| Den 20. Jan. 1868.

Lieber Frederick!

Ich habe Deinen Brief mit den 5 £. erhalten. Für Letztere wirst Du demnächst Aktien bekommen. Dank! Beiliegend für 13 reichstaler Aktien, die ich sofort an Mohr zu besorgen bitte, durch den Strohn das Geld gegeben hat.

Die Zeitung wurde Dir zugeschickt. Ich werde noch heute drei neue Nummern abgehn lassen. Das Blatt ist noch sehr klein, und in jeder Beziehung sehr mangelhaft, aber es steht bereits fest (über 700 Abonnements) und wird jedenfalls bald erweitert werden können.

Wenn ich sagte, daß Eccarius seine Artikel etwas kürzen sollte, so sagte ich damit nicht, daß ich aus England schon zu viel hätte. Ich wollte, ich hätte jede Woche einen Artikel von Dir.

Über die Differenzpunkte ein andermal. Nur wegen der Schwaben will ich zu Deiner Beruhigung bemerken, daß ich mich in Bamberg mit ihnen bloß herumzankte, daß ich sie noch verbohrter gefunden, als ich erwartet und daß ich von den Goegg’s und Friedensliguisten genau denke, wie Du. Nur kann ich jetzt nicht öffentlich mit den Leuten brechen; ich habe hier nicht mit lauter geschulten Kommunisten zu thun, sondern erst mit kommun. Rekruten, die noch gewisse Vorurtheile haben, welche geschont werden müssen. Das mußt Du überhaupt berücksichtigen, wenn Du nicht ungerecht werden willst.

Schreibe mir doch einen Aufsatz über das „Capitalfür unser Blatt. Ferner wünschte ich einen für Wien; in beiden wäre es von besondrem Nutzen, das Verhältnis Lassalles zu Marx genau darzulegen. Das wäre, glaube ich, das Beste, was Du jetzt thun könntest. Ich bin noch nicht dazu gekommen, einen Artikel zu schreiben. Die Zeitung (Beschaffung der Gelder, Vertrieb, etc.) und die organisatorische Parteithätigkeit haben bisher die Zeit, welche ich dem Broderwerb und der Wartung meiner Kinder entziehen kann, über und über in Anspruch genom | men; und in Folge der Überarbeitung, der mancherlei Gemüthsbewegungen und Strapatzen des vorigen Jahrs, bin ich seit einiger Zeit physisch sehr auf dem Hund. Kann ich mich nicht bald einmal auf ein paar Wochen ausruhen und pflegen, so gehe ich ohne Gnade zum Teufel. Das ist bittrer Ernst, und ich will bloß wünschen, daß ich Dir nicht den praktischen Beweis der Richtigkeit geben muß.

Gethan habe ich für das „Capital“: 1) Abdruck der Vorrede in unsrem Blatt, in dem Basler Volksfreund u. a. Schweizer Zeitungen. 2) Erwähnung in Dutzenden von Briefen an „einflußreiche“ Leute; 3) Bombardirung der Wiener Presse durch Prof. Richter (von dem nächstens eine längere Rezension erscheint) und der Berliner Volkszeitung durch Steinitz, der ebenfalls eine Rezension versprochen hat. Mit Contzen habe ich noch nichts machen können, weil er verreißt ist. Ich habe aber ermittelt, daß er sich auf einige Monate in Berlin aufhält und ihm dorthin geschrieben. Die Antwort ist noch nicht da. 4) Habe ich in allen meinen neueren Vorträgen (im Arbeiterverein und anderwärts) auf das Werk aufmerksam gemacht. Jedenfalls habe ich in dem Kreis, welchen ich beeinfluße, und er ist nicht klein Marx’s Bedeutung als Ökonom und Politiker zur Anerkennung gebracht. Mehr konnte ich nicht thun, und mehr kann ich für die nächste Zukunft nicht thun.

Doch, farewell. Ich habe mich schon verspätet. Ich muß wieder vor den Karren (Stunden geben)

Gruß

von Deinem

Nachschrift. Tadlet, so viel Ihr wollt. Ich werde stets offnes Ohr haben. Aber tadelt nicht bloß. Ich habe hier eine Position erobert – sie zu erhalten und zu befestigen ist zunächst meine Aufgabe; sie in unsrem Parteiinteresse zu benutzen, das ist Eure Sache. Also zugegriffen!

Ich hatte ganz die Abonnementsfrage vergessen. | Das Beste wird wohl sein, Ihr bezieht das Blatt auf dem Buchhändlerwege. Erkundige Dich doch, und schreibe mir, wie es mit andren deutschen Blättern gehalten wird. Bis auf weitres bekömmst das Blatt unter Kreuzband.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Absender

Briefkontext

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen dünnem, weißen, vergilbtem Papier im Format 265 × 209 mm. Die ersten zwei Seiten hat Liebknecht vollständig beschrieben, die dritte zu einem Viertel, die vierte Seite ist leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von unbekannter Hand: Nummerierung der beschriebenen Seiten: „15.“ bis „17.“

Anmerkungen zum Brief

Liebknecht beantwortet einen nicht überlieferten Brief von Engels („Ich habe Deinen Brief mit den 5 £ erhalten“), geschrieben zwischen dem 10. und 19. Januar 1868 (Engels an W. Liebknecht, zw. 10. u. 19.1.1868).

Die Beilage („Beiliegend für 13 reichstaler Aktien“) ist nicht überliefert.

Engels hat den Brief Liebknechts seinem Schreiben an Marx vom 23. Januar 1868 beigelegt (siehe Engels an Marx, 23.1.1868: „Aus inl. Wisch ersiehst Du …“).

 

Zitiervorschlag

Wilhelm Liebknecht an Friedrich Engels in Manchester. Leipzig, Montag, 20. Januar 1868. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000529. Abgerufen am 24.04.2024.