| Mchr 25 Juli 69.

Lieber Mohr

Wegen der £ 75.– laß Dir keine grauen Haare wachsen, sobald Gottfried mir mein nächstes Instalment zahlt, dh. sobald die Bilanz fertig ist & die Contracte unterschrieben, schick’ ich sie Dir. Sorge nur dafür daß so etwas in Zukunft nicht wieder vorkommt, Du weißt, unsre Berechnung ist sehr knapp gemacht & läßt absolut keinen margin für Extravaganzen. Ich führe auch seit 1 Juli Buch über alle Ausgaben um zu sehen was mich der Kram kostet & um zu wissen wo im Nothfall beschnitten werden muß.

Der neue Karbunkel beweist daß Du unverzüglich wieder Arsenik saufen mußt. Schieb’ es keinen Tag länger auf. Du hättest schon den hiesigen Casus unterm Arm Dir zur Warnung dienen lassen & damit anfangen sollen. Das Ding Arseniktrinken stört Dich ja in Deiner sonstigen Lebensweise absolut nicht, setz es also ruhig 3–4 Monate fort um den Kram endlich loszuwerden.

Was nun die Reise angeht, so würde ich an Deiner Stelle, sobald Jenny soweit ist & Dein Karbunkel geheilt, aufpacken. Den Reiseplan kannst Du dann ganz nach Belieben einrichten & den p.p. Kugelmann ebenfalls besuchen. Auf diese Weise – indem Du Deine Reisezeit & seine Badezeit nicht eher oder nur theilweise zusammenfallen läßt, kommst Du am besten an der Karlsbader Geschichte vorbei. Amicus Kugelmann ist in Beziehung auf seinen Gesundheitszustand jedenfalls stark Hypochonder, & würde allerdings ein etwas trüber Badecollege in Karlsbad sein. Da ich vor 15–20 August ohnehin nicht frei werde, wäre es Wahnsinn wenn wir auf irgend etwas Combinirtes speculiren wollten. Werde ich früher frei so kann man immer noch sehn was zu machen ist.

| Der Mrs Monroe würde ich aber gefälligst etwas ernstlich zu Leibe rücken. Jenny sollte hingehn & ihr gradezu sagen sie brauchte die cash. Vielleicht erwartet Mrs M. die Einreichung einer förmlichen Rechnung: Mrs M. to Miss Marx. To one halfyears tuition pp. Aber falls Jennys Besuch nichts hilft würde ich ihr an Deiner Stelle einen höflichen jedoch gemessenen Brief schreiben. Diesen Schotten muß man zeigen daß man weiß was business ist, sie respectiren Einen dann um so mehr.

 Gemeint ist der Brief von W. Liebknecht an Marx, 22.7.1869.
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Die Unverschämtheit des braven Wilhelm übersteigt wirklich das Mögliche.
Dir noch beweisen zu wollen daß er sich mit seiner Lügengeschichte „innerhalb der Grenzen Deines Briefs“ gehalten hat! Wie faul dabei sein Gewissen, beweist daß er dabei den ihm sonst so verhaßten Ausdruck „Rechnung tragen“ gebraucht, & die schließlichen Rührungsappelle an Dein gutes Herz. Dieser Schwachkopf verlangt wir & die ganze Internationale sollen alle seine Wandlungen in re Schweitzer mit durchmachen, Friede schließen wenn er Friede schließt, auf S. loshauen wenn er drauf loshaut, & ihm dabei zu erlauben im Namen der Internat. drauf los zu lügen sobald er es für „nothwendig“ hält. Dabei will Er dem Congreß vorschreiben, wer zugelassen werden soll & wer nicht.

Auch gut daß Er Dir in der Vogtgeschichte  Karl Marx: Herr Vogt. London 1860. Siehe auch Engels an Marx, 29.1.1869 und Marx an Engels 19.3.1869.
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die Abwehr
„überlassen!“ hat & „aus Parteirücksichten“. Der Mann kommt sich wirklich gewissermaßen ernsthaft vor.

