| Mchr 17 Novbr 69

Lieber Mohr

Ich hoffe der Arsenik & die Bewegung wird dem bewußten „Bedenklichen“ ein rasches Zoruck zugedonnert haben. Aber ebenso hoffe ich daß Du aus diesen stets erneuerten Rückfällen endlich zu dem Schluß kommen wirst daß eine rationellere Lebensweise angefangen werden muß. Du selbst vergiftest Dein Blut indem Du Dir eine regelmäßige Verdauung unmöglich machst. Und arbeitest dabei sicher nicht dasselbe Quantum (& Quale) fertig was Du unter normaleren Verhältnissen fertig brächtest.

Das idyllische Drama „Familienglück coram Philistaeo(?)“ ist wirklich bezaubernd. Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll, die Fadaise der Redner(?) & Poeten (nur unterbrochen von dem schlechthinnigen Blödsinn des versoffenen Karl Beck) oder die Zudringlichkeit der Familie die Solches als „Manuscript für Freunde“ (also public für Nichtfreunde) drucken läßt. Wie aber ein edler Freiligrath die kühnen Worte eines zartfühlenden Walesrode kann drucken lassen: daß der Dichter Freil. es auch in den Gütern dieser Welt zu etwas gebracht (durch den Bettel) das ist mir nicht so ganz klar. Ich hätte die Gesichter sehen mögen in der Familie als diese Worte fielen.

Monsieur Ledru rechnet sicher auf nichts Andres als Dictatur. Louis Bläncchen taucht ja auch wieder auf, als ob gar nichts vorgefallen wäre – warum nicht die Andern? Aus der Bourgeoispresse ist in | einem Moment wie der jetzige gar Nichts zu ersehn über das was wirklich vorfällt, & selbst die revolut. Presse reicht nicht hin Einen aufzuklären. Sicher ist die Konfusion groß, ebenso sicher auch die Krisis noch nicht so sehr nah. Dennoch hat ein General in Paris gesagt: Nous avons encore un Empereur, mais l’empire n’existe plus.

Mit den Russen gehts flott voran in Asien. Sie haben jetzt auch schon glücklich Krieg mit dem früher dem früher den Chinesen unterworfnen aber jetzt sich unabhängig gemacht habenden Chan von Kaschgar. Wenn sie diesen unterwerfen so stoßen sie direkt an Länder die schon unter engl. Botmäßigkeit stehn (Ladak, Kaschmir) & sind ca 200 Meilen von der engl. Gränze. Die Mittheilungen Vamberys (aus der A. A. Z. in engl. Blätter übergegangen über die Mogeleien in Buchara (wo nach Vertrag russ. Waaren 3% englische 40% Zoll zahlen!), Afghanistan pp wirst Du gesehn haben. Die Dummheit John Bulls wird, kraft seiner Aufgeblasenheit, immer größer.

Der beste Witz der Irländer ist doch der, O’Donovan Rossa als Kandidat für Tipperary aufzustellen. Wenn das gelingt, ist Gladstone in einer schönen Klemme. Und jetzt wieder Amnestie in Italien.

Über die Debatten pp in der Interne hoffe ich nächsten Sonntag in der Beehive Ausführliches zu lesen. Etwaige Documente schick mir ja zu. Vorigen Sonntag hatte die Beehive nichts über die Internationale dafür aber wohl über die Hochzeit der Töchter des Duke of | Abercorn.

Prendergast, Cromwellian Settlement ist out of print. Du wirst mich also sehr verpflichten wenn Du es mir sofort antiquarisch bestellst. Butt’s Irish people: none in London. Andre irische Pamphl. z. B. die von Lords Rosse & Lifford: Cannot find. Dies die Antworten die mein Buchhändler von seinem Londoner Kommissionär erhielt & mir dabei sagte daß überhaupt der engl. Buchhandel sich nicht damit befassen könne in Irland erschienene Sachen zu besorgen da es nicht üblich sei einen Corresp. in Dublin zu haben, sondern bloß in London. Ich werde nun direct an Duffy in Dublin schreiben.

Ich habe hier noch manches sehr Brauchbare über Irland gefunden. Wolfe Tones Memoirs usw. d. h. im Katalog. Sobald ich diese Sachen in der Bibliothek verlange, sind sie, wie Wakefield, nicht zu finden. Irgend ein alter Kerl muß einmal den ganzen Kram zusammen gehabt haben & en masse retournirt so daß der ganze Haufe irgendwo versteckt liegt. Jedenfalls müssen die Sachen gefunden werden.

Der weise Bourgeoisdenker ist Goldwin Smith on Irish History and Irish Character. Irland ist von der Vorsehung zu einem grazing land bestimmt, der Prophet Léonce de Lavergne hats geweissagt, ergo pereat das irische Volk!

Über Carey wollte ich heute schreiben, bin aber unterbrochen. Ehestens.

Beste Grüße an alle ladies

Dein
F. E.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen festem, weißem Papier im Format 228 × 180 mm. Wasserzeichen: „A Pirie & Sons / 1868“. Engels hat die ersten drei Seiten vollständig beschrieben, die vierte Seite ist leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von Eduard Bernsteins Hand: Numerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten: „464“ (schwarze Tinte) bzw. „90,1–3“ (Bleistift); redaktionelle Vermerke und Streichungen mit Bleistift.

Von Heinrich Dietz’ Hand: Numerierung des Briefes oben auf der ersten Seite mit Bleistift: „1153“.

Von unbekannter Hand: Unterstreichungen auf der dritten Seite mit Blaustift.

 

Zitiervorschlag

Friedrich Engels an Karl Marx in London. Manchester, Mittwoch, 17. November 1869. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0001223. Abgerufen am 19.04.2024.