| Mchr 6. Juli 69.

Lieber Mohr

 W. Liebknecht an Marx, 29.6.1869.
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Inl. Wilhelm zurück
. Es ist in der That toll was er Dich alles müssen, müssen, müssen läßt. Aber stets die alte Geschichte. Wenn er in Krakehl mit Schweitzer gerathen, mußt Du immer zu Hülfe gerufen werden. Das wird auch noch mehr vorkommen.

Wegen dem  IV. Kongress der IAA in Basel, vom 6. bis 11. September 1869.
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Baseler Congreß
hast Du ihm hoffentlich klaren Wein eingeschenkt darüber daß nur Vertreter wirklich Beigetretener zugelassen werden. Es wäre fatal wenn er & Bebel wegen Formfehlers ausgeschlossen werden müßten.

Was  Nicht überlieferter Brief von Engels an W. Liebknecht, vor 29.6.1869.
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meinen Brief
angeht, so ist sein Jammer über „Vorwürfe statt Geld“ genau das Gegenstück von Bismarks Klage: Meine Herren, wir fordern Brot & Sie geben uns Steine, als seine Steuern verworfen wurden. Der Punkt, der Herrn W. so „geärgert“ hat, war die Frage, wie er  W. Liebknecht an Engels, 12.4.1869.
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in demselben Brief
mir sagen könne,  Friedrich Engels: Der deutsche Bauernkrieg (1850). Siehe Marx an Engels, 3.3.1869. In der Folge erschienen 1870 zwei neue Drucke von Friedrich Engels’ „Der deutsche Bauernkrieg“, zum einen in Fortsetzungen vom April bis Oktober im „Volksstaat“ und zum anderen ein „2., mit einer Einleitung versehener Abdruck“ im Verlag des „Volksstaats“. Siehe MEGA2 I/10 und Friedrich Engels: Vorbemerkung zu „Der deutsche Bauernkrieg“ (1870). In: MEGA2 I/21. S. 167-174 und S. 1490–1493.
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er habe das Geld um den Bauernkrieg zu drucken
& daneben, er habe keins für das Blatt. Ferner, wie es sei, daß vor 1½ Jahren das Blatt bereits „gesichert“ war & jetzt sich doch noch nicht zahle? Davon schweigt Monsieur W. ganz, & entrüstet sich bloß sittlich darüber daß ich ihn an die mir damals von ihm freiwillig umgehend einzusenden versprochenen Actien erinnerte, die ich natürlich auch jetzt grade eben deswegen nicht besehen werde weil W. sagt daß ich sie „natürlich erhalte“. Die Erwähnung der Actien hatte nur den Zweck den Wilh. zu veranlassen sich über den Status des Blatts zu äußern, es ist mir nämlich ziemlich klar, daß W. & Consorten die Sache so bummelig | eingerichtet haben daß der Drucker oder sonst ein Gläubiger das Blatt mit Beschlag belegen & sie an die Luft setzen kann, sobald es sich zahlt. Es könnte in dem Falle dem Herrn W. sehr angenehm sein wenn er hier einige Actionäre sitzen hätte die ihren Rechtsanspruch zu seinen Gunsten gelten machen könnten. Hätte der Narr mir in zufriedenstellender Weise geantwortet (was aber schwerlich möglich war) so hätte er auch Geld bekommen, aber auf die bloße Aufforderung hin & ohne // , die sich dazu selbst widersprach, & ohne daß er sich weder wegen seiner früheren Bummelei entschuldigte oder auch nur über die Verhältnisse des Blatts ein Wort sagte, fiel mir das nicht ein. So wollen wir doch den W. nicht gewöhnen.

Wie sehr sein Siegesgeschrei verfrüht war, zeigen die 4 Sozialdemokraten die Du mir heute schicktest. Daß Schw. auch stark lügt ist sicher, aber er scheint doch momentan die Masse der rank and file gerettet zu haben. Indeß gehts doch stark abwärts mit ihm, & wenn er einen andern Gegner hätte als Wilh. so würde das den Prozeß sehr beschleunigen. Aber freilich der schwüle Kohl den Wilh. jetzt als  Wilhelm Liebknecht: Ueber die politische Stellung der Sozial-Demokratie. – Die Rede erschien zuerst im „Demokratischen Wochenblatt“ und später als selbständige Broschüre.
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seine „Rede
abdrucken läßt, wird nicht viel helfen. Der Bebel geht doch dem Schw. direkt auf den Leib & bringt einige fatale Sachen für ihn vor, wonach es doch wohl möglich wäre daß Schw. de seinen Theil von den dem Stieber überantworteten Welfenfonds erhielte.

