| Hannover, 8. April 1868
Mein hochverehrter, lieber Freund!
Um nicht selbstsüchtig zu erscheinen, zuerst Ihnen u. den
lieben Ihrigen unsere innigsten,
herzlichsten Glückwünsche zur Die Hochzeit von Laura Marx
und Paul Lafargue fand am 2. April 1868 statt.
Siehe Marx
an L. Kugelmann,
6.4.1868.
Schließen Vermählung Ihrer Laura.
Möge Ihnen Allen hieraus so viel Freude erblühen, wie
Niemand sie Ihnen aufrichtiger wünscht als ich. Ich weiß
nicht ob es in England Sitte ist, dem jungen Ehepaare für
die Hochzeitskarten wieder Karten zu senden. Wenn – dann
bitte ich Die Karte ist nicht
überliefert.
Schließen einliegende, nach der Rückkehr, in
unserem Namen mit freundlichen Grüßen u. zierlicher
Verbeugung zu überreichen. –
Siehe Marx
an L. Kugelmann,
6.4.1868.
Schließen Daß Sie schon wieder in Gefahr waren
„verkoppelt“ zu werden
ist mir leid, da ich die Ursache daran. – Gut, daß Sie der
Gefahr entrannen. – Meyer aus Bielfeld, Gustav Meyer an L. Kugelmann,
10.3.1868. Siehe
L. Kugelmann an Marx,
13.3.1868 und Erl. sowie
überlieferte Beilage dazu.
Schließen dessen Brief ich Ihnen neulich
sandte, bat mich
von London aus, wo er in Geschäften war, um eine Karte an
Sie. – Ich schickte sie ihm, auch eine ditto an Eccarius u. Siehe S.
L. Borkheim an Marx,
31.1.1868.
Schließen ein Briefchen an Borkheim.
Letzterer hat dasselbe per Post erhalten u. ob
Meyer Sie aufsuchte weiß ich weder von ihm noch von Ihnen. –
Ich glaubte seinen Wunsch, ihn Ihnen vorzustellen, nicht
abschlagen zu dürfen, weil er wirklich ein redliches Streben
hat u. wir uns doch wo es geht „Laienbrüder“ schaffen
müssen. –
Nun aber die Versicherung unserer großen Freude über Ihren in Aussicht stehenden Besuch, über dessen Termin wir gern bald Näheres hören möchten (Dies die selbstsüchtigen Regungen.) Mutter ist augenblicklich wieder bei Verwandten, weil sie bei uns das Osterfest nicht rituell feiern kann u. wenn wir Ihren Besuch bald erwarten dürfen, so würde Mutter wahrscheinlich gern | ihren Aufenthalt bei den Verwandten etwas verlängern (Sie ist lieber dort, wo sie im Garten promeniren kann etc als hier) u. Sie könnten dann ganz wieder in den „vorkapitalistischen“ Status eintreten. (Ich hoffe, Sie werden diesen Wunsch nicht als reactionär betrachten, oder daraus folgern, daß ich Ihr Buch ohne Nutzen gelesen.)
Einliegend der F.
Freiligrath an Marx, 3.4.1868. Siehe Marx
an L. Kugelmann,
6.4.1868.
Schließen Brief
des „Nationalöconomen mit’s G.“ (i.e.
„mit dem Gemüthe“)
zurück. — Welch bürgerlich, schwatzschweifig- Vgl. hierzu den Artikel
„Grieflachen“ im „Deutschen Wörterbuch“ von Jacob und
Wilhelm Grimm. Als „Grielächer“ wird in der
rheinländischen Alltagssprache meist ein „Mensch
mit besonderem Humor, ein Spötter, der machmal
nicht gut gelitten ist“ bezeichnet (Das Wörterbuch. LVR-Institut für Landeskunde und
Regionalgeschichte).
Schließen grielächeriges
Geschreibsel. – Dabei aus jedem Worte die Furcht vor dem
Blitzstrahle Zeus
Kronions. – Welch' erhebendes Gefühl für
Sie, zu erfahren, daß Karl Marx:
Das Kapital. Bd. 1. Buch 1. Hamburg 1867.
