| Mchr 10 Mai 1868

Lieber Mohr

Die Auskunft über die Fabrik hast Du damals von Henry Ermen direct erhalten – es ist G. Ermens Spinnerei die mich nichts angeht & worüber es den jungen E’s besonders verboten ist mir irgend etwas zu sagen. Wenn Du an H. E. Bridgewater Mill, Pendlebury (private) schreibst, so wird er Dir wohl das Gewünschte mittheilen, Du mußt ihm aber sagen daß er Dir die Data angibt wie sie 1860 standen da seitdem viel gebaut ist. Annähernd kann ich Dir angeben daß ein Fabrikgebäude für 10,000 Spindeln incl. Bodenpreis 4 à 5000 £ kosten wird (hier vielleicht etwas billiger anzunehmen da es bloß ein einstöckiges shed war, & Land dort oben, falls nicht kohlenhaltig, fast Nichts kostet.) Rate des Verschleißes auf Gebäude (£ 5–600 als Grundpreis abzuziehen) 7½% incl. Zinsen. Bei £ 3600.– also £ 18.– Grundrente (à 3%) + (7½% auf 3000 =) 225 = £ 243.– Miethpreis des Gebäudes.

Warehouse existirt für diese Fabrik nicht da G. E. nur durch resp. an uns oder durch einen Agenten an andre Leute verkauft & dafür 2% Commission auf den Umsatz bezahlt . Diesen à £ 13000 angenommen, also 260 £ als Ersatz für Warehouse Kosten.

Was die Umschlagsberechnung des circulirenden Kapitals angeht so weiß ich nicht recht, was Du darunter verstehst. Wir berechnen nur den Gesammt-Umschlag, d.h. die Summe der jährlichen Verkäufe. Wenn ich Dich richtig verstehe so willst Du wissen wie oft der circ. Kapital Theil im Jahr umgeschlagen wird oder mit andern Worten wie viel | circ. Kapital im Geschäft ist. Dies ist aber in fast allen Fällen verschieden. Ein prosperirender Spinner hat fast nur (d. h. mit Ausnahme der Zeit wo er sich ausdehnt resp. unmittelbar nachher) etwas überflüssiges Kapital das er sonst wie anlegt, zu Zeiten aber benutzt um sich billig mit Baumwolle zu decken pp. Oder er wendet Credit an, wenn er kann & es sich lohnt. Man kann annehmen daß ein Spinner der £ 10,000 ˗ in Maschinen anlegt (vom Gebäude abgesehn das er ja miethen kann & meist auch wird) mit ⅕ à ¼ des fixen Kap. in cirk. Kap. auskommt, also daß für £ 10,000.– fixes in Masch. gestecktes Kap. £ 2000– à 2500 circ. Kap. genügen. Dies ist hiesige Durchschnittsannahme.

Dabei sehe ich von den Dampfmaschinen ab. Hier hat H. E. Dir offenbar aus dem Kopf eine ganz absurde Geschichte hingeschrieben. Wochenverschleiß der Dampfmaschine 20 £, also jährlich £ 1040! à 12½% Rate, Kosten der Dampfmasch. £ 8320 ce qui est absurde. Die ganze Maschine kann nicht über £ 1500 à 2000 gekostet haben, & daß G. E. seine ganze Maschine in 2 Jahren abschreiben wollte , sieht ihm zwar ähnlich aber ist doch nicht kaufmännisch. Auch hierüber kannst Du ihn befragen. Aber ich fürchte Monsieur Gottfr. hat diese alten Bilanzbücher längst in eignen Gewahrsam genommen. & dann kann H. E. Dir auch nicht mehr helfen.

Schorlemmer wird Dich wahrsch. am Mittwoch oder Donnerstag besuchen. Die Royal Society hat ihn eingeladen sein paper über die Siedepunkte der CnH2n+2 selbst am Donnerstag vorzulesen & sich an der Debatte zu betheiligen. Da der Hauptchemiker dort Frankland, den Sch. in allen seinen Sachen angegriffen hat, so ist dies ein großer Triumph, & noch ein paar solcher Einladungen will be the | making of him. Es freut mich sehr für den Kerl, der seine hiesige, im Ganzen erbärmliche Position nur deßwegen behalten hat weil sie ihm das Laboratorium & damit die Mittel zu theoretischen Arbeiten zur Verfügung stellt. Er ist wirklich einer der besten Kerle die ich seit langer Zeit kennen gelernt habe, er hat eine so totale Freiheit von Vorurtheilen daß sie fast naturwüchsig erscheint aber doch auf viel Denken basirt sein muß. Dabei die merkwürdige Bescheidenheit. Er hat übrigens wieder eine hübsche Entdeckung gemacht. Auf S. 264 & 297 seines Buchs findest Du daß Propylalkohol & Isopropylalkohol zwei isomere Verbindungen sind. Der Prop. Alk. ist bisher nicht rein darstellbar gewesen sodaß die Russen bereits die Behauptung aufgestellt haben er existire nicht, sondern bloß der Isopr. Alk. Vorigen Herbst auf der Naturforscher Versammlung antwortete ihnen Sch. darauf: bis nächsten Herbst werde er ihn dargestellt haben, & er hat es auch richtig gethan.

Diese Woche hab' ich endlich keine Sitzungen & dergl. Geschichten mehr & werde ins Zeug gehen können mit der Fortnightly. Ich weiß aber noch immer nicht wie anfangen. Daß ich mit der Verwandlung v. Geld in Kap. anfange ist mir klar, aber das Wie noch gar nicht. Was hältst Du davon?

Mit besten Grüßen

Dein
F. E. |

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen festem, weißem Papier im Format 226 × 178 mm. Prägung auf der ersten Seite oben links: Wappen mit Löwe. Die ersten zwei Seiten hat Engels vollständig beschrieben, die dritte zu drei Vierteln, die vierte Seite ist leer. Das Wort „prosperirender“, mit dem Einfügungszeichen „ǂ“ versehen, steht am linken Rand der zweiten Seite geschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von Marx‘ Hand: Berechnungen auf der vierten Seite, mit schwarzer Tinte, quer niedergeschrieben; siehe Anmerkungen zum Brief.

Von Eduard Bernsteins Hand: Nummerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten: „377“ und „45,1“ bis „45,3“ (korrigiert aus: „44,1“ bis „44,3“); redaktionelle Vermerke mit Bleistift.

Von Heinrich Dietz’ Hand: Nummerierung des Briefes: „987“.

Anmerkungen zum Brief

Engels beantwortet den Brief von Marx vom 7. Mai 1868 (Marx an Engels, 7.5.1868). Die Antwort von Marx erfolgt am 16. Mai 1868 (Marx an Engels, 16.5.1868).

Die Berechnungen siehe hier.

 

Zitiervorschlag

Friedrich Engels an Karl Marx in London. Manchester, Sonntag, 10. Mai 1868. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000633. Abgerufen am 28.03.2024.