| 27. März 1867.

Lieber Engels,

Ich hatte mir vorgenommen, Dir nicht zu schreiben, bis ich Dir das Fertigsein   Karl Marx: Das Kapital. Siehe Erl. zu Marx an J. Ph. Becker, zw. 9. u. 15.1.1866.
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des Buches
anzeigen könnte,  Siehe Engels an Marx, 4.4.1867.
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was jezt der Fall ist.
Ich wollte Dich auch nicht ennuyiren mit den Ursachen des abermaligen Aufschubs, nämlich Karbunkeln am Hintern u. in der Nähe des penis, deren letzte Reste jezt verblühn u. die mir nur unter grossen Schmerzen sitzende Position (also schreibende) erlaubten. Arsenik nehm ich nicht, weil es mich zu dumm macht u. ich wenigstens für die Zeit, wo das Schreiben möglich war, den Kopf beisammen haben mußte.

 Marx reiste von London am 10. April ab und kam am 12. April 1867 in Hamburg an. Siehe Marx an Engels, 13.4.1867 und Erl.
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Ich muß nächste Woche selbst mit dem Mscpt nach Hamburg.
 Siehe O. Meißner an Marx, 20.12.1866.
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Der Ton des letzten Briefs des Herrn Meißner gefiel mir nicht.
 Siehe S. L. Borkheim an Marx, 1.4.1867 .
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Dazu erhielt ich gestern einliegenden Wisch von Borkheim.
Ich habe alle Ursache zu glauben, daß der Schre // „continentale Freund“ Herr Geheimrath Bucher ist.  Siehe auch S. L. Borkheim an Engels, 25.3. 1867.
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Borkheim hatte ihm nämlich einen Brief, den er mir vorlas, geschrieben, von wegen seiner Reiseverhältnisse nach Schlesien, wo er in Familienangelegenheiten hin will.
Bucher hat ihm unmittelbar geantwortet.  Diesen Verdacht äußert auch Borkheim in seinem Brief an Johann Philipp Becker vom 6. April 1867: „Es ist mir kaum möglich, nicht anzunehmen, daß die Gerüchte über Marx’sches Elend und über das Geschick seines Buches aus sehr unlautern Quellen fließen, deren Zustand Ihr angelegentlich untersuchen solltet. Es scheint mir, als wolle man zum Voraus den möglichen Werth des staatsöconomischen Buches dadurch schmälern, daß man den Schreiber als in selbstverschuldetes Elend gerathenen Privatlumpen darstellt. Sei auf der Huth, Alter! Meine Andeutungen werden wohl genügen.“ (IISG, Nachlass Johann Philipp Becker, Sign. D I 185).
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Ich wittere also hinter diesen canards eine Intrigue
u.  Siehe Marx an Engels, 17.12.1866 und Erl.
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muß dem Meißner das Messer persönlich auf die Brust setzen. Sonst ist wäre der Kerl im Stand mein Mscpt (ungefähr 25 starke B[ogen] Druckbogen , wie ich rechne) zurückzuhalten und zugleich nicht drucken zu lassen unter dem Vorwand, das den zweiten Band „abwarten“ zu wollen.

 Siehe Engels an Marx, 4.4.1867 „Damit der Nervus Rerum nicht fehlt ...“ – Zur „Champagnerkur“ siehe Marx an Engels, 21.2.1867.
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Ich muß nun d'abord meine Kleidungsstücke u. Uhr, die sich // im Pfandhaus wohnen, herausnehmen. Ich kann auch kaum meine Familie im jetzigen Zustand verlassen, wo sie sans sou, u. die Gläubiger täglich unverschämter werden. Endlich, damit ich das nicht vergesse, alles Geld, was ich für Laura's Champagnerkur ausgeben konnte, habe ich den Weg alles Fleisches gesandt. Sie muß aber noch jezt Rothwein haben u. besseren als ich | kommandiren kann. Voilà la situation.

