| Palmerston Buildings,
93, Bishopsgate Street, E.C.

London, 4 Nov 1868.

Lieber Engels,

Ich bin mit genauer Verdolmetschung der Broschüre „Земля и Воля“ (v. Lilienfeld) für Marx beschäftigt. Er findet sie interessant und ihm nützlich. Es fehlt mir an Zeit, daneben für jetzt über „Polen und die europäische Arbeiterbewegung“ und den „heutigen Bakunin“ zu schreiben, wie ich es gerne will. – Wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich durch Liebknecht als besondere Beilage Ihren Artikel vom Jahre 1849über „Bakunin und den demokratischen Panslavismus“ abdrucken und gehörig verbreiten lassen. – Ich würde in einigen Worten zur Einleitung sagen, daß er mir in meinen Rahmen famos paßt, daß Sie der Verfasser und daß er vor fast 20 Jahren in N. Rhein. Zeitung erschien. – Sollte ich nicht auch sagen, daß ich Ihre Bewilligung eingeholt? – Bitte um baldige Antwort. – Der alte Becker | hat sich vorläufig mit Bakunin verscherwenzelt, mir geschrieben, ich möchte Rußland nicht und besonders Bakunin nicht angreifen. Die wollen sich gegenseitig reinlegen. Ich habe ihm ein förchterliches pronunciamiento geschickt, въ самыхъ строгихъ выраженияхъ. Darin verstehe ich keinen Spaß. Въ етомъ понимаю я нѣтъ шутки. Dies ist übersetzt nach: comment me venez vous devant? Шутка hängt jedenfalls mit Schaute zusammen.

Ich wollte meinen Augen nicht trauen, als ich den Beckerschen Brief erhielt. Da hört Alles auf! Wenn Sie den „Vorboten“ erhalten werden Sie bemerkt haben, daß Becker in der September | Nummer sagt:

Wir haben einen interessanten Briefwechsel zwischen B. und Vogt vor uns liegen, auf den wir in der nächsten näher eingehen werden.

Dann schreibt er mir seine famose Russen-Epistel und in der Oktober-Nummer sagt er dann kein Wort. So behandelt er seine Freunde! In Berlin der famose Eichhoff mit Bismark; in Genf der gute alte Becker mit Bakunin. Das ist zum Versimpeln!

Und dabei ist der 1868er Bordeaux so sehr theuer!

Der Ihrige
Borkheim. |

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Dieser Brief wird hier erstmals veröffentlicht.

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 270 × 210 mm. Ovaler Aufdruck „Schröder & Schÿler & Co Established 1739 Bordeaux.“ auf der ersten Seite oben links, rechts daneben Adressaufdruck: „65, Fenchurch Street E.C.“ (gestrichen), darüber roter Stempel mit neuer Adresse: „Palmerston Buildings, 93, Bishopsgate Street, E.C.“ und darunter die Datumszeile „London, ___ 18_“. Borkheim hat die vierte, erste und zweite Seite des Bogens vollständig beschrieben, die dritte Seite ist leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Der Satz „Sollte ich nicht auch sagen, daß ich Ihre Bewilligung eingeholt?“ steht mir Einfügungszeichen (ᚫ) am unteren Blattrand.

Von unbekannter Hand: Nummerierungen des Briefes oben auf der ersten Seite mit Tinte: „103.“ und mit Bleistift: „50“.

Anmerkungen zum Brief

Engels beantwortet Borkheim’s Schreiben mit einem nicht überlieferten Brief, geschrieben zwischen dem 4. und 6. November 1868. (Engels an S. L. Borkheim, zw. 4. u. 6.11.1868). Siehe Engels an Marx vom 6.11.1868 („Borkheim schreibt, ob ich damit einverstanden sei daß er meine Bakunin Art. aus der N.Rh.Z. in Liebknechts Blättchen wieder abdrucke ... . Ich antworte ihm daß wir beabsichtigten …“).

 

Zitiervorschlag

Sigismund Ludwig Borkheim an Friedrich Engels in Manchester. London, Mittwoch, 4. November 1868. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000817. Abgerufen am 19.04.2024.