| Barmen 29 April 68.
Lieber Friedrich
Es freute mich sehr endlich
einmal wieder einen ordentlichen Nicht überlieferter Brief, F.
Engels an E. Engels, vor dem 29.4.1868.
Schließen Brief von
Dir zu bekommen. Hier
in Engelskirchen
hatten sie auch sehr viel im Geschäft zu thun u. obgleich sie ein großes Lager
hatten sind sie doch bis jetzt noch immer im Gedränge, was aber nur daher kommt,
daß die Leute so spät mit ihren Bestellungen kamen u. wegen der großen
Gewichtsverschiedenheit die Sachen vorher nicht fertig gemacht werden können,
bei dem jetzt heruntergesetzten Porto kommen eine Menge Briefe an u. fast nur
Mahnbriefe, was gar nicht sehr angenehm ist.
Ich denke jetzt allerdings schon
stark an meinen Umzug nach Engelsk. u. hoffe den 11t
oder 12t Mai dahin zugehn, das Wetter ist hier dazu
aber noch nicht sehr einladend.
| Die Bäume stehen hier zwar in der Blüthe
u. mein Garten ist auch schon ziemlich grün, auch sind einzelne Tage sehr schön,
doch ist das Wetter im Ganzen unbeständig, vorgestern war es so warm wie mitten
im Sommer u. ganz windstill, gestern ganz kalt u. rauher Wind, heute milde u.
viel Wind, so ist es den ganzen April durch gewesen. Was nun Gottfried und Anton Ermen.
Schließen die beiden Ermens
betrifft, so freue ich doch für Dich, wenn Du mit ihnen nichts mehr zu thun
hast, eine solche kleinliche Unredlichkeit ist doch unausstehlich u. man ärgert
sich doch darüber, ich hoffe nur daß ihr in der letzten Zeit noch gute Geschäfte
macht u. Du ein ordentliches Capital mit nimmst.
Seid 8 Tagen ist auch Carl Siebel von Madera wieder hier angekommen, ich habe ihn nicht gesehn, Luise Siebel sagte mir aber, er sehe jämmerlich aus u. sei sehr schwach. Wie es | ihr schien habe der Arzt in Madera ihn nicht gern länger dabehalten wollen, er habe ihm gesagt, das Fieber was er schon mitgebracht habe, sei den ganzen Winter geblieben u. es sei das Beste er frage seinen hiesigen Arzt was er jetzt thun u. wohin er gehn solle. Er habe auch das Heimweh in der letzten Zeit gehabt u. sei sehr gern zurück gekommen. Hier ist er nun trotz seiner Schwäche viel ausgefahren u. auch wol gegangen u. im letzten Fall ist es vorgekommen daß er erschöpft sich an eine Mauer gelehnt hat u. vorübergehende sich seiner angenommen u. begleitet haben, kommt er dann in ein Zimmer dann läßt sich gleich in einen Sessel oder Sopha fallen u. hat fast keinen Athem mehr. Die Seereise hatte ihm übrigens gut gethan, er hatte den ganzen Winter keinen Appetit gehabt, hatte hier u. auch schon in England wie[der] gut essen können. Ich glaube nicht daß er noch einige Monate leben wird.
| Von Berlin haben wir auch
keine gute Nachrichten, Johanne
Snethlage hatte im März eine Lungenentzündung u. da sie überhaupt
ja schon lange Brustleidend war, so hat diese, obgleich sie gehoben ist
d[och] sehr nachtheilig auf ihren Zustand
gewirkt, nach den letzten Briefen hatte sie jeden Abend starkes Fieber u. sehr
wenig Appetit. Sie ist schon lange ganz im klaren über ihren Zustand obgleich
sie jetzt nicht viel darüber spricht. Der Karl Wilhelm Moritz
Snethlage.
Schließen Onkel
Snethlag hat in der letzten Zeit auch
sehr abgenommen, Emil
Engels.
Schließen Emil der vor kurzem in
Eisenbahn-Angelegenheit in Berlin war sagte, sein Geist habe s[ehr] abgenommen u. er könne sich oft auf das was er
sagen wolle nicht besinnen, dabei kann er nur schlecht gehen, die Füße kann er
nicht aufheben, er schlurft sie nur so voran u. ist sehr unsicher wenn er sich
setzen will. Seine Marie
Charlotte Snethlage.
Schließen Frau schreibt er sei sehr
still u. spreche wenig. Amtsverrichtungen hat er schon lange keine mehr
besorgt.
| Für Deine guten Wünsche zu
meinem Geburtstag danke ich Dir herzlich, wir haben ihn hier recht heiter
gefeiert u. wenn Gott mir noch einige Jahre das Leben erhält, dann hoffe ich
bist Du auch einmal wieder dabei. Ich bin dankbar für den guten Winter den ich
gehabt habe u. obgleich ich wol mein Alter fühle u. nach einem so unruhigen Tag
gern wieder ganz still bleibe, so schadet mir die Unruhe doch auch nicht u. ich
kann meistens gut darauf schlafen. Hedwig von
Griesheim.
Schließen Hepchen ist schon seid 3 Wochen wieder
hier u. geht mit mir nach Engelsk. zurück. Der Zweck ihres Aufenthalts hier ist
der Gesangunterricht. Ich hatte schon oft davon gesprochen daß
sie etwas singen lernen müsse aber die Adolf und Elise von
Griesheim.
Schließen Eltern meinten immer sie habe eine zu schwache
Stimme. Wie sie im Janr. hier war ließen wir ihr Stunde geben u. ihre Stimme kam
recht zum Vorschein, sie haben das in Engelsk. eingesehn u. sie hat jetzt wieder
alle Tage Stunden.
| Die kleine
Alice bei Karl Emil und Marie Blank.
Schließen Blanks
hat den
Stickhusten,
aber sehr gelinde sonst ist in der Familie Gott sei Dank alles gesund. Anna Boelling ist Ostern
Confirmiert u. so hat Hedwig
Boelling.
Schließen Hedwig nun auch bald eine erwachsene
Tochter.
Hermann
Engels.
Schließen Hermann läßt Dir sagen er werde Dir in
einigen Tagen Dein Contocurrent.
Schließen Contecarrent schicken u. Alle lassen
Dich grüßen. Hoffentlich läßt Du mich nicht so lange wieder auf Nachricht
warten. Wann denkst Du wol zu uns zu kommen in diesem Sommer, wir wollten ja
dann zusammen eine kleine Reise machen u. denke ich dann Hedwig von
Griesheim.
Schließen Hepchen zu meiner Unt[er]stützung mit zu nehmen.
Nun Gott befolen, Er halte Dich gesund.
Mit treuer LiebeDeine Mutter E.
Zitiervorschlag
Elisabeth Engels an Friedrich Engels in Manchester. Barmen, Mittwoch, 29. April 1868. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000622. Abgerufen am 31.01.2023.