Und wie faul die Geschichte mit den Fabrikinspectoren! Die Regierung will platterdings welche einführen aber Liebknecht hat sie daran verhindert, im wohlverstandenen Interesse der Arbeiter damit diese nicht dadurch bestochen werden! Bismarck durch Liebknecht verhindert! Wie heißt! Von der Pfiffigkeit dieser Politik gar nicht zu sprechen.

|  Karl Marx: Der Achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Ausg. Hamburg 1869. Siehe MEGA2 I/11.
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Den 18 Brümaire
gestern mit Dank erhalten. Das Buch liest sich viel besser in dem anständigeren Gewand & ohne die Druckfehler. Die Vorrede ist sehr gut. Sie sowohl wie das Buch selbst wird dem Wilh. keine Freude machen. Die Art wie die Demokr. & erst die Soz. Dem. behandelt werden, ist durchaus nicht Wasser auf seine Mühle, wohl aber auf seinen Kopf. Jetzt kann er übrigens nicht sagen daß er keine Agitationsschrift hat, wir wollen sehn was er damit anfängt.

Ich habe jetzt die Journals, Conversations and Essays on Ireland des Herrn Senior vor (1843–58). Mancherlei facts & einige hübsche Geständnisse, doch im Ganzen nur von speciellem Interesse weil ein so „respectabler“ Mann sie ausspricht. Daher für mich von Werth; 2 Bände 1868. Ich glaube nicht daß für Dich irgend etwas Neues darin sein würde.

Wenn der Schw. nicht ein so böses Gewissen hätte & wenn er nicht die Dummheit begangen der Intern. neulich zu drohen, so wäre er sicher auf Liebknechts Bannbulle eingegangen & hätte den Gen. Council wegen der Sache interpellirt, & da hättet Ihr den Monsieur Wilhelm doch desavouiren müssen. Warum aber, statt  Siehe Engels an Marx,21.7.1869.
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den S. im Namen der I. A. A. zu excommuniciren
, warum packt Wilh. den Schw. nicht bei jener Drohung, & versucht mit deren Hülfe den G. Council in die Lage zu setzen daß er gegen Schw’s Drohung etwas sagen muß? Der Kerl ist gar zu unbeholfen.

 Siehe L. Kugelmann an Marx, 17.7.1869.
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Die Geschichte mit Bracke ist auch gut.
Diese Lassalleknechte schreien immer nach Geld & nur Geld. Meiner Ansicht nach wäre es sehr unrathsam von Seiten der I. A. A. den Deutschen auch nur einen Pfennig zu schicken ehe sie selbst anständige Beiträge eine Zeitlang eingezahlt. Die Demoralisation die seit & durch Lassalle eingerissen ist, muß platterdings beseitigt werden.

|  L. Kugelmann an Marx, 17.7.1869.
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Inl. Kglm
 W. Liebknecht an Marx, 22.7.1869.
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& Wilh. zurück
. Dem K. schreibst Du wohl selbst wegen Deiner Reise. Schick mir den  L. Kugelmann an Engels, 13.7.1869.
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Brief von K. an mich
zurück damit ich ihm antworten kann, ohne etwas medizinischen Kohl läßt er mich nicht ab.

Tussy liest Götz v. Berlichingen, nachher geb’ ich ihr den Egmont. Das Laufen hat bei der Hitze so ziemlich aufgehört, heute wird es etwas kühler.

Beste Grüße von Allen an Alle.

Dein
F. E.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen festem, weißem Papier im Format 224 × 178 mm. Wasserzeichen: „A Pirie & Sons / 1867“. Engels hat die ersten drei Seiten vollständig, die vierte zu einem Drittel beschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von Eduard Bernsteins Hand: Numerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten: „452“ (schwarze Tinte) bzw. „65,1–4“ (Bleistift); redaktionelle Vermerke und Streichungen mit Bleistift.

Von Heinrich Dietz’ Hand: Numerierung des Briefes oben links auf der ersten Seite mit Bleistift: „1129“.

Von unbekannter Hand: Eine Streichung auf der zweiten Seite mit Blaustift.

 

Zitiervorschlag

Friedrich Engels an Karl Marx in London. Manchester, Sonntag, 25. Juli 1869. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0001120. Abgerufen am 20.04.2024.