| Mchr 16 Juni 1867.
Lieber Mohr,
Ich bin seit 8 Tagen durch allerlei Krakehl mit
Monsieur Gottfried
Ermen.
Schließen Gottfried & andre derartige Geschichten &
Störungen so derangirt worden daß ich nur selten Siehe Marx
an Engels, 3.6.1867.
Schließen zum
Studium der Werthform Ruhe hatte. Sonst hätte ich Dir die Bogen längst
zurückgeschickt. Bogen 2
namentlich trägt ein etwas gedrücktes Carbunkelgepräge, das ist aber nun nicht
mehr zu ändern & ich meine Du machst im Nachtrag weiter Nichts darüber, denn
der Philister ist doch an diese Art abstracten Denkens nicht gewöhnt & wird
sie sich der Werthform zu Gefallen sicher nicht anquälen. Höchstens würde das
hier dialectisch Gewonnene etwas weitläuftiger historisch nachzuweisen,
sozusagen aus der Geschichte die Probe darauf zu machen sein obgleich dafür das
Nöthigste auch schon gesagt ist; Du hast aber so viel Material darüber daß Du
gewiß noch einen ganz guten Excurs darüber machen kannst der dem Philister auf
historischem Wege die Nothwendigkeit der Geldbildung & den dabei
stattfindenden Prozeß nachweist.
Du hast den großen Fehler begangen den Gedankengang dieser abstracteren
Entwicklungen nicht durch mehr kleine Unterabtheilungen &
Separatüberschriften anschaulich zu machen. Diesen Theil hättest Du behandeln
sollen in der Art wie die Georg Wilhelm
Friedrich Hegel: Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im
Grundrisse. Theil 1: Die Logik. ... Berlin 1840.
Schließen Hegelsche
Encyklopädie,
mit kurzen Paragraphen, jeden dialektischen Übergang durch besondre Überschrift
hervorgehoben, & wo möglich alle Excurse & bloßen Illustrationen mit
besondrer Schrift gedruckt. Das Ding würde etwas schulmeisterlich ausgesehen
haben, das Verständniß für eine sehr große Klasse Leser aber wesentlich
erleichtert worden sein. Der populus, selbst der gelehrte, ist eben an diese Art
zu
| denken gar nicht mehr gewohnt, & man muß ihnen da jede mögliche
Erleichterung zukommen lassen.
Im Vergleich mit der Karl Marx: Zur Kritik der Politischen Oekonomie.
Erstes Heft. Berlin 1859. (MEGA2 II/2.
S. 95–245.) Das Werk erschien im Verlag von Franz Duncker.
Schließen früheren Darstellung (Dunker)
ist der Fortschritt in der Schärfe der dialektischen Entwicklung sehr bedeutend,
in der Darstellung selbst gefällt mir Manches in der ersten Gestalt besser. Es
ist sehr schade daß grade der wichtige zweite Bogen unter dem Carbunkeldruck
leidet. Daran ist aber nichts mehr zu ändern, & wer capabel ist dialektisch
zu denken versteht es doch. Die übrigen Bogen sind sehr gut & haben mir viel
Freude gemacht. Hoffentlich kannst Du mir bald wieder ein fünf bis sechs Bogen
schicken (wobei ich bitte Bogen 5 wieder beizulegen damit ich richtig in den
Faden komme), die hier einzeln gelesenen Bogen werden sich im Zusammenhang viel
besser machen.
Einige Druckfehler hab’ ich noch entdeckt. Ich würde ins Verzeichniß nur die wirklich sinnentstellenden aufnehmen.
Gestern war ich bei Gumpert. Pauvre garçon! Er kommt täglich mehr herunter. Es war unmöglich ihn für irgend etwas Wissenschaftliches, nicht einmal Politisches zu interessiren. Stadtklatsch nichts als Stadtklatsch. Und dabei wundert er sich daß man nicht öfter zu ihm kömmt.
Aug[ust]
Wilh[elm] Hofmann: Einleitung in die moderne Chemie. Nach einer
Reihe von Vorträgen gehalten in dem Royal College of Chemistry zu
London. Braunschweig 1866. Das Buch beinhaltet die
Veröffentlichung der 1865 gehaltenen Vorlesungen Hofmanns, die Marx besucht
hatte (siehe Marx
an Engels, 22.6.1867) und die ihn u.a.
anregten, sich für Chemie als Naturwissenschaft zu interessieren.
