| Mein lieber Herr Engels,

Der arme Mohr hat wieder einen großen, sehr schmerzhaften Karbunkel. Er muß dabei liegen u. das Schreiben fällt ihm sehr schwer. Ich hoffe, daß wir in ein paar Tagen Herr über diesen ersten Ausbruch werden. Wie schrecklich, daß das jetzt wieder kommt. Sie glauben nicht, wie herrlich er im Zuge mit dem wirklichen Abschreiben des Buchs war. Es liegt schon ein ganzer schwerer Haufen zum Druck parat. Das zu anhaltende Sitzen u. Schreiben bis tief, tief | in die Nacht hinein u. die damit verbundene Aufregung sind sicher Schuld an dem neuen Ausbruch der Krankheit. Karl hofft, daß die Unterbrechung nicht lange dauern wird. Er will selbst versuchen heute etwas zu schreiben. Er schickt Ihnen hierbei einen Brief von Wilhelmchen, ebenso einen an Weydemeyer, dessen Addresse wir nicht wissen u. den ich Sie bitte besorgen zu wollen. Die Karten für die „International Society“ kosten 1 Sh. 1 ₰ Der Mohr meint aber daß Niemand Gentelmen | hindern würde 5–10 Sh. zu geben.

Sein Sie, lieber Herr Engels, tausendmal von uns Allen gegrüßt.

Ihre Jenny Marx.


Apropos. Endlich kamen ein paar Zeilen von unserm alten „Öhmchen“ Edgar an. Die Berliner scheinen sich anständig gegen ihn zu benehmen. Das Baby schreibt man habe ihm Röcke, Hosen, Westen, Handschuhe, Cigarren u. ein „Gesangbuch“ zu Weihnachten „bescheert“. | Der Doctor, den sie consultirt haben, erklärte seine Krankheit für eine Herzkrankheit. Wenn die Ärzte nicht wissen was sagen, muß immer die „allgemeine“ Herzkrankheit herhalten. Ich glaube sein Leiden liegt vielmehr in Lunge u. Hirn.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Absender

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 202 × 127 mm. Wasserzeichen: „Jo[ynson]“. Die ersten drei Seiten hat Jenny Marx vollständig beschrieben, die vierte zu zwei Dritteln. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Archivsignatur auf der ersten Seite oben: „11 P 14“ (links) und „A2“ (rechts).

Zu den Beilagen („Er schickt Ihnen“) siehe Erl.

Anmerkungen zum Brief

Die Datierung stützt sich auf folgende Tatsachen: Jenny Marx erwähnt den Brief Edgar von Westphalens aus Berlin mit der Beschreibung der Weihnachtsfeiern („ein paar Zeilen“). Ihr jüngerer Bruder begab sich am 4. November 1865 nach Berlin (siehe Erl.) und konnte somit im Januar 1866 von dort nach London schreiben. Jenny Marx erwähnt auch Marx’ schwere Krankheit, infolge derer er nicht am Manuskript des „Kapitals“ arbeiten konnte.

In ihrem Brief an Johann Philipp Becker vom 29. Januar 1866 (siehe J. Marx an J. Ph. Becker, 29.1.1866) schreibt sie, Marx liege schon seit einer Woche krank („Seit einer Woche liegt mein Mann ...“). Im Brief an Louis Kugelmann, geschrieben zwischen 23. und 26. Februar 1866 (siehe J. Marx an L. Kugelmann, 24. o. 25.2.1866) steht, ihr Mann sei seit 4 Wochen krank („Mein armer Mann“). Somit wäre der vorliegende Brief auf etwa Ende Januar 1866 zu datieren.

Datierung in der Erstveröffentlichung: nicht früher als 29. November 1864.

 

Zitiervorschlag

Jenny Marx an Friedrich Engels in Manchester. London, Ende Januar 1866. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000027. Abgerufen am 18.04.2024.