| N.J.
Hoboken 19 februar 1868
box 101

Lieber freund,

verzeihen sie mein langes schweigen; ich habe mich in der zwischenzeit nach kräften mit ihrem buch beschäftigt und den reinen genuß gehabt, welchen nur die höchste wissenschaft bieten kann. Ueberraschend muß vor allem wirken die streng naturwissenschaftliche methode, welche bisher in den historischen wissenschaften unbekannt war. Die klarheit der darstellung hat außerordentlich zugenommen, verglichen mit dem 59er hefte, und es ist nur der erheiterung wegen, daß ich ihnen Heinzens alberne bemerkungen schicke, welche freilich der verbreitung des werkes in den U. St. geschadet haben mögen. Den auszug hat er natürlich nicht abgedrukt. Ich habe die genugthuung gehabt, daß leute, welche sich niemals mit ökonomischen fragen beschäftigt, größere abschnitte mit hinreichendem verständnisse aufgefaßt haben. Ich danke ihnen, daß sie von den Deutschen skriblern sich besonders den vornehmen Roscher heraus gesucht haben. Ich bin begierig, über die kritik in Deutschland etwas zu hören; in der „Zukunft“ allein habe ich bis jetzt etwas gelesen. Hildebrandts jahrbücher | für Nat. Oek. und Stat. werden jedenfalls etwas bringen.

Ueber die I.A.A. hören wir nichts, als was im Vorboten steht, wir möchten gern „The Common wealth“ halten, wissen aber nicht die beste art des bezuges. Sorge bat schon vor längerer zeit um mittel der anknüpfung mit Englisch redenden Amerikanern. Aus dieser und jener zeitungs notiz schließen wir, daß eine laufende verbindung vorhanden ist; könnten wir nicht adressen in N.Y. oder andern städten erhalten? Wir haben, der anregung folgend welche an uns herantrat, an der gründung einer neuen partei mit gearbeitet; ein bestreben, welches nur dann günstige folgen (worunter ich natürlich vor allem vermehrte einsicht unter den arbeitern verstehe) haben kann, wenn der beschränkte kreis der Deutschen verlassen wird. Vielleicht gelingt es, in N.Y. ein wochenblatt dauernd zu erhalten, welches besser redigirt ist, als The Workingmens advocate in Chicago. Vergessen sie also nicht, uns mit druckschriften oder wenigstens namen versorgen zu lassen. Der mehr als alberne Weber arbeitet, wie sie sehen, noch mit uns, hoffentlich nicht mehr lange. Ihre ausführlichen nachrichten über ihn sollen nicht vergessen bleiben.

Liebknechts wochenblatt geht vorläufig gut; es wird natürlich bald unterdrükt werden. Ist wirklich aussicht vorhanden, daß Engels etwas von sich hören läßt?

Ihr
Sgfrd Meyer

Ich selbst schulmeistere noch, vielleicht finde ich im frühling eine technische beschäftigung.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Dieser Brief wird hier erstmals veröffentlicht.

Absender

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Blatt mittelstarkem, weißem, liniertem Papier im Format 125 × 205 mm. Prägung: Vogel auf einem Wappenschild im Oval mit einer nicht deutlich lesbaren Aufschrift. Beide Seiten hat Meyer vollständig beschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Archivsignatur des Moskauer Marx-Engels-Instituts (IMĖ) auf beiden beschriebenen Seiten: „Rj 43a–b“.

Anmerkungen zum Brief

Marx übersandte den Brief Meyers an Engels am 4. März 1868 (Marx an Engels, 4.3.1868: „Einliegend Wisch von S. Meyer“).

Zur überlieferten Beilage („daß ich ihnen Heinzens alberne bemerkungen schicke“) siehe Erl.

 

Zitiervorschlag

Sigfrid Meyer an Karl Marx in London. Hoboken, Mittwoch, 19. Februar 1868. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000555. Abgerufen am 18.04.2024.