Zu
Marx’ Chemiestudien in den 1870er Jahren siehe MEGA2 IV/31, Einführung, S. 627–632,
643/644, 657–678 und 682–685. Siehe auch Marx
an Engels, 22.6.1867.
Schließen Den Hoffmann gelesen. Die
neuere chemische Theorie mit all ihren Fehlern ein großer Fortschritt gegen die
frühere atomistische. Die Molecüle als kleinster selbstständiger Existenz fähiger Theil der Materie ist eine ganz
rationelle Kategorie, Georg Wilhelm
Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik. Th. 1. Die objektive Logik.
Abth. 1. Die Lehre vom Seyn. Hrsg. von Leopold von Henning. 2.
unveränd. Aufl. Berlin 1841. (Werke. Vollst. Ausg. durch
einen Verein von Freunden des Verewigten … Bd. 3.) S. 433/434: „In chemischen Verbindungen kommen bei der
progressiven Aenderung der Mischungsverhältnisse solche qualitative
Knoten und Sprünge vor, daß zwei Stoffe auf besondern Puncten der
Mischungsscale, Producte bilden, welche besondere Qualitäten zeigen.
Diese Producte unterscheiden sich nicht bloß durch ein Mehr oder Weniger
von einander, noch sind sie mit den Verhältnissen, die jenen
Knotenverhältnissen nahe liegen, schon vorhanden, etwa nur in einem
schwächern Grade, sondern sind an solche Puncte selbst gebunden.“ Siehe
auch ebenda. Kapitel 2. Das reale Maaß. Punkt B. Knotenlinie von
Maaßverhältnissen. S. 445–452, sowie Friedrich Engels:
Dialektik der Natur. (MEGA2 I/26.
S. 180.13–14 und Erl.).
Schließen ein „Knoten“ wie Hegel sagt, in der
unendlichen Reihe der Theilungen, der sie nicht abschließt aber einen
qualitativen Unterschied
| setzt. Das Atom – früher als Schranke der
Theilbarkeit dargestellt – ist jetzt bloß noch ein Verhältniß, obwohl Monsieur Hoffm. selbst alle Fingerlang wieder in die alte Vorstellung
zurückfällt es gäbe wirklich untheilbare Atome. Im übrigen sind die in dem Buch
constatirten Fortschritte der Chemie wirklich ungeheure, & Schorlemmer sagt daß diese
Revolution noch täglich vor sich geht so daß man alle Tage neue Umwälzungen
erwarten kann.
Beste Grüße an Deine Frau, die Mädchen & den Paul Lafargue, der als
Medizinstudent große Erwartungen in die Anwendung von Elektrizität zur
Krankenbehandlung setzte.
Schließen Elektriker.
F. E.
Karl Marx: Das
Kapital. Bd. 1. Siehe Marx
an L. Kugelmann,
10.6.1867.
Schließen 5 Bogen heute zurück.
Zeugenbeschreibung und Überlieferung
Zeugenbeschreibung
Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 230 × 180 mm. Wasserzeichen: „A Pirie & Sons 1866“. Prägung: Wappenschild im Oval mit der Aufschrift „London Superfine“. Engels hat die erste und die zweite Seite vollständig, die dritte zur Hälfte beschrieben, die vierte Seite ist leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.
Von Eduard Bernsteins Hand: Nummerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten: 14,1 bis 14,3 (gestrichen); 326,1 bis 326,3.
Von Heinrich Dietz’ Hand: Nummerierung des Briefes auf der ersten Seite oben in der Mitte: „892“.
Von unbekannter Hand: auf der ersten Seite oben links mit Bleistift der Vermerk: „W.“
Anmerkungen zum Brief
Engels beantwortet Marx’ Brief vom 3. Juni 1867 (Marx an Engels, 3.6.1867). Marx antwortete ihm am 22. Juni 1867 (Marx an Engels, 22.6.1867).
Zitiervorschlag
Friedrich Engels an Karl Marx in London. Manchester, Sonntag, 16. Juni 1867. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000277. Abgerufen am 28.03.2024.