| Hannover den 5-11-69.
Geehrter Herr Doctor!
Siehe ferner das erneute Schreiben
des Ausschusses vom 16. November 1969 und
das Schreiben vom 12.
Januar 1870
Schließen Wir nehmen uns die
Freiheit, und hoffen daß
Sie uns entschuldigen werden, wenn wir uns in der größten Noth vertrauensvoll an
Sie wenden, mit dem Wunsche daß Sie unserer Bitte ein williges Ohr leihen. Wir
bitten zwar nicht für uns, wohl aber für unsere nothleidenden Brüder in
Lüneburg, welche in die größte Noth dadurch gerathen sind, weil Sie einen Ihrer
Brüder, welcher fürs Recht in die Schranken trat, nicht verlassen wollten, weil
derselbe dagegen protestirte, daß man Kinder welche die Schule besuchten, nicht
in der Gieserei verwenden sollte, weil nur dadurch der Lohn herab gedrückt
würde, darum sollte derselbe entlassen werden. Aber sämmtliche Former 90 an der
Zahl erklärten die Arbeit niederlegen zu wollen, wenn ihr Kamerad entlassen
würde. Die Direction der betreffenden Fabrick fügte sich diesem nicht, und somit
legten alle die Arbeit nieder. Gewiß ein Beispiel der größten Aufopferung, wenn
man bedenkt, daß 60 Familienväter darunter sind
| welche sich also selbst
der größten Noth und dem Kummer Preiß gaben. Seid 4 Wochen sind diese wackeren
Leute arbeitslos und ist die Noth auf den höchsten Gipfel gestiegen, es sind
freilich alle Mitglieder der Teil-/Vorgängerorganisation der Internationalen
Metallarbeiterschaft.
Schließen Allg.
D. Metall-Arbeiterschaft, aber durch den gegenwärtigen
Zwiespalt, welcher durch den noblen Herrn Dr v. Schweitzer in die Gewerkschaft
geschleudert ist, und durch die unvorhergesehenen Arbeits-Einstellungen
in Hamburg und Mainz, ist es uns nicht möglich geworden, dieselben gebührend zu
unterstützen. – Wenn wir nun in Vorstehendem Ihnen in gedrängter Kürze eine
Scizze von der Calamität der unglücklichen Lüneburger Arbeiter vor Ihren Augen
entrollt haben, so glauben wir, daß dieses an Sie gerichtete Gesuch in Ihren
Augen entschuldigend dastehend wird. Wir vergegenwärtigen uns ja noch so recht
die
Augenblicke, wo wir 5 Mann der Metallarbeiterschaft bei Ihnen, verehrter Herr
Doctor vorsprachen, um Ihren maaßgebenden Rath Betreffs
unserer Stellung als Parthei zu Schweitzer und Liebknecht (als Parteiführer) anzuhören. Ihr wohlmeinender,
unpartheiischer, von der Wissenschaft dictirter Rath, ist uns nicht umsonst
gegeben worden,
denn wir
haben uns vom Verband getrennt. Aber um die Vereinigung der
Metallarbeiter aller Partheien Deutschlands
| zu erzielen, Siehe dazu: Internationale Metallarbeiterschaft.
In: Der Volksstaat. Nr. 24, 22. Dezember 1869. S. [3], Sp. 3 bis S. [4],
Sp. 1. Der Beitrag enthält ein „Protokoll des Metallarbeiter-Congresses
zu Braunschweig vom 28.-30. November 1869.
Schließen haben wir einen
Congreß
auf den 28.
29
u. 30 November, auf Grund des
Internationalen Programms einberufen. Wir sind der Überzeugung, daß nur auf
diesem, von Ihnen proteschirten Wege, das Ziel erreicht werden kann, und somit
auch diesen Umtrieben von Schweitzer und Genossen ein Ende gemacht werde. Herr
v. Schweitzer schreibt zwar in Betreff des Lüneburger Stricks, der
Verbands-Ausschuß habe für die Lüneburger Mitglieder eine angemessene Summe
ausgesetzt, aber am heutigen Tage erhalten wir einen Brief von da her, in
welchen uns die Mitglieder eröffnen, daß Ihnen trotz Schweitzers Bekanntmachung
noch kein Pfennig zu Theil geworden ist, also nichts als Lügen und Schwindel,
nichts als leerer Wind. Ich habe es nicht nöthig Ihnen die Person des werthen
Doctors zu erklären, Sie, werther Herr, kennen Ihn besser als ich. Dieser Mann
würde, wenn sich die deutschen Arbeiter nicht selbst emancipirten, noch der
Todengräber aller Emancipation aller Arbeiter sein. Wir hätten es wohl nicht
gewagt, dieses Gesuch an Sie zu richten, wenn nicht von Seiten Ihrer Parthei
noch Proben genug, unaufgefordert, hier in Deutschland geliefert wären, darum
richten wir uns auch in diesem Falle vertrauensvoll an Sie, um unser Gesuch
betreffenden Ortes zu befürworten. Anschließend an Alles vorhergehende, glauben
wir Sie noch auffordern
| zu müssen, eine geeignete Persönlichkeit, der dort
fungirenden Internationalen Association als
Delegirten zu unserm Congreß zu senden, um mit Rath und That bei demselben uns
zur Seite zu stehen. Sollten diesem letzt ausgesprochenen Wunsche vielleicht
Hindernisse im Wege stehen, so geben wir uns der gewissen Hoffnung hin, daß Sie
uns umgehend, brieflich Ihren wichtigen Rath in dieser Angelegenheit mittheilen
werden, und mögen sich dieserhalb an die Adresse des Herrn J. Hamann, Charlottenstr. 65 in Linden v. Hannover
wenden.
In der Erwartung daß Sie uns thatkräftig zur Seite stehen zeichnet
hochachtungsvollder Ausschuß der Metall-Arbschaft. Carl Bomm.
-
J. Hamann Hauptkassier der Metallarbeiterschaft R. Jacobi W. Schwabe. Chr. Wulf H. Cammann H. Feuerhahn. W Sievert C Hunselmann.
[Stempel: PRÄSIDIUM
A.D.M.A.]
Zeugenbeschreibung und Überlieferung
Zeugenbeschreibung
Soweit aus der Fotokopie zu ersehen ist, besteht der Brief aus einem Bogen weißem Papier. Prägung: „Allgemeine Deutsche / Metallarbeiterschaft“. Carl Bomm hat alle vier Seiten vollständig beschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.
Stempel in blauer Tinte unterhalb der Unterschriften auf der vierten Seite: „Präsidium A.D.M.A.“.
Archivsignatur des Moskauer Marx-Engels-Instituts (IMĖ) auf allen beschriebenen Seiten oben links: „Rj 112a–d“ (Bleistift).
Zitiervorschlag
Hannoverscher Ausschuß der Internationalen Metallarbeiterschaft an Karl Marx in London. Hannover, Freitag, 5. November 1869. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0001211. Abgerufen am 20.04.2024.