| Hannover, 30. Novbr. 1867.
Lieber Engels!
L.
Kugelmann an Engels,
25.11.1867.
Schließen Meinen Brief v. 25. d.M.
werden Sie empfangen haben. – Siehe Wiedergabe der Beilage in der ZB: Kopie des
Briefes von Adolf Friedrich Seubert an Kugelmann
vom 28. November 1867.
Schließen Einliegend die Copie eines heute
empfangenen Briefes, der mich sehr
erfreut hat. – Oberstlieutenant Seubert in
Ludwigsburg bei Stuttgart war ein
hochstehender Beamter des würtemberg. Kriegsministeriums bis
Nach
dem Sieg Preußens über Österreich im
Deutschen
Krieg 1866 wurden mit den vier
süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden
und Hessen im Laufe August und September 1866
Friedensverträge geschlossen, die ihnen keine
nennenswerten Lasten aufbürdeten. In
gleichzeitigen Geheimverträgen traten sie in ein
Schutz- und Trutzverhältnis zu Preußen und
verpflichteten sich zur Heerfolge im Kriegsfall. –
Der
Ausgang
des Kriegs 1866 hatte in Württemberg zunächst noch
keine Versöhnung mit der neuen Situation in
Deutschland zur Folge. Die zweite Kammer sprach
sich bei der Beratung des Friedensvertrags
11. Oktober gegen einen Anschluss an Preußen und
für einen besonderen süddeutschen Bund aus und
genehmigte das 1867 veröffentlichte Schutz- und
Trutzbündnis sowie den Vertrag über die Reform des
Zollverreins 31. Oktober 1867 nur unter dem Druck
der Drohung Preußens, daß Württemberg im Fall der
Ablehnung eines der Verträge aus dem Zollverrein
ausgeschlossen werden würde. (Siehe Meyers
Konversations-Lexikon. 4., gänzlich umgearb. Aufl.
Bd. 16. Leipzig, Wien 1890. S. 782; Baumgart: Europäisches Konzert …
S. 384/385.)
Schließen die preußische Aera in
Stuttgart einen Wechsel in
diesem Departement hervorrief, König Karl von
Württemberg.
Schließen der
König v.
Würtemb. ist ihm sehr
zugethan, auch wurden ihm wiederholt diplomatische Missionen
anvertraut. – Er soll ein geschätzter
Schriftsteller sein u. früher auch
Belletristisches, Reisebeschreibungen u.
dergleichen geschrieben haben. –
S. ist mir
persönlich nicht bekannt, ich hatte aber Gelegenheit Anna
Seubert.
Schließen einer Tochter von ihm, als
Arzt, wesentliche Dienste zu leisten, für die er mich so
sehr seiner Dankbarkeit versicherte, daß ich ihm vor einigen
Tagen schrieb u. umgehend einliegenden Brief erhielt. – Um
die Antwort besser beurtheilen zu können, Siehe die Wiedergabe der
Beilage
2 in der ZB: Kopie des Briefes
von Kugelmann an Adolf Friedrich Seubert vom
27. November 1867.
Schließen sende ich Ihnen auch die
Abschrift meines Briefes an S. – Ich glaube mich
versichert halten zu dürfen, daß S. alles in seinen Kräften
aufbieten wird mir gefällig zu sein. – Wahrscheinlich
entscheiden Sie sich nach dem ausgesprochenen Vorschlage
auch für den schwäbischen Merkur u. Engels schickte Kugelmann daraufhin zwei
Rezensionen: die eine erschien anonym im
„Beobachter“, Stuttgart, Nr. 303 vom 27. Dezember
1867, S. 2/3 (siehe [Friedrich Engels:] Karl Marx.
Das Kapital. Kritik der politischen Oekonomie.
Erster Band. Hamburg, Meißner, 1867. In: MEGA2 I/21.
S. 38–40 und 1277–1279), die zweite wurde im
„Staats-Anzeiger für Württemberg“, Stuttgart,
Nr. 306 vom 27. Dezember 1867, S. 3272, Sp. 1/2,
ebenfalls anonym, veröffentlicht (siehe [Friedrich
Engels:] Karl Marx, Das Kapital. Kritik der
politischen Oekonomie. Erster Band. Hamburg,
Meißner 1867. MEGA2 I/21.
S. 41–43 und 1281/1282.) – Das „Gewerbeblatt aus Württemberg“ war eine
Beilage zum „Staats-Anzeiger für
Württemberg“.
Schließen Beobachter, wünschen Sie
indeß auch „Das Gewerbeblatt
für Würtemb.“, weil mit dem Staatsanzeiger verbunden, so schicken
Sie nur, es ist ein Abmachen u. besser als wenn ich dem
Herrn Oberstlieut. später noch einmal käme, was ihm
vielleicht lästig werden könnte. – Sie verzeihen mir nun
wohl, lieber Engels, die Bemerkung, daß es sehr indicirt ist
die Artikel so abzufassen, daß
dieselben gleich, ohne Umredaction, gedruckt werden
|
können. – An
der Klaue erkennt man den Löwen oder nach der
Klaue den Löwen malen, d.h. aus einem Glied auf
die ganