| Leipzig, 11. Sept. 1868.

Lieber Marx,

Zur Vervollständigung  Siehe W. Eichhoff an Marx, 7.9.1868.
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meines Briefes über Robert Krebs
theile ich Ihnen noch mit, daß derselbe zu den 25 Vertretern gehört, die einen Sonderbund gegen uns gestiftet und folgende Erklärung unterzeichnet haben:

„Die unterzeichneten Vertreter der nachbenannten Arbeitervereine halten fest an dem Programm, auf Grund dessen der Verband deutscher Arbeitervereine begründet wurde, können daher fernerhin nicht dem Verbande angehören, der auf Grund des gestern durchgesetzten Programms eine neue Richtung angenommen hat.“

Gestiftet wurde der Verband durch ein Schulze-Delitzsch’sches Programm, das „neue Programm“ giebt die Erwägungsgründe der officiellen Statuten der Association wieder und erklärt aus diesen Gründen den Anschluß | an die Bestrebungen der Association.

Gestern Abend sprach ich mit Liebknecht und Schweichel über diese Sache. Beide sind der Ansicht, daß schnelle Justiz geübt und Krebs ausgestoßen, die Ausstoßung aber publicirt werden muß. Liebknecht hat auch in dieser Sache an Sie schreiben wollen, und thut es nun nicht, weil ich ihm gesagt habe, daß ich schon von Nürnberg aus Ihnen Mittheilung gemacht habe.

Gestern Abend war hier Volksversammlung in Gohlis, die von 500–700 Personen besucht war, und in welcher Bebel und ich über den  Der Vereinstag in Nürnberg fand vom 5.–7. September 1868 statt.
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Vereinstag
Bericht erstatteten. Ich hob hervor, daß es sich jetzt darum handle, den Nürnberger Beschluß auszuführen und der Internationalen en masse beizutreten. Hier, wie im ganzen Erzgebirge, ist der Boden ausgezeichnet bearbeitet (durch die Agitation von Bebel und Liebknecht) und zahlreiche Beitrittserklärungen stehen zu erwarten, aber – es gehört dazu ein Aufruf an die deutschen | Arbeiter, und in Verbindung damit die Namhaftmachung derjenigen Vertrauensmänner in Deutschland, welche bevollmächtigt werden müssen, Beitrittserklärungen entgegenzunehmen. Von Genf oder London aus Massenbeitritt zu bewirken, ist positiv unmöglich. Ich weiß, wie ich in Nürnberg befragt worden bin, was nun zu thun sei, und daß es den Leuten spanisch vorkam, als ich ihnen sagen mußte, daß sie sich in den einfachsten geschäftlichen Angelegenheiten an Niemand in Deutschland, sondern nur nach Genf oder London wenden müßten. Die pecuniären Angelegenheiten müssen in Deutschland erledigt werden können, sonst scheitert die beabsichtigte Organisation von vornherein an technischen Schwierigkeiten.

Sodann muß den Arbeitern begreiflich gemacht werden, daß wenn sie Leistungen für ihr Interesse haben wollen, sie sich auch daran gewöhnen müssen, zu zahlen. Hier wird bisher den Arbeitern Alles – so zu sagen – unentgeltlich verabfolgt: an den Verband der Vereine z. B. zahlt jeder Verein für jedes angemeldete Mitglied zur Vereinskasse monatlich nur einen Pfennig, also 5 farthings per Jahr! | Die Pfennigfuchserei ist groß und die Ansprüche nicht gering: hätten nicht so viele Bourgeois-Arbeiterführer ihres politischen Einflusses wegen die ganzen Jahre hindurch pecuniäre Opfer gebracht und es sich Geld kosten lassen, so wäre überhaupt gar kein Vereinsleben unter den Arbeitern möglich gewesen. Als Curiosum folgende Mittheilung: Moritz Müller von Pforzheim, Ehrengast des 5. Vereinstages in Nürnberg, klagte vor der Spaltung dem Bebel, er habe für die Arbeiter nun schon 31,000 Gulden zum Opfer gebracht, und noch nie hätten ihn die Arbeiter in ein Comité gewählt, oder zum Präsidenten eines Congresses gemacht etc. Der „Ehrengast“ verduftete mit der Minorität, ohne daß Jemand sein Verschwinden bemerkt hätte, ohne auch nur Eine Stimme für irgend welches Vertrauensamt erobert zu haben trotz seiner baaren 31,000 Gulden.

Auch von diesen Bourgeois-Geldhergebern müssen sich die Arbeiter emancipiren, und das muß ihnen begreiflich gemacht werden.

Von Berlin aus, wohin ich heute Mittag reise, Weiteres.

Freundschaftlichst Ihr
Wm Eichhoff.

Folgender Abschnitt geschrieben von August Bebel

Die Richtigkeit obiger Angaben über Krebs bezeugt

A. Bebel.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Dieser Brief wird hier erstmals veröffentlicht.

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 285 × 220 mm. Prägung ist nicht deutlich erkennbar (Oval mit Krone?). Eichhoff hat alle vier Seiten vollständig beschrieben. Auf der vierten Seite unten befindet sich die Nachschrift von Bebel. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von unbekannter Hand: Nummerierung des Briefes mit Bleistift „32“; Anstreichungen auf der zweiten und dritten Seite.

 

Zitiervorschlag

Wilhelm Eichhoff und August Bebel an Karl Marx in London. Leipzig, Freitag, 11. September 1868. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000732. Abgerufen am 19.04.2024.