| Hannover, 3. Dcbr. 1867.

Mein hochverehrter, lieber Freund!

Haben Sie die Güte, wenn Sie sich nicht wohl befinden, so sagen Sie mir was Ihnen fehlt, damit ich mir eine bestimmte Vorstellung machen kann u. mich nicht unnöthig beunruhige. Ich hoffe es ist nicht schlimm? Nicht wahr? Wahrscheinlich haben Sie sich wieder überarbeitet, oder durch unzweckmäßige Diätetik geschadet. – Wie Cato werde ich nicht müde werden Ihnen stets von Neuem mein ceterum censeo zuzurufen u. das lautet: Bedenken Sie, daß Ihre Arbeit der Menschheit angehört u. daß durch die Vollendung Ihrer Werke der Entwicklungsproceß um Jahrhunderte befördert werden kann. –

Vorgestern legte ich an Freund Borkheim einige Zeilen an Sie ein, die Sie hoffentlich jetzt schon in Händen haben. Da Sie so freundlich sind sich dafür zu interessiren, so lassen Sie sich geflissentlich meine Briefe von Engels schicken. Wenigstens ersehen Sie daraus meinen guten Willen u. daß ich doch einige Resultate erziele.

In diesen Tagen wird auch in den hiesigen „Neuer Hann. Anzeiger“ etwas über Ihr Buch erscheinen, was ich Ihnen dann schicken werde. – Auch bei Stumpf habe ich angefragt ob er keine Beziehungen zur Preße hat u. ihn ersucht sich mit Büchner, etc in Verbindung zu setzen u. Anknüpfungspuncte in Mainz, Wiesbaden, Ffrt, Mannheim zu suchen. – An Liebknecht schreibe ich heute oder morgen im angedeuteten Sinne. – Die Aufforderung Ihre Schriften tüchtig zu studiren habe ich ihm bereits zukommen lassen. – Antwort natürlich keine. – Ein sehr empfindlicher Mangel ist es, daß die wenigen | Leute, die streng genommen zu unserer Parthei gehören, so außer aller Verbindung stehen. – Wir müssen nothwendig in engen Connex treten u. uns straff organisiren, um so mehr, als der Einfluß unserer Parthei eigentlich nur ein intellectueller ist, getragen von Ihnen u. Engels. – Bei wohlüberlegter Action kann es wohl gelingen uns Freunde unter allen Classen der Gesellschaft zu bilden, um so mehr als wir der Tagespolitik anscheinend einstweilen fremd bleiben. – Sie wollten mich ja mit einen Gesinnungsgenossen in Elberfeld oder Barmen in Verbindung bringen. – Ich werde diesen Gesichtspunct scharf im Auge behalten u. bitte Sie u. Engels, mich mit Jedem bekannt zu machen, der diesem Plane dienen kann. – Haben Sie Beziehungen in Rußland? – Es ist mir eingefallen, daß ich auf der Naturforscher-Versammlung vor 2 Jahren hier 2 russische Collegen kennen lernte, hervorragende Ärzte, der eine in Petersburg, der andere in Warschau, die ich um Placirung von Artikeln ersuchen könnte, die ich dann in russischer oder deutscher Sprache, wie Sie es am Besten halten, dann natürlich mir erbitten müßte. – Soll ich mich mit Jacobi-New-York, Meyer-Louisville in Verbindung setzen? Wenn Ihnen in Pittsburgh (Pa) Jemand dienen kann, so wenden Sie sich sans façon an meinen Schwager (Mann der Schwester meiner Frau) Dr. Arnold Herz Esq. unter Bezugnahme auf mich. Ihr Name ist ihm rühmlich bekannt, auch ist er etwas socialistisch inficirt. – Er ist ein wissenschaftlich gebildeter Bergmann, Petroleum-Raffinateur u. genießt dort ein großes Ansehen. – Durch Verwandtschaft steht er mit der Haute-Finance New-York’s in Verbindung. –

| Von Engels erwarte ich nun täglich Artikel für Würtemberg. Was Sie interessiren kann schreibe ich Ihnen. –

Einliegend die letzten Briefe, welche ich mit Bürgers wechselte u. die ich Ihnen versprach. – Meine Frau hat den meinigen copirt. –

Es freut mich, daß wir für Leipzig u. Paris gute Aussichten haben. – Übrigens hat Meissner recht (Brief an Engels beigelegt) man kann noch nichts erwarten, ein solches Buch will erst studirt sein. –

Meine Frau grüßt u. dankt für Ihre Anweisung. Ich habe ihr schon Einzelnes vorgelesen. – Sie liest erst den Engels. –

Gute Nacht, lieber Freund, ich will Sie nicht mit der Bitte um Antworten belästigen, aber ich möchte doch gern bald wissen wie es mit Ihrem Befinden steht.

Stets
der Ihrige
LKugelmann
Dr

Fränzchen grüßt, u. dankt Miss Eleanor für freundliche Unterschrift. –

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Dieser Brief wird hier erstmals veröffentlicht.

Absender

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen dünnem, weißem Papier im Format 268 × 205 mm. Prägung: „Dr. L. Kglm.“ Kugelmann hat die ersten zwei Seiten vollständig, die dritte Seite zu vier Fünfteln beschrieben, die vierte Seite ist leer. Der Text auf der zweiten Seite („Leute, die streng genommen ... in Verbindung. –“) ist quer geschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von Kugelmanns Hand: Randanstreichungen („Sie wollten mich ja mit einen Gesinnungsgenossen in Elberfeld oder Barmen in Verbindung bringen.“; „Haben Sie Beziehungen in Rußland?“; „Soll ich mich mit Jacobi-New-York, Meyer-Louisville in Verbindung setzen?“).

Anmerkungen zum Brief

Kugelmann beantwortet Marx’ Brief vom 30. November 1867 (Marx u. E. Marx an L. u. F. Kugelmann, 30.11.1867). Marx antwortete am 7. Dezember 1867 (Marx an L. Kugelmann, 7.12.1867) und übersandte den Brief an Engels ebenfalls am 7. Dezember 1867 (siehe Marx an Engels, 7.12.1867). Engels schickte ihn am 12. Dezember 1867 zurück (siehe Engels an Marx, 12.12.1867).

Die Beilagen („Einliegend die letzten Briefe ...) zum Brief sind nicht überliefert. Siehe Erl.

 

Zitiervorschlag

Louis Kugelmann an Karl Marx in London. Hannover, Dienstag, 3. Dezember 1867. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000464. Abgerufen am 28.03.2024.