 Anfang Januar 1867 erhoben die Arbeiter in Paris Forderungen nach Lohnerhöhungen. Ihre Organisation, die Chambre syndicale des ouvriers en bronze, rief ihre Mitglieder auf, sich auf einen allgemeinen Solidaritätsstreik vorzubereiten. Da die Unternehmer den Forderungen der Arbeiter nicht nachkamen, begannen am 26. Januar 1867 die Arbeiter einiger Werkstätten zu streiken. Auf einer Versammlung am 14. Februar nahmen die Unternehmer eine Resolution an, in der sie mit Aussperrung drohten, falls die Chambre bis zum 25. Februar nicht aufgelöst werde. Mitte Februar schlossen sich viele Bronzegießer der Organisation an, die als Streikziel nun auch das Koalitionsrecht anstrebte.Als Antwort auf die Forderungen der Streikenden sperrten am 27. Februar 1867 weitere Fabrikanten ihre Arbeiter aus, so daß sich bis Anfang März 1867 2000 Arbeiter im Ausstand befanden. Der Generalrat der IAA unterstützte aktiv den Streik. Am 5. März 1867 besprach der Generalrat der IAA die Briefe von Ernest Édouard Fribourg über die Lage der Streikenden in Paris und Maßnahmen zu ihrer Unterstützung (Minutes of the General Council 1866/1867. In: MEGA2 I/20. S. 537.13–19 und Erl.).– Unmittelbar nach der Sitzung des Generalrats am 5. März 1867 (siehe ebenda) veröffentlichte Dupont einen Brief über die Solidarität der IAA mit den Bronzegießern. Siehe Eugène Dupont: L’association internationale des travailleurs ne pouvait rester indifférente … In: Le Courrier français. Paris. Nr. 10, 10. März 1867. S. 5, unter den Begleitworten: Nous recevons de Londres la lettre suivante. Siehe Alix Guillain an Marx-Engels-Lenin Institut, 12. Februar 1936 (RGASPI, Sign. f. 71, op. 50, d. 143, Bl. 47, 50). Dupont berichtete, daß das Subkomitee sofort an die wichtigsten Trade-Unions geschrieben habe bzw. Abordnungen senden werde. Am 4. März sei er mit Marx, Hermann Jung, Paul Lafargue und Jacques Van Rijen beim London Trades Council gewesen, der einstimmig einen Beschluß gefaßt habe, die Pariser Bronzegießer in ihrem Streik zu unterstützen. Anschließend sei die Abordnung noch zur Day-Working Bookbinders’ Society, London, gegangen. – „The Bee-Hive Newspaper“. London, Nr. 282 vom 9. März 1867, S. 6, und „The Commonwealth“. London, Nr. 209 vom 9. März 1867, S. 4 veröffentlichten den auf Initiative der Generalratsmitglieder vom London Trades Council beschlossenen Aufruf zur Unterstützung der Pariser Bronzegießer: „London Trades Council. The council held …“ bzw. „London Trades Council“. In französischer Übersetzung erschien der Aufruf in: Le Courrier français. Paris, Nr. 11, 17. März 1867. S. 3 unter dem Titel „La grève du bronze. Adresse du Trade’s Council, London 7 Mars 1867, à toutes les sociétés anglaises, sur les ouvriers du bronze de Paris“, unterzeichnet von George Odger. Siehe Alix Guillain an das Marx-Engels-Lenin Institut, 12. Februar 1936, (RGASPI, Sign. f. 71, op. 50, d. 143, Bl. 47, 50). – Auf den Sitzungen des Generalrats der IAA im März/April 1867 berichtete man regelmäßig über Geldsammlungen der Arbeiter zur Übersendung nach Paris (siehe Minutes of the General Council 1866/1867. In: MEGA2 I/20. S. 539.1–19, 541.5–7, 543.3–8, 544.4–10, 545.21–22.– Dank der Unterstützung endete der Streik erfolgreich. Am 24. März 1867 erklärte sich die Unternehmervereinigung zu neuen Tarifabschlüssen bereit.Siehe ebenda. S. 545.18–21 und Erl.
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Unsere „International“ hat einen grossen Sieg xx // gefeiert. Wir verschafften den auf Strike befindlichen Parisern Pariser Bronzeworkern Geldunterstützung von den London Trades’ Unions. Sobald die Meister das sahen, gaben sie nach. Die Sache hat viel Lärm in den französischen Blättern gemacht u. wir sind jezt in Fkch eine etablirte Macht.

