| Wesel den 22/12 67.

Sehr verehrter Freund!

Verzeihen Sie, daß ich Ihnen erst heute für die vielen Aufmerksamkeiten meinen Dank darbringe, mit denen Sie mich – einen Ihnen gänzlich Fremden – während meines Aufenthaltes in Manchester wahrhaft überschüttet haben. Mit dem größten Vergnügen denke ich an den Ritt und die Stunden zurük, welche ich mit Ihnen zusammen verlebte; leider schwinden Stunden so schnell und wer weiß wann und wo wir uns wiedersehen. Ob Sie wohl zuweilen noch an mich denken?

Ich bin wieder als arbeitendes Glied in die große Maschiene eingereiht und wie Sie selbst aus Erfahrung | wissen, kann ich Ihnen weder Neues noch Interessantes aus unserer Werkstätte mittheilen; Dreyse ist todt, von Roon geht auf Urlaub, um nicht wieder activ zu werden, die Avancementsaussichten sind schlecht, wenn es nicht bald los geht, – Griffe nach zählen – Fechten nach Commando in der Companie – den  militärische Haartracht im 18. und frühen 19. Jahrhundert.
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Zopf
haben wir verloren, doch der Stummel ist sitzen geblieben und –  Anfangszeilen aus Ernst Moritz Arndts Gedicht „Vaterlandslied“ (1812).
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der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte
.

Um nicht ganz zu versauern und auch den Geist etwas frisch zu erhalten, damit man etwas leisten kann, wenn es einmal gilt, habe ich mich entschlossen, wenn möglich, einen jungen Engländer aus achtbarer, gebildeter Familie in’s Haus zu nehmen und für die  Die Royal Military Academy in Woolwich war eine Ausbildungstätte für Offiziere und Ingenieure.
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vorzubereiten. Sie, lieber Freund, können mir am besten rathen, wie ich diesen Zweck am sichersten erreiche, ob durch advertisements oder wodurch sonst; bitte rathen Sie mir.  Vielleicht Anspielung in Zusammenhang mit Engels’ Leidenschaft für die Fuchsjagd.
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Was | macht ihr hunter
?  Siehe Erl. zu Marx an Engels, 2.11.1867 und Marx an Engels, 14.12.1867.
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Wie befinden sich die fenians
? Nach den Zeitungen scheint Alles rand- und bandlos zu sein; die juten Engländer sind doch sehr leicht zu erschreckende Gemüther. –

Was macht  Vermutlich Eduard Gumpert.
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Eduards
Studium? Hat er jetzt zuweilen eine Stunde für sich? Bitte gehen Sie öfter zu ihm; er schätzt Sie so hoch.

Entschuldigen Sie die Flüchtigkeit dieser Zeilen, ich warf sie nieder kurz vor der  Kontrollgang beim Militär.
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Ronde
, die ich jetzt bei schauderhaften Wetter anzutreten habe.

Indem ich mich von Ihnen verabschiede wünsche ich Ihnen a merry Christmas and a happy new year. Was mag das neue Jahr uns bringen? Doch getrost nicht verzagt,  Vgl. das lateinische Sprichwort: Fortes fortuna adiuvat.
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fortuna küßt der Kühne.

Ich hoffe Sie haben mich nicht ganz vergessen und erfreuen mich bald mit einigen Zeilen.

Meine Abenteuer wird Ihnen wohl Ed. mitgetheilt haben.

Sie bestens grüßend bin ich Ihr ergebener

O. Whs.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Dieser Brief wird hier erstmals veröffentlicht.

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 285 × 218 mm. Wachs hat die ersten drei Seiten vollständig beschrieben, die vierte als Adreßseite (Mr. Engels) benutzt. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Archivsignatur des SPD-Archivs: „II 21 J 65“.

 

Zitiervorschlag

Otto Wachs an Friedrich Engels in Manchester. Wesel, Sonntag, 22. Dezember 1867. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000495. Abgerufen am 16.04.2024.