| 20 June. 1866.

Dear Fred,

Das verdammte Wetter wirkt besonders fatal sur mon physique; u. dieß ist der Grund, warum ich Dir bisher weder den „Wein“ angezeigt, noch sonst geschrieben. Nach Manchester kommen, geht nicht, denn ich kann das Haus im present state nicht verlassen; ausserdem muß ich hier sein wegen der „Internat.“, wo meine French friends schon einmal meine Abwesenheit benuzt, um unter diesen trying circumstances dummes Zeug im Namen der Association zu machen.

Was hiesige Zeitungen betrifft, so ist es nach meiner Ansicht, falls die Sache in Manchester nicht geht, das Beste einen deftigen military article an die „Times“ zu schicken, wo Du Dich als der englische Correspondent der Darmst. Milit. Zeit. ankündigen kannst. Politische Rücksichten sind dabei nicht zu nehmen, da ein Lond. Blatt grad so schlecht wie das andre, u. es sich um die weiteste Publicität handelt.

Du mußt mich jezt „kritisch“ au courant des affaires in Italy u. Germany halten.

Gestern war im Intern. Council Debatte über die jetzige Kriegssache. Es war vorher angekündigt u. unser room sehr voll. Auch die Herrn Italiener hatten uns wieder beschickt. Die Diskussion was wound up, wie vorherzusehn, mit der „question of nationality“ überhaupt u. der Stellung, die wir dazu einzunehmen. Dieses sujet vertagt auf nächsten Dienstag.

Die Franzosen, sehr zahlreich vertreten, gave vent ihrer cordialen | Abneigung gegen die Italiener.

Uebrigens rückten die (Nichtarbeiter) Repräsentanten der „jeune France“ damit heraus, daß alle Nationalität u. Nationen selbst „des préjugés surannés“ sind. Proudhonisirter Stirnerianismus. Alles aufzulösen in kleine „groupes“ oder „communes“, die wieder einen „Verein“ bilden, aber keinen Staat. Und zwar soll diese „Individualisirung“ der Menschheit u. der entsprechende „mutualisme“ vor sich gehn, indem die Geschichte in allen andern Ländern aufhört u. die ganze Welt wartet, bis die Franzosen reif sind eine sociale Revolution zu machen. Dann werden sie uns das Experiment vormachen u. die übrige Welt wird durch die Kraft ihres Beispiels überwältigt, dasselbige thun. Ganz was Fourier von seinem phalanstère modèle erwartete. D'ailleurs sind alle „Reactionäre“, die die „sociale“ Frage mit den „superstitions“ der alten Welt incumbiren.

Die Engländer lachten sehr, als ich meinen speech damit eröffnete, daß unser Freund Lafargue etc, der die Nationalitäten abgeschafft hat, uns „französisch“, i.e. in einer Sprache angeredet , die 9/10 des Auditoriums nicht verstand. Ich deutete weiter an, daß gänzlich unbewußt er unter Negation der Nationalitäten ihre Absorption in die französ. Musternation zu verstehn scheine.

Uebrigens ist der Standpunkt jezt schwierig, weil man einerseits dem albernen englischen Italianismus, andrerseits der falschen französischen Polemik dagegen gleichmässig entgegentreten, u. namentlich jede Demonstration verhindern muß, die unsre Gesellschaft in einer einseitigen Richtung involviren würde.

Salut

D
KM

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Absender

Briefkontext

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, hellgrauem Papier im Format 270 × 208 mm. Marx hat die erste und dritte Seite vollständig beschrieben, die zweite und vierte sind leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von Eduard Bernsteins Hand: Nummerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten: „32,1“ bzw. „32,2“.

Anmerkungen zum Brief

Marx beantwortet Engels’ Brief vom 11. Juni (Engels an Marx, 11.6.1866) und vermutlich auch einen nicht überlieferten Brief von Engels, geschrieben zwischen 16. und 18. Juni 1866 (Engels an Marx, zw. 16. u. 18.6.1866, siehe Erl.).

 

Zitiervorschlag

Karl Marx an Friedrich Engels in Manchester. London, Mittwoch, 20. Juni 1866. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000128. Abgerufen am 16.04.2024.