Jedenfalls ist mit Wilh. nichts Anzufangen solange er nicht seine Organisation von der Volkspartei | ganz entschieden getrennt & sich mit diesen Leuten höchstens auf ein loses Cartelverhältniß gestellt hat. Auch gut daß er die Internat. auf den Titel seines Blättchens setzen will das dann zugleich Organ der Volkspartei und der I. A. Assoc. sein würde! Organ der deutschen Spießbürger und der europ. Arbeiter!

Auch ein schöner Standdpunkt von Wilh., daß man vom „jetzigen Staat“ Concessionen an die Arbeiter weder nehmen noch selbst erzwingen darf. Damit wird er verdammt viel bei den Arbeitern ausrichten.

Für Meißner kann ich Dir unmöglich rechtzeitig etwas fertig machen. Ich muß, bis die Bilanz fertig ist, wöchentlich mindestens 2–3 Mal in die Stadt laufen & voraussichtlich in den nächsten Wochen noch mehr, da ich den Kram genau controlliren muß. Mein Auge ist zwar viel besser, aber doch noch immer schonungsbedürftig, wenn ichs nicht wieder schlimmer machen will. Dazu muß ich noch eine Masse andrer Geldgeschichten, mein Privatrechnungswesen usw., jetzt ein für alle Mal in Ordnung bringen, & das hält mich auch sehr auf. Und dann ist es mir auch wünschenswerth grade in diesem speciellen Fall M’s Ansicht vorher zu hören da Du sagst daß er in diesen Sachen etwas kitzlich ist.

Sage Jenny ich würde ihr antworten sobald das bewußte Bier hier eingesprungen ist was bis jetzt nicht der Fall.

Tussy sagt sie würde morgen schreiben. Sie liest jetzt die serbischen Volkslieder in der deutschen Übersetzung, die ihr sehr zu gefallen scheinen, & hat mich im Klavierunterricht bei Mary Ellen abgelöst, zu dem grtoßen | Nutzen der Letzteren. Wenn das Wetter gut ist & ich nicht in die Stadt muß, gehn wir jeden Morgen ein paar Stunden spazieren, sonst weather permitting, des Abends.

 Siehe Marx an L. Kugelmann, 3.3.1869.
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Die Brochüre von Tridon war mir hauptsächlich des 2ten Theils wegen interessant
, da ich die neueren Sachen über die erste Revol. nicht kenne. Im ersten Theil herrscht allerdings starke Confusion bes. über Cen- & Decentralisation

 Gemeint ist das später gescheiterte Zeitschriftenprojekt „La Renaissance“. Siehe u. a. P. Lafargue an J. Marx, Anfang 1869 u. Erl.
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es ist schon gut daß die „Renaissance“ einstweilen vertagt ist
, die Leute würden sich ja bald selbst in die Haare gerathen. Komisch ist die Vorstellung daß die Dictatur von Paris über Frankreich, an der die erste Rev. kaput ging, heute so ohne Weiteres nochmals und mit anderm Erfolg abgespielt werden könne.

 Siehe Marx an Engels, 3.7.1869 u. Erl.
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Die Brucesche Erklärung wegen Mold
hat allerdings bewiesen daß die bisherigen Vorstellungen über engl. Gesetzgebung in dieser Beziehung ganz falsch waren & man hier ganz auf preußischem Standpunkt steht. Auch gut zu wissen für die Arbeiter.

Hoffentlich kannst Du mir wegen Laura’s Gesundheit bald bessere Nachricht geben. Das Ausziehen ist jedenfalls sehr vernünftig.

Beste Grüße

Dein
F.E.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Absender

Briefkontext

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 225 × 178 mm. Wasserzeichen: „A Pirie & Sons / 1867“. Engels hat die ersten drei Seiten vollständig, die vierte Seite zu drei Vierteln beschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von Eduard Bernsteins Hand: Numerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten: „449“ (schwarze Tinte) bzw. „59,1“ bis „59,4“ (Bleistift); redaktionelle Vermerke und Streichungen mit Bleistift.

Von Heinrich Dietz’ Hand: Numerierung des Briefes oben links auf der ersten Seite mit Bleistift: „1123“.

Anmerkungen zum Brief

Engels beantwortet Marx’ Brief vom 3. Juli 1869 (Marx an Engels, 3.7.1869).

 

Zitiervorschlag

Friedrich Engels an Karl Marx in London. Manchester, Dienstag, 6. Juli 1869. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0001086. Abgerufen am 19.04.2024.