Siehe Erl. zu „1200 Seiten Manuscript“ in Marx an J. Ph. Becker, zw. 9. u.
15.1.1866. (MEGA2
II/5).
Schließen Ihr Buch jetzt bereits beginnt
„seinen eigentlichen Zweck“ zu „erfüllen“, darin bestehend
„jüngere Kaufleute u. Fabrikbesitzer“ am Rhein „zu
begeistern“ u. „nebenbei“ „für den
Gelehrten als Quellenwerk unentbehrlich zu sein.“ – Welche
Auffassung! Welch naïve Indication u. Heiligsprechung, der
an Ihnen so lange geübten trauten Gewohnheit des
Plagiarismus. – Wahrlich der Mann
ist nur aus Versehen in die glänzende Tafelrunde der N.Rh.Ztg. gekommen u. Sie
thun sehr unrecht sich gegen Rasch u. Struve zu erboßen, die Ihre
Nichtzusammengehörigkeit behaupten. – Über die Frage, ob
Freiligrath oder Sie,
Engels oder Wilhelm Wolf.
Schließen Lupus höher
stehen beantrage ich einfache Tagesordnung. – Wenn er, wie
zuzugestehen, zu Ihnen nicht paßte,
so war er vollkommen der Pension Fr. Wilh. IV würdig u. es muß als ein
bedauerlicher Mangel an Selbstkenntniß betrachtet werden,
daß er sich von dieser Richtung abwandte.–
NB. Siehe F.
Freiligrath an Marx,
3.4.1868.
Schließen Was bedeutet „Ostsee-Pirat, wie
sie“ (oder vielleicht richtiger Sie?) „den alten Poeten die Töchter
wegkapern.“?
| Vielleicht erinnern Sie sich, daß ich Ihnen schon Marx besuchte Kugelmann in
Hannover vom 16. April bis etwa 14. Mai 1867, als
er nach Hamburg reiste, um Manuskript des „Kapital“ dem Verleger Otto Meißner zu
übergeben.
Schließen bei Ihrem Hiersein meinen Wunsch äußerte
Virchow für das
Studium Ihrer Schriften zu interessiren. Grund dazu war:
Virchows Richtung in der Wissenschaft, die er vertritt mußte
ihn für das Verständniß Ihrer Analysis sehr befähigen. –
Seine Richtung in der Politik entbehrte der
anatomisch-physiologischen Grundanschauung etc.–
Vor ganz Kurzem bot sich mir für diese Anknüpfung eine Gelegenheit, die ich getreulich benutzte. – Ich hatte nämlich eine Kranke mit einem merkwürdigen Uterusleiden zu behandeln. Die Details des Falles würden Engels gewiß sehr interessiren, Sie, will ich indeß nicht damit behelligen. Kurz ich nahm die Möglichkeit an, daß hoch oben im Canal. cervicalis uteri ein Neoplasma stecke. – Corpulenz der Patientin schloß die Möglichkeit von vorn herein aus, selbst nach künstlicher Ausdehnung des cervix so weit mit dem Finger eindringen zu können. Indeß erklärte ich der Kranken u. deren Arzte, daß es vielleicht möglich sei, wenn meine Annahme sich bestätigte, ein solches Neoplasma durch eingeführten Preßschwamm zu zerstören. – Die Behandlung wurde mir anvertraut; ich spaltete zunächst die Portio vaginalis u. legte dann Preßschwamm ein. Denken Sie sich meine freudige Überraschung als ich bei dessen Entfernung, an der Spitze desselben einen Schleimhautpolypen finde, so vollständig, als hätte ich ihn mit dem Messer abgeschnitten. –
Ich theilte Virchow diesen in seiner Art einzigen Fall, unter Beifügung des Präparats mit, ihn bittend, letzteres zu untersuchen, ob es auch nichts anderes sei. – P. S. mache ich ihn nun auf Ihr Werk aufmerksam, sage ihm wie Sie von | Waarenform als Zelle ausgehend, die bürgerliche Gesellschaft analysiren etc, daß Sie in der polit. Oecon. dieselb. Methode, wie er in der Medicin, befolgen; daß man Ihr „Kapital“ füglich die Cellular-Pathologie der bürgerlichen Gesellschaft nennen könne etc. –
Virchow antwortete mir sehr verbindlich, dankte mir für die „Notiz über Marx“ u. versprach „das Buch genauer anzusehen“. – In einiger Zeit werde ich mal wieder bei ihm anklopfen. – Gelänge es V. zu überzeugen, so wäre das ein großer Gewinn, da der deutschen Agitation nichts weiter fehlt als ein Kopf. Ich würde dann einen Artikel über das Causalverhältniß der Schleimhautpolypen des Uterus zur Arbeiterbewegung schreiben. –
Siehe
Marx
an L. Kugelmann,
6.4.1868.
