| Barmen 13 August 66

Lieber Friedrich

Ich hatte dem Hermann gesagt wenn er Dir schrieb wollte ich einen Brief einlegen, u. nun schreibt er heute ohne es mir zu sagen u. ich muß diesen Brief hinter her schicken. Wie ich höre hat er Dir geschrieben daß ich nicht nach Ostende gehe. Ich kam extra von Engelskirchen hierher um mit Hedwig nach Ostende zu gehn, die Cholera ist aber sehr bedeutend dort u. es soll gar nicht dort gebadet werden. Da nun Elise mich mit ihrer Familie hier besuchen will, so bleibe ich einstweilen hier. Nun habe ich von Marie den Auftrag erhalten Dich zur Hochzeit ihrer Tochter Marie einzuladen, die wahrscheinlich den 5t oder 6t Septbr sein wird, dazu bleibe ich hier u. | Elise kommt auch deshalb hierher, hoffentlich wirst Du Deine Reise so einrichten können, daß Du dabei bist. Die Hochzeit sollte eigentlich im August sein, der Bruder des Bräutigams war aber einberufen u. Letzterer war sogar auch 14 Tage in Magdeburg bei einem Ersatz-Bataillon kam aber, nach einer energischen Reklamation wieder zurück. Er ist so lange sein Bruder nicht zurück ist der einzige Prinzipal im Geschäft u. kann deshalb nicht fort u. bevor der Bruder nicht da ist, können sie keine Hochzeitsreise machen, was die kleine Marie doch sehr wünscht. Wenn L. Napoleon jetzt nicht hintennach noch seine Streiche macht wird er wol bald kommen.

Alberth Griesheim ist merkwürdiger  | Weise in keinem Gefecht gewesen, er hat den Kurfürsten von Hessen transportiert, war einige Tage in Cassel Komandant, ist viel marschiert u. hat große Strapatzen ausgehalten, war einmal mit 5 Bataillonen an die verschiedenen Eisenbahnen kommandiert, die hergestellt wurden, kurz er hatte gar keine Ruhe u. wir wußten nie wo er war. Seine Frau war mit ihren Kindern u. ihrer Mutter in Engelsk. bei Elise. Die arme Frau hat auch Angst u. Sorge genug gehabt, sie hat die letzte Zeit in Frankfurt sehr unangenehme Tage gehabt u. dankte Gott wie sie glücklich bei uns war. Zuletzt vor Würzburg sollte das 30te Regiment doch noch die Stadt nehmen, sie wurde ihnen jedoch im letzten Augenblick übergeben. Von hier ist ein Sohn von Peter Greef geblieben, | er hat eine junge Frau u. ein Kind von 9 Monaten hinterlassen. Moritz u. Ernst Snethlage waren auch beide mit, der erstere ist jetzt in Prag u. der Ernst in Dresden, sie haben auch keine Schlacht mit gemacht: das war eine recht bewegte u. aufregende Zeit die wir durchlebt haben. Günstlicherweise hatten wir eine Thelegraphen-Station in Engelsk. u. bekamen zuweilen Depeschen zu lesen, die nur durch nach Cöln gingen u. hörten auch sonst früh alles was vorgekommen war. Nach dem Siege bei Königsgrätset ließ Emil als Beigeordneter gehorig schießen u. es wurden auf dem Haus u. der Fabrick große Fahnen ausgehangen, es geschah hauptsächlich der Katholiken wegen – von denen die meisten sehr für Oestreich waren, | sie bildeten sich ein, wir müßten denn Alle katholisch werden u. es ist hier in Barmen u. auch an andern Orten vorgekommen daß der Lehrer in der Schule statt für den König von Preussen, für den Kaiser von Oestreich gebetet hat. Gebe Gott nur daß wir jetzt Frieden behalten der Krieg ist doch etwas schreckliches u. etwas unnathürliches daß Menschen gegeneinander geführt werden um sich auf die möglichst schnellste Weise ums Leben zu bringen. Doch nun genug davon. In der Familie hier sind jetzt einige etwas leident. Hedwig fühlt sich sehr angegriffen u. da der Arzt ein Seebad für zuträglich hält, so hat sie sich jetzt erkundigt ob die Cholera auch nicht in Boulogne ist, sonst hat sie Lust dahin | zu gehn. Mir ist die Reise zu weit u. auch das Wetter zu schlecht, wir haben hier auch sehr viel Regen. Rudolf ist seid etwas über 8 Tage auch gar nicht wohl, er war erkältet u. hatte Fieber, hat dabei viel Unruhe durch Besuch von Verwandten seiner Frau gehabt, sich nicht in Acht genommen u. dadurch ist es so schlimm geworden, daß er Nerwös ganz herunter ist, er muß die größte Ruhe haben u. kann nicht daran denken etwas zu arbeiten hoffentlich wird er in einigen Tagen so weit sein um noch 8 Tage an den Rhein zu gehn, er war schon 6 Wochen in Ems seines Halses wegen.

Nun leb wohl lieber Friedrich, ich freute mich sehr wieder Nachricht von Dir zu bekommen. Gott behüte Dich ferner. Schreibe mir recht bald wann Du kommen willst.

Mit treuer Liebe
Deine Mutter E.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen und einem Blatt mittelstarkem, weißem Papier im Format 284 × 220 mm bzw. 142 × 220 mm sowie einem Umschlag aus blauem Papier im Format 147 × 60 mm mit der Prägung „EE“. Die sechs Seiten hat Elisabeth Engels vollständig beschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Auf dem Umschlag fünf Poststempel: „Barmen 14 8 66 5–6 N.“ (dreimal), „P.D.“ und „2 M Manchester Au 16 66“ (auf der Rückseite) sowie eine Drei-Silbergroschen- und eine Zwei-Silbergroschen-Briefmarke.

Von unbekannter Hand: auf dem Umschlag mit Tinte der Vermerk „13.8.66“.

Anmerkungen zum Brief

Elisabeth Engels beantwortet einen nicht überlieferten Brief (Engels an E. Engels, vor 10.8.1866) von Engels, geschrieben vor dem 10. August 1866 (siehe H. Engels an Engels, 13.8.1866: „Dein Brief an sie“).

 

Zitiervorschlag

Elisabeth Engels an Friedrich Engels in Manchester. Barmen, Montag, 13. August 1866. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000153. Abgerufen am 20.04.2024.