| Lieber Freund

Hierbei 2 Ausschnitte der Barmer Zeitung. 1 für Dich 1 für den Verleger Meißner.

Rhein u. Ruhrzeit. kann noch nicht gut hier sein. Ich werde aber doch schon heute durch Rittershaus mich erkundigen, an den die Ausschnitte sollten gesandt werden. Düsseldorfer Zeitung werde ich heute rüffeln. Ich hoffe es ist nur Dresemann’s Bummelei, die zu rüffeln ist. Hat er den Artikel nicht abgedruckt, so wird er sich erinnern müssen, daß ich ihm seine jetzige Stellung verschafft habe, als er ohne alle Hülfe war und daß ich ihn mehrere Male durch meine Vertheidigung vor gänzlichem Verscheiß gerettet habe.

Nach Mannheim geht ebenfalls heute ab. Wird auch wohl etwas Zeit brauchen: Geht via Barmen durch Frau Professorinn Ludwig Eckardt. Vielleicht interessirt sich auch der Professor, dies politische, literarische, kunsthistorische Allerweltsohrwürmchen höchst persönlich für die Sache. Ich habe mal mit ihm Bruderschaft gesoffen, als er sich mit kühnem Stolz: „der Mörder Latour’s“ nannte! –

Sonst nichts Neues. Ich war recht krank, lebte nur von rohen Eiern, starke Halsentzündung! Heute werde ich zum ersten Mal versuchen wieder in Gesellschaft zu diniren. Wetter abscheulich. „Der Regen regnet jechlichen Tag“! sagt Shakespeare. Dabei Hagel u. Wolkenbrüche. Die bekannten ältesten Leute wissen sich ähnlichen Wetters nicht zu erinnern. Dennoch 14–15o Réaumur.

Meine Frau grüßt Dich herzlich

In Treuen
Dein
Siebel

Madeira 20/12 67

| Apropos Kölner Zeitung

Der junge Ernst von Eynern in Barmen ist Mitarbeiter der Kölner Zeitung. Im vergangenen Jahr waren alle die bösen Artikel über Luxemburg (zum Theil nur „aus dem Wupperthal“ vorgezeichnet) aus seiner Feder. In manche andere Leitartikel (Dies Factum ist außer mir nicht vielen bekannt.) von Eynern treibt stark Nationaloekonomie. Er hat 5–6 Vorlesungen über Nationaloekonomie – (resp Arbeiterfrage Lassalle ect) fertig und wird dieselben diesen Winter im Verein: Kunst u Gewerbe öffentlich loslassen. Die erste war angekundigt, als ich abreiste.

Soll ich es mit von Eynern für die Kölner versuchen, so werde ich Meissner schreiben, wie er Eynern schreiben soll. Natürlich ist v. Eynern Bismarkirer!

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Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Blatt dünnem, weißem Papier im Format 132 × 205 mm. Siebel hat die erste Seite vollständig, die zweite zu drei Vierteln beschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

„Dies Factum ist außer mir nicht vielen bekannt.“ steht mit Einfügungszeichen am unteren Ende der Seite.

Anmerkungen zum Brief

Engels übersandte den vorliegenden Brief an Marx am 3. Januar 1868 und antwortete Siebel am 8. Januar 1868. Siehe Engels an Jenny Marx, 3. Januar 1868.

Zu den Beilagen („2 Ausschnitte der Barmer Zeitung“) siehe Erl.

Dem Brief wurde wahrscheinlich auch der von Siebel verfasste Entwurf eines Schreibens von Otto Meißner an Ernst von Eynern beigelegt (C. Siebel an Engels, 20. Dezember 1867 (2)); siehe „Soll ich es mit von Eynern für die Kölner versuchen, so werde ich Meissner schreiben, wie er Eynern schreiben soll.“.

 

Zitiervorschlag

Carl Siebel an Friedrich Engels in Manchester. Funchal, Freitag, 20. Dezember 1867. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000491. Abgerufen am 28.03.2024.