 Die Verhandlungen um den beabsichtigten Gebietserwerb des zu den Niederlanden unter König Willem III (gleichzeitig Großherzog von Luxemburg) gehörenden Großherzogtums Luxemburgs durch die französische Regierung unter Kaiser Napoléon III („Luxemburger Krise“) mündeten in die Beschlüsse der Londoner Konferenz vom 7. bis 11. Mai 1867. Der anfangs in Geheimverhandlungen von der Regierung Bismarck gebilligte Verkauf scheiterte, nachdem die Pläne öffentlich geworden waren. Es blieb beim Status quo, wobei Luxemburg, zur Neutralität verpflichtet, unter der niederländischen Krone verblieb und Preußen seine Garnison aus der Festung abzog. Siehe Erl. zu Marx an Engels, 10.8.1866; Engels an Marx, 4.4.1867 „Die Luxemburger Geschichte …“; S. L. Borkheim an Engels, 30.5.1867 „das Resultat der Conferenz …“ und Erl.; Baumgart: Europäisches Konzert. S. 388–394.
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Die Luxemburger Affaire scheint mir zwischen Bismark u. Bonaparte abgekartet. Möglich, aber nicht wahrscheinlich, daß der erstre sein Wort nicht halten kann oder will.
Die russische Einmischung in die deutschen Verhältnisse ist sonnenklar

1) Daraus,  Seit der Hochzeit einer württembergischen Prinzessin mit dem russischen Thronfolger Pavel Petrovič (Pavel I) im Jahre 1776 (Strauß: Der Besuch des russischen Großfürsten Paul Petrowitsch in Berlin 1776.) waren die Beziehungen Russlands zu diesem deutschen Territorium durch mehrere wechselseitige Heiraten zwischen den Herrscherhäusern intensiver als zu vielen anderen deutschen Teilstaaten. Der Friedensvertrag Preußens mit dem Königreich Württemberg wurde als erster, am 13. August 1866, geschlossen, die weiteren fünf Verträge in der Zeit vom 17. August (Baden) bis 21. Oktober (Sachsen). Siehe Erl. zu Marx an Engels, 27.7.1866 und Erl. zu Marx an Engels, 29.1.1867 sowie Baumgart: Europäisches Konzert. S. 384/385.
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daß der Würtembergische Vertrag mit Preussen schon am 13. August vor allen anderen, geschlossen war;

2)  Anspielung auf die Rede Bismarcks auf der 14. Sitzung des Norddeutschen Reichstags am 18. März 1867. (Abdruck in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags des Norddeutschen Bundes im Jahre 1867. Bd. 1. (24.2.-17.4.). Berlin 1867. S. 210-213). Es wurde der „Entwurf der Verfassung des Norddeutschen Bundes“ verhandelt. Bismarck anwortete äußerst abweisend auf die Protestrede eines polnischen Abgeordneten hinsichtlich der Eingliederung der Provinz Posen und anderer polnischer Gebiete in den Norddeutschen Bund und der beklagten mangelnden Berücksichtigung der polnischen Nationalität.(Abdruck in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages des Norddeutschen Bundes im Jahre 1867. Bd. 2 (Anlagen). Berlin 1867. S. 11–17 (Actenstück Nr. 10). Siehe Engels an Marx, 4.4.1867 und Marx an Engels, 7.5.1867.
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aus Bismarks Auftreten mit Bezug auf die Polen.

 Siehe auch Engels an Marx, 4.4.1867 „An der Allianz ...“.
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Die Russen sind thätiger als je. Zwischen Frankreich u. Deutschland brocken sie die Suppe ein. Oestreich ist an sich hinreichend gelähmt.
Den Herrn Engländern wird in den United States aufgespielt werden.

Salut

D
KM

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 227 × 179 mm. Prägung: „Extra Super“ in einem Kranz. Marx hat die erste Seite vollständig beschrieben, die dritte zu zwei Dritteln, die zweite und vierte Seite sind leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von Eduard Bernsteins Hand: Nummerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten: „6,1“ bzw. „6,2“.

Von unbekannter Hand: der Vermerk „+“ mit Bleistift auf beiden beschriebenen Seiten oben rechts.

Datierung in der Erstveröffentlichung: 27. März 1867.

Anmerkungen zum Brief

Zur Datierung: Marx legt seinem Brief ein Schreiben von Borkheim bei, das er „gestern“ erhalten hatte. Borkheim schrieb Marx am 1. April 1867 (S. L. Borkheim an Marx, 1.4.1867); Engels beantwortet den vorliegenden Brief am 4. April 1867 (Engels an Marx, 4.4.1867). Entsprechend wird der Brief auf den 2. April 1867 datiert.

Die Beilage („Wisch von Borkheim“) ist überliefert (siehe S. L. Borkheim an Marx, 1.4.1867).

 

Zitiervorschlag

Karl Marx an Friedrich Engels in Manchester. London, Dienstag, 2. April 1867. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000242. Abgerufen am 19.03.2024.