| 22 Juli, 1869.

Dear Fred,

Die Unverschämtheit des Wilhelm im Namen des Internat. Generalraths Bannbullen zu erlassen, ist wirklich kolossal. Ich hatte ihm geschrieben, daß ich persönlich mich diesem Skandal (das alte Saumensch Hatzfeldt wünscht nichts eifriger als mich hineinzuziehn) fernhalte, um so mehr als ich ebenso decidirt gegen die Lassalle clique als gegen dieVolkspartei“. Ich hatte hinzugesetzt, Wilhelm könne anzeigen (dieß gegen Schweitzer), daß nur Vertreter wirklicher Mitglieder in Basel (nach den Beschlüssen des Brüßler Kongresses) zugelassen werden. Dieß hat er auch in einem Paragraphen der vorletzten Nummer gethan.

Nachdem er nun vergebens mich zu officiellen Schritten gegen S. sollicitirt, hat er die Unverschämtheit mich in diesen Skandal hineinzuzwingen! Ich schrieb ihm gleich, bei Empfang des letzten Wochenblatts, einen saugroben Brief, worin ich ihm ins Gedächtniß rufe, wie oft er mich schon compromittirt hat, u. ihm direkt erklärte, daß ich ihn öffentlich desavouire, sobald er wieder ähnliche Frechheit begeht. (Frechheit, die dazu direkt lügt, da | der Generalrath die Angelegenheit Schweitzer u. s. w. niemals einer Diskussion, also noch weniger einem Beschluß unterzogen hat.)

Es hängt nun davon ab, wie S., der arg provocirt ist, auftritt. Den Herrn Wilhelm werde ich mir „abschütteln“, wenn er mich zum drittenmal in Sauerei verwickelt. Der Kerl hat nicht einmal die Entschuldigung, daß er durch Dick u. Dünn mit uns geht. Er macht seine Dummheiten auf eigne Faust, verräth uns, wenn es ihm gutdünkt, u. identificirt uns mit ihm, sobald er sich nicht anders herauszuhelfen weiß.

Ich habe seit ungefähr 6 Tagen einen starken Karbunkel auf dem linken Arm, was in „diese Hitze“ nicht angenehm ist.

Ich hatte noch eine andre „familiäre“ Unannehmlichkeit. Ich bemerkte nämlich seit einiger Zeit, daß meine Frau mit dem Geld, das ich ihr wöchentlich gebe, nicht auskommt, obgleich die Ausgaben in keiner Weise gewachsen sind. Da ich durchaus nicht wieder in Schulden kommen will, u. da das Geld, was ich ihr letzten Montag gab, gestern schon wieder „alle“ war, ersuchte ich um Aufschluß. Da kam denn die Narrheit der Weiber heraus. In dem Schuldverzeichniß, was sie mir aufgesezt hatte für Dich, hatte sie about 75 £ unterdrückt, die sie nun aus dem Hausgeld by and by abzuzahlen suchte. Ich fragte, warum dieß? Antwort: Sie hätte sich gefürchtet, mit der grossen Gesammtsumme herauszurücken! Die Weiber bedürfen offenbar stets der Vormundschaft!

| Jennychen ist gestern zurückgekommen. Obgleich jezt ein halbes Jahr um ist, hat die Frau Monroe sie noch nicht gezahlt. Die Schotten halten fest am cash!

Mit der Reise weiß ich nicht, was zu thun. Du weißt, daß mein Zweck bei der Sache nur der ist, dem Jennychen eine ihm fast unentbehrliche Zerstreuung zu geben. Aber Kugelmann’s Krankheit hat alles verändert. Ich ginge nicht nach Karlsbad, um sein Krankenkamerad zu sein, selbst wenn ich eine Reise für mich bezweckt hätte. Und nun gar das Kind bei Frau Kugelmann als Gesellschafterin festzusetzen! Daraus kann absolut nichts werden. Du schreibst mir wohl Deine Ansicht, was zu thun ist.

Herrn Schweitzers Entdeckung, daß das Genfer Komite vorzugsweis aus Arbeitern besteht, ist gut! Bakunin u. Schweitzer Staatsräthe!

Dem Bonaparte sein wackliges Wesen wird bald Abfall unter den Generälen herbeiführen.

Zwischen Preussen u. Rußld scheint nicht ganz „gespielter“ Krakehl zu existiren.

Dem Meißner habe ich Montag bündig grob geschrieben.

Laura u. Lafargue u. Sohn sind jezt in Dieppe einlogirt. Mein Brief an | den alten Lafargue v. Paris hat den gewünschten Effect gehabt.

Salut

D
Mohr.

Sowohl aus Liebknechts Briefen, als aus dem Fritzsches geht deutlich hervor, daß der liebliche Wilhelm letztern an mich wegen des Geldes adressirt hat.

Welche Vorstellungen die Deutschen überhaupt über unsre Geldmittel haben, siehst Du auch aus einliegendem Brief Kugelmanns, voce Bracke. Die Kerls haben nie einen Pfennig hergeschickt. Der Generalrath schuldet 5 Wochen Miethe u. schuldet seinem Sekretair. Sonderbare Vorstellungen!

Die Biographiegeschichte brauche ich nicht zu sehn. Es scheint dieß eine Art Manie mit Kugelmann.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Zeugenbeschreibung

Soweit aus der Fotokopie zu ersehen ist, besteht der Brief aus einem Bogen weißem Papier. Marx hat die ersten drei Seiten vollständig und die vierte Seite etwa zur Hälfte beschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von Eduard Bernsteins Hand: Nummerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten oben rechts mit Bleistift: „62,1–4“; redaktionelle Streichungen.

Von unbekannter Hand: Nummerierung des Briefes links oben auf der ersten Seite mit Bleistift: „744“.

 

Zitiervorschlag

Karl Marx an Friedrich Engels in Manchester. London, Donnerstag, 22. Juli 1869. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0001116. Abgerufen am 23.04.2024.