früher in das Blatt geschrieben, bin aber gleichwohl mit | der Redaction nicht intim. Kritiken über Werke, wie das fragliche, bringt der Merkur unbedingt; ob er aber ihm zugeschickte ohne Weiteres aufnimmt, ist die Frage. Jedenfalls müßte man es probiren. Das geistreichste Blatt in Württemberg ist der demokratische Beobachter. Auch er bringt Kritiken. Ich habe einen Freund, der Einfluß auf die Redaction hat und der mir wohl an die Hand gehen würde. Weitere Blätter, über die ich aber nichts Näheres angeben kann, wären etwa:

Die Zeitschrift für Staatswissenschaft; kommt in Tübingen heraus. Das Heilbronner Tageblatt, beeinflußt die dortige Handelswelt. Der Schwarzwälder Bote, eine politisch belletristische Zeitschrift für den Schwarzwald mit großem Leserkreis.

Das deutsche Volksblatt, Organ der Ultramontanen, aber in Oberschwaben viel gelesen.

Die Ulmer Schnellpost.

Außer Württemberg hatte ich in frühern Jahren wohl ziemlich Verbindungen, aber sie haben sich alle gelöst u. ich könnte Ihnen dort wohl schwerlich nützen.

Seien Sie indessen von meinem guten Willen überzeugt. Ich glaube, Sie sollten mir zunächst für den schwäbischen Merkur und den Beobachter Etwas senden.

Meine Frau und Tochter lassen sich Ihnen bestens empfehlen.

Mit vollk. Hochachtung

ergebenst

Seubert, Obstlt.

Ludwigsburg d. 28. Nov. 67.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Anmerkungen zum Dokument

Originalhandschrift: IISG, (Kleine Korrespondenz. Kugelmann.) Erstveröffentlichung: Dlubek, Skambraks: „Das Kapital“ von Karl Marx in der deutschen Arbeiterbewegung (1967). S. 127–129. Der Brief ist eine Beilage zu: Louis Kugelmann an Friedrich Engels in Manchester. Hannover, Samstag, 30. November 1867.

 

Zitiervorschlag

Adolf Friedrich Seubert an Louis Kugelmann, 28. November 1867. In der Handschrift von Gertrud Kugelmann. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0004857. Abgerufen am 18.04.2024.