| 65, Fenchurch Street, E.C.
London, 25st. März 1867.

Lieber Engels,

Der junge Schyler hat mir heute Ihre freundlichen Grüße bestellt. Gleiches thaten auch vor einigen Monaten der alte S. Oppenheim und Lanville, der Schwager des Doktor Gumpert.

Vor mehreren Wochen schickte ich Ihnen einen „Hermann“. Der darin enthaltene Artikel „Niemen“ wird Ihnen Beweis gewesen sein von meinen Fortschritten in der russischen Sprache.

Ich gehe jetzt des Herzen russische Schreibereien durch, um seinem Verhalten gegen die Deutschen gründlich auf die Spur zu kommen, und, je nachdem, ihm von Zeit zu Zeit auf die Finger zu klopfen. Marx sagt | mir, daß seine von ihm so genannte „socialistische“ Brühe dem Haxthausen abgequetscht ist, und daß Sie, da ich hinlänglich mit dem Russischen beschäftigt, auf mein Ersuchen, so gut sein würden, mir das Verhältniß Herzenscher Weisheit zu Haxthausenschen Untersuchungen in Kürze verständlich zu machen. Marx selbst wird mir das Herzen-Proudhonsche Verhältniß erläutern. So schaffe ich mir nach und nach einiges Material an zur „Bearbeitung“ des antideutschen Panslavismus. Läßt sich Herzen auf die Erörterung ein, so wird's vergnüglich; nur rechne ich, aufrichtig gestanden, dabei nicht wenig auf Sie und Marx. Schweigt er, so lasse ich vielleicht meine Ergüsse | des Тейтштумъ irgendwo auf Russisch erscheinen, und was Herzen-Haxthausen und Herzen-Proudhon angeht, in einem Genfer Blatte auf Französisch, oder gar in einem Pariser. –

Sind Sie jetzt auch militärgerichtlich straffrei? Ich weiß wahrlich immer noch nicht, woran ich bin, und habe mich vorgestern an meinem alten Freund und Gönner Bucher, jetzigen „wirklichen Legationsrath“ gewandt, mit der Bitte, mir Erlaubniß zur Rückkehr, auf 6 Wochen, wenigstens, zu erwirken.

Kommt Ihnen die Berliner „Zukunft“ vor die Augen? Ich empfehle Ihnen das Blatt. Vor einigen Tagen fand ich einen Bericht drin über eine Vorlesung des Chefs des statistischen Bureaus | Engel, welcher der Kronprinz und andere swells beiwohnten (– ich glaube auf russisch ist ein swell надуть), und in der er Ihres Buchs über die englischen Arbeiter Erwähnung that. Welches ist der genaue Titel Ihres Buchs und wo kann man es kaufen?

Nun etwas business! – Ich habe immer ein nicht unbedeutendes Lager von Cigarren hier, die ich selbst direkt importire. Sie sind ja ein Hauptroocher. Ich empfehle mich Ihnen bestens für diesen Toback und bitte Sie, mich Ihren rauchenden Freunden zu empfehlen. –

Wie ich höre, hat Sie der junge Schyler grausam behandelt. Das Ihnen von ihm nicht abgezogene Diskonto werden wir entweder verkneipen – natürlich Sie und ich – nicht der harttaschige junge Bordelais – oder von einer anderen Rechnung zu Ihren Gunsten abziehen. – Herr Schyler sagt mir auch, Sie wollen mir schreiben; nun das ist recht und es ist auch mal Zeit. Außer dieser versprochnen Zuschrift erwarte ich aber, worum ich oben gebeten. Grüßen Sie Dr Gumpert.

Freundlichst der Ihrige
Borkheim

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Dieser Brief wird hier erstmals veröffentlicht.

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 259 × 203 mm. Wasserzeichen: „Extra Superfine A C J“. Aufdruck der Firma „Schröder & Schÿler & Co auf der ersten Seite oben (siehe in den „Anmerkungen zum Brief“: S. L. Borkheim an Marx, 8.1.1866). Borkheim hat alle vier Seiten vollständig beschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von unbekannter Hand: Nummerierung des Briefes „35“ mit Bleistift auf der ersten Seite oben in der Mitte.

Anmerkungen zum Brief

Engels’ Antwortbriefe vom 4. April 1867 (siehe S. L. Borkheim an Engels, 11.4.1867: „Ihre beiden Briefe vom 4ten habe ich richtig erhalten ...“) sind nicht überliefert (siehe Engels an S. L. Borkheim, 4.4.1867 und Engels an S. L. Borkheim, 4.4.1867 (Auszug).

Zum Aufdruck siehe S. L. Borkheim an Marx, 8.1.1866.

 

Zitiervorschlag

Sigismund Ludwig Borkheim an Friedrich Engels in Manchester. London, Montag, 25. März 1867. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000238. Abgerufen am 24.04.2024.