| Mchr 16 Mai 1866.
Lieber Mohr
Siehe Marx an Engels,
10.5.1866.
Schließen Die Geschichte mit Freiligrath ist sehr
amüsant & sehr erfreulich.
Das hat er davon daß er sich an die respectabeln Leute der Emigration hängt & sich von
der „Partei“ lossagt. Was den
Blind angeht, so wird ihm Siehe Marx an Engels,
10.5.1866
und Erl..
Schließen mit Bezug auf sein: manus haec inimica tyrannis
zuzurufen sein daß Kinder nicht mit Schießgewehr spielen sollen. Otto von Bismarck hatte bei dem Attentat mit einer Kurzwaffe am 7. Mai
1866 (siehe Erl. zu Engels
an Marx,
9.5.1866),
vermutlich seiner dicken, warmen Kleidung wegen, ein „Panzerhemd“ soll er nicht
getragen haben, keine nennenswerten Verletzungen erlitten.
Schließen Übrigens ist aus der Geschichte ganz klar daß Bismark ein Panzerhemd trägt. Die Schüsse
müssen ihn alle getroffen haben, die 3 letzten werden als volle Treffer zugegeben,
& da der Revolver so construirt war daß er nicht ganz dicht schließend aufgesetzt
werden konnte, so ist keine andre Möglichkeit da. Man macht
diese Dinger jetzt sehr fein & doch stark. Sein Freund Bonaparte wird ihm schon eins verschafft &
empfohlen haben.
Monsieur Bismark hat sich offenbar in
den Kleinstaaten arg getäuscht, daher (lat.).
Schließen hinc
Zur von Bismarck vorgeschlagenen Verfassungsreform siehe Erl. zu Engels an Marx,
10.4.1866.
Schließen die Drohung mit der Reichsverfassung
& mit Bennigsen. Auch finanz.
Mißerfolge müssen vorgefallen sein. Kann man sich aber etwas Possirlicheres denken, als
Wilhelm I.
Schließen daß derselbe Wilhelm, der Anno 49 als Obergeneral die
Reichsverfassung zu Grabe trug, sie jetzt wieder
erwecken will, oder vielmehr muß. „Die Grundrechte des deutschen Volkes“
wurden Ende 1848 von der Frankfurter Nationalversammlung angenommen und 1851 vom
Bundestag wieder für ungültig erklärt. Die größeren deutschen Staaten lehnten den
Rechtskatalog ab.
Schließen Bismark als Restaurator der
„deutschen Grundrechte“, das ist zu komisch. In der Landwehr & den eingezognen Reserven siehts
auch nicht zum Besten aus, in Görlitz war bedeutender Krawall unter ihnen, die Linie mußte
ausrücken & sich zurückziehn weil die Kerle sich derartiges Einschreiten nicht wollten
gefallen lassen. Wenn diese Leute noch 3–4 Wochen unthätig unterm Gewehr stehn, sind sie
zu Allem kapabel. Und da weder Preußen noch Italien fertig ist zum Angriff, müssen sie
wohl noch bis Ende Mai wenigstens dastehn.
Soviel ist sicher, Mons. Bismarck hat
sich in eine Sauce hineingeritten mit der weder er noch das ganze bisherige
| Regime
fertig wird. Wenn es friedlich abgemacht wird, so hat er die disponiblen fonds vermöbelt
& wird sich schon deßhalb nicht mehr helfen können, & wenn es Krieg gibt so muß er
Die Kräfte der Unterwelt zu Hilfe rufen.
Nach: „Flectere si nequeo superos, Acheronta movebo“ – Publius Vergilius Maro: Aeneis VII, 312.
Schließen Acheronta movere, die ihn sicher verschlingen. Selbst ein directer Sieg der Kammerbürger hat
unter diesen Umständen einen revolutionären Charakter & muß weiter führen.
