| Berlin, 24. Juni 1869.

Lieber Marx,

Schon längst hätte ich Ihnen geschrieben, wenn ich nicht die Eigenschaft hätte, Briefe fatalen Inhalts immer auf die lange Bank zu schieben. Heute will ich nun aber auch Alles absolviren, worüber ich Ihnen schon längst hätte schreiben müssen.

Zunächst über mein Versprechen, den eventuellen Reingewinn der  Wilhelm Eichhoff: Die Internationale Arbeiterassociation. Ihre Gründung, Organisation, politisch-sociale Thätigkeit und Ausbreitung. Berlin 1868.
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Brochüre „Die I. A. A.“ etc.
der I. A. zuzuwenden. Die Abrechnung meines  Albert Eichhoff.
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Bruders
stellt sich folgendermaßen:

Versandt im Wege des Buchhandels sind 555 Exemplare, davon sind remittiert 269 und disponirt 40, verkauft also 246 Exemplare à 8 sg Buchhändlerpreis 65 reichstaler 18 sg.

Außerdem sind an Bebel zum Vertrieb unter Parteigenossen 300 Exemplare à 5 sg gegangen, worauf bis jetzt für verkaufte Ex. eingegangen sind 25 reichstaler 90 reichstaler 18 sg ,

welcher Betrag die Auslagen und die Commission meines Bruders noch nicht deckt, so daß ich, da immer noch Einzelexemplare verlangt werden, die Schlußabrechnung mit meinem Bruder auf nächste  Die Leipziger Oster- bzw. Jubilatemesse begann am dritten Sonntag nach Ostern (Jubilate); ihre Kerndauer betrug in der Regel 8 Tage.
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Ostermesse
vertragen muß.

 Friedrich Engels: Der deutsche Bauernkrieg (1850). Siehe Marx an Engels, 3.3.1869. In der Folge erschienen 1870 zwei neue Drucke von Friedrich Engels’ „Der deutsche Bauernkrieg“, zum einen in Fortsetzungen vom April bis Oktober im „Volksstaat“ und zum anderen ein „2., mit einer Einleitung versehener Abdruck“ im Verlag des „Volksstaats“. Siehe MEGA2 I/10 und Friedrich Engels: Vorbemerkung zu „Der deutsche Bauernkrieg“ (1870). In: MEGA2 I/21. S. 167–174 und S. 1490-1493.
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Für EngelsBauernkrieg fand ich meinen Bruder durchaus abgeneigt.
Als ich von London zurückgekehrt war, hatte er seine Bücher bereits in Ordnung gebracht und gefunden, daß er an seinem Arbeiterkalender, wovon er 10,000 Ex. hatte drucken lassen, 200 reichstaler Verluste gemacht hat, und daß sich sein ganzer Absatz fast ausschließlich auf die Schweitzer’schen Lassalleaner beschränkt hat. Außerdem war die Unannehmlichkeit mit  J. George Eccarius: Eines Arbeiters Widerlegung der national-ökonomischen Lehren John Stuart Mill's. Berlin 1869. Siehe J. G. Eccarius an Marx, 29.4.1869 u. Erl.
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der Brochüre von Eccarius
hinzugekommen, wo der Drucker in Leipzig sich geweigert hatte, die gedruckten Bogen anders als gegen Baarzahlung herauszugeben, nachdem ursprünglich verabredet worden | war, daß mein Bruder seinen Leipziger Commissionär anweisen solle, den Drucker aus den zu erwartenden Baarbestellungen zu bezahlen. Unter diesen Umständen erklärte mir mein Bruder, daß von einem Gewinn aus dem Engels’schen Bauernkrieg erfahrungsmäßig gar nicht die Rede sein könne, und daß selbst wenn Engels die Herstellungskosten garantiren würde, seine paar Thaler Commission ihn auch nicht im Entferntesten für die Mühe des Vertriebs entschädigen würden; mit der Eccarius’schen Brochüre, die er nach der Ostermesse d. J. auf keinen Fall in Verlag genommen haben würde, wolle er diesen Verlag definitiv abschließen, auch auf den zweiten Jahrgang des Calenders, um nicht mit Schweitzer in nähere Beziehung treten zu müssen, verzichten.