Schließen Schreiben Sie mir doch die NNo des Social-Democrat in denen v. Schweitzer
Ihr Buch
bespricht.
–
Siehe Marx
an L. Kugelmann,
6.4.1868.
Schließen Engels Empfehlung der
Solutio
arsenicalis Fowleri
unterstütze ich. – Sie brauchen keine Gefahr davon zu
fürchten. Ich habe das Mittel sehr oft angewandt ohne jemals
Nachtheil davon gesehen zu haben. –
Nun sagen Sie uns bald, wann Sie zu uns zu kommen gedenken u.
welche Reiseroute Sie nehmen werden, da auch letztere mich
interessirt. – Mit herzlichsten Grüßen an Jenny Marx, Jenny Marx
(Tochter), Eleanor Marx.
Schließen Ihre Damen
stets Ihr treu ergebener
L. KugelmannDr
/ Das Couvert Marx
an L. Kugelmann,
6.4.1868.
Schließen Ihres heute empfangenen
Briefes
war schlecht gummirt und kaum verklebt. – 1866 erhielt Eugen Dühring durch
Vermittlung des Geheimen Regierungsrats Hermann Wagener den
Auftrag von Bismarck für den inneren Gebrauch des
Staatsministeriums eine Denkschrift auszuarbeiten,
in der es um Möglichkeiten zur Verbesserung der
sozialen Verhältnisse der Arbeiterschaft durch
Staatshilfe ging. Ursache der darauf folgenden
Auseinandersetzung war die von Dühring nicht
autorisierte Veröffentlichung dieser Broschüre:
[Eugen Dühring:] Denkschrift über
die wirthschaftlichen Associationen und socialen
Coalitionen. Berlin [1866]. Eine 2.
Aufl. erschien 1867 mit der falschen
Verfasserangabe Hermann Wagener in Neuschönefeld
an Leipzig. Dühring gewann den Prozeß gegen
Wagener und ließ seine Schrift „Die
Schicksale meiner socialen Denkschrift für das
Preussische Staatsministerium. Zugleich ein
Beitrag zur Geschichte des Autorrechts und der
Gesetzanwendung.“ Berlin 1868 herausgeben, in der
er den Plagiarismus Wageners entlarvte (MEGA2 I/27. S.
683, 877–879). Siehe E[ugen] Dühring: Sache, Leben und Feinde.
Karlsruhe und Leipzig 1882. S. 136–147
(Kap. 6: Erlebnisse und Wirksamkeit von 1867-1873)
sowie die detaillierte und umfassende Darstellung
von Rainer Nomine: Dühring gegen
Wagener. Die Arbeiterfrage vor dem preußischen
Richter in Urhebersachen. In: Das Recht und
seine historischen Grundlagen. Festschrift für
Elmar Wadle zum 70. Geburtstag. Berlin 2008. S.
819-848. Siehe S.