Trotz alledem kann ich mir noch immer nicht denken daß in der Mitte des 19 Jahrhdrts Nord
& Süddeutschland auf einander losschlagen werden bloß weil Bismark es im Interesse der Russen & des
Bonaparte so haben will. Wenn es aber
zum Klappen kommt, so kann es den Preußen schlecht gehn. Die Oestreicher scheinen diesmal
alle Kräfte bis aufs Äußerste anstrengen zu wollen, & wenn auch die Renommagen von
900,000 Mann Unsinn sind so wäre es immer möglich daß sie in Sachsen mit bedeutender
Überzahl aufträten. Preußen kann über das rheinische &
westfälische Corps gar nicht, über das sächsische nur theilweise
so verfügen daß es
//
gegen Östreich verfügen. Bleiben
die übrigen sechs Armeecorps, die schwerlich 240,000 Mann stark vor den Feind rücken
werden. Wenn die Oestr. wie es heißt, in Italien sich zunächst defensiv halten, so
brauchen sie dort nur 150,000 Mann, & können ganz gut 300–350,000 M. gegen Preußen
schicken – es sei denn daß die Russen sie nöthigen Galizien stark zu besetzen. Die
entscheidende Schlacht könnte dann von 180,000 Pr. gegen 240–280,000 Oestr. geschlagen
werden, & würde fast unfehlbar Siehe Erl. zu Engels an Marx,
2.4.1866.
Schließen Jena sein
& direct nach Berlin führen. Es ist aber schwer hierüber Hypothesen zu machen, da bei
den Oestr. die Truppen immer viel stärker auf dem Papier sind & auch stark gelogen
wird grade jetzt.
Leider ist Karl Ludwig (Charles) Rösgen.
Schließen Monsieur Charles mit dem Hauptbuch zurück worin meine Rechnung ist, so daß ich
augenblicklich gar nicht einmal ordentlich nachsehen kann wie ich stehe, & da in
6 Wochen das Bilanzjahr um ist, & ich dann ein bestimmtes Capital im Geschäft haben
muß, so muß ich mich bestimmt
//
danach richten. Sobald
ich kann werde ich mein Soll & Haben aufaddiren & Siehe Marx an Engels,
10.5.1866.
Schließen wenn
irgend möglich Dir einiges Geld schicken.
Jeden
| falls aber Siehe Marx an Engels,
9.6.1866
und Engels an Marx,
4.7.1866.
Schließen kannst Du darauf rechnen daß ich Dir in den
ersten Tagen des Juli, nach dem Bilanzjahresschluß, sofort eine £ 50.–
besorge.
Schön ist „Neue Preußische Zeitung“ (Berlin).
Schließen die Kreuzzeitung zu lesen wie sie für allgemeines Stimmrecht, Bonapartismus, Victor Emanuel etc auftritt. Der Schmutz den
die Kerls jetzt fressen müssen, ist massenhaft.
Beste Grüße an Deine Frau & die Mädchen.
DeinF. E.
Zeugenbeschreibung und Überlieferung
Zeugenbeschreibung
Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 231 × 180 mm. Wasserzeichen: „A Pirie & Sons 1865“. Prägung: „London Superfine“ und ein Wappenschild. Engels hat die ersten zwei Seiten vollständig beschrieben, die dritte zu einem Drittel, die vierte Seite ist leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.
Von Eduard Bernsteins Hand: Nummerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten: „309,1“ bis „309,3“ und „26,1“ bis. „26,3“ (gestrichen). Redaktionelle Vermerke.
Von Heinrich Dietz’ Hand: Nummerierung des Briefes: „846“ (gestrichen).
Anmerkungen zum Brief
Engels beantwortet Marx’ Brief vom 10. Mai 1866 (Marx an Engels, 10.5.1866). Marx’ antwortete am 17. Mai 1864 (Marx an Engels, 17.5.1866).
Zitiervorschlag
Friedrich Engels an Karl Marx in London. Manchester, Mittwoch, 16. Mai 1866. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000112. Abgerufen am 28.03.2024.