Ich kann meinem Bruder nach den obigen Resultaten diesen Entschluß nicht verargen, um so weniger, als er nicht bloß sein eigenes, sondern auch das Vermögen seiner Frau in seinem Geschäft stecken hat. Ebenso werden Sie mich von der Erfüllung meiner Verabredung mit Ihnen dispensiren, da ich wirklich auf ein so trauriges buchhändlerisches Resultat der Brochüre über die I. A. A. nicht gefaßt war.

Neulich sandte ich Ihnen  D. h. als Drucksache.
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unter Kreuzband
No. 70 des Socialdemokrat und  Siehe Engels an Marx, 22.6.1869.
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die neueste Schrift des „Urning“ Ulrichs
, worin Sie Schweitzer’s Abenteuer im Mannheimer Schloßgarten gefunden haben werden. Heute sende ich Ihnen No. 71–72, und werde Ihnen von jetzt an, wo der Socialdemokrat wieder interessant wird, denselben wieder regelmäßig von Woche zu Woche zusenden. Die früheren Nummern liegen für Sie eingepackt da und warten auf eine Gelegenheit zu billiger Beförderung, da der Dreck wirklich das Porto nicht werth ist.

Schweitzer in seiner Miethsequipage fährt jetzt abwechselnd mit Mende u Hasenclever etc., und abwechselnd mit augenscheinlicher demi monde spazieren; letzteres wahrscheinlich zur Entkräftung des von ihm behaupteten „Uranismus“.

| Sollte es nicht an der Zeit sein, gegen die maßlose Frechheit der Schweitzer-Mende’schen Clique Bebel und Liebknecht zu unterstützen? Dem Dr. Kirchner will ich, wenn er aus dem Schweitzer’schen Verein ausgestoßen wird, – vide Soc. Dem. No. 72. – eine Gratulation zuschicken.

Von Ihnen ging neulich eine Notiz durch die Zeitungen, die Sie gelesen haben werden. Sollte dieselbe etwa Buchhändler-Reclame, resp. Mahnruf eines ungeduldigen Verlegers sein?

Der demokratische Arb. Verein hat neulich den Beschluß gefaßt, die Castelar’sche Rede über die Republik in 5000 Exemplaren 1., drucken zu lassen u 2., zu verbreiten. Ausführung des Beschlusses No. 1 ist dem Verein gelungen, kostet aber meinem Geldbeutel 30 reichstaler, für deren Wiedererstattung ich auf das Gelingen der Verbreitung à Stück 6 Pfennige, in Partieen billiger, angewiesen bin. Diese 30 reichstaler, die factisch einem Vereinsbeschluß zu Liebe und um den Verein nicht zu compromittiren, von mir in der Überzeugung hergegeben worden sind, daß das Geld zum Fenster hinausgeworfen ist, ärgern mich übrigens mehr, als alle anderen Enttäuschungen und fehlgeschlagenen Erwartungen der letzten 12 Monate. Dies natürlich entre nous.

Ob Hr. V. von der Firma H. & V. identisch ist mit Ihrem Brüsseler V., habe ich bisher noch nicht in Erfahrung bringen können. Ich habe jetzt außer meinem Bruder noch einen anderen Buchhändler mit der Ermittelung beauftragt.

Sonst ist hier Alles beim Alten. Von den bei meinem letzten Besuch in London angebahnten Geschäften wird wohl Einiges zur Ausführung, und ich wohl im Lauf dieses Jahres noch einmal nach London kommen.

Freundschaftlichen Gruß an Sie, Familie und Bekannte von

Ihrem ergebenen
Wm Eichhoff.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Dieser Brief wird hier erstmals veröffentlicht.

Absender

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem, leicht vergilbtem Papier im Format 460 × 290 mm. Eichhoff hat die ersten drei Seiten vollständig beschrieben, die vierte Seite ist leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Aufdruck oben links auf der ersten Seite: „Allemannia. / Wilhelm Haffer & Co / Berlin / 79. Friedrichsstr. 79.“.

Von unbekannter Hand: Nummerierungen des Briefes mit Bleistift „40.“ (quer am linken Rand), „113“ (oben mittig) und „37“ (links oben) auf der ersten Seite; Vermerk „24 June 1865“ mit Bleistift quer am Rand der vierten Seite.

 

Zitiervorschlag

Wilhelm Eichhoff an Karl Marx in London. Berlin, Donnerstag, 24. Juni 1869. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0001069. Abgerufen am 18.04.2024.