L. Borkheim an Marx,
13.3.1868 und Erl., L. Kugelmann an Marx,
13.3.1868 („Die Brochüre
Dühring–Wagner“), Marx an Engels,
14.3.1868 („Hast Du den
(mir v. Borkheim berichteten) Scandal gelesen …“),
S. L. Borkheim an Marx,
16.3.1868, L.
u. G. Kugelmann an Marx,
8.4., Wilhelm
Eichhoff an Marx, 9.4.,
29.6.,
18.7.,
Marx
an Engels,
23.7.1868.
Schließen Dühring
Schrift sub nomine Wagner hierbei.–
/
/ Siehe Marx
an L. Kugelmann,
6.4.1868.
Schließen Ihrer Notiz betreff Borkheim
bedurfte es nicht. – Gustav Meyer an L. Kugelmann,
10.3.1868.. Siehe L.
Kugelmann an Marx,
13.3.1868 und Erl.
(„Einliegender Brief eines jungen
Wäschefabrikanten“) und überlieferte Beilage. Zur
Antwort von Marx an G. Meyer siehe Marx
an L. Kugelmann,
17.3.1868 („Meyer’s Brief
hat mich sehr gefreut …“).
Schließen Für
Ihre Antwort auf den Brief von Meyer-Bielefeld u. Siehe Marx
an L. Kugelmann,
6.4.1868.
Schließen Ihre Notizen über die Irische
Frage verbindlichen Dank.–
/
Da mein Mann sehr eilig mit der Absendung seines Briefes
ist, so will ich Ihnen, lieber Herr Marx, nur mit kürzesten
Worten meine innige Freude darüber ausdrücken Sie bald
wieder bei uns zu sehen und meine herzlichste Gratulation
zur Verheirathung Ihrer Laura Lafargue. Am 2. April 1868 fand
die Hochzeit von Laura Marx und Paul Lafargue
statt.
Schließen Tochter hinzufügen. Hoffentlich
erfahren wir bald Bestimmtes über Ihre Hierherkunft u. seien
Sie für heute nur noch herzlichst gegrüßt von
Beste Grüße an Ihre Damen.
Zeugenbeschreibung und Überlieferung
Dieser Brief wird hier erstmals veröffentlicht.
Zeugenbeschreibung
Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 286 × 214 mm. Die ersten drei Seiten hat Louis Kugelmann vollständig beschrieben, die vierte zu drei Vierteln. Die Passage („Das Couvert ... hierbei.–“) hat Kugelmann auf der zweiten Seite des Bogens oben kopfstehend plaziert, eine andere („Ihrer Notiz ... Dank.–“), ebenfalls kopfstehend oben, auf der vierten Seite. Das letzte Viertel (“Da mein Mann ... Ihrer Gertr. Kglm. Beste Grüße an Ihre Damen.“) der vierten Seite hat Gertrud Kugelmann beschrieben. Ihre letzte Passage („Beste Grüße …“) steht am linken Rand der Seite quer niedergeschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.
Von unbekannter Hand: Nummerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten mit Bleistift: „46a“ bis „46d“ (ausradiert).
Anmerkungen zum Brief
Die Kugelmanns beantworten Marx’ Brief vom 6. April 1868 (Marx an L. Kugelmann, 6.4.1868). Marx’ Antwort erfolgte am 17. April 1868 (Marx an L. Kugelmann, 17.4.1868). Inzwischen übersandte Marx Kugelmanns Brief an Engels am 11. April (Marx an Engels, 11.4.1868 „Ich lege …“) und bekam ihn mit Engels’ Brief vom 17. April 1868 zurück (Engels an Marx, 17.4.1868 „Inl. Kugelmann zurück“).
Eine Beilage („einliegende, nach der Rückkehr, in unserem Namen mit freundlichen Grüßen u. zierlicher Verbeugung“) ist nicht überliefert, über die andere ( „Einliegend der Brief ...“) siehe Erl.
Zitiervorschlag
Louis und Gertrud Kugelmann an Karl Marx in London. Hannover, Mittwoch, 8. April 1868. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000606. Abgerufen am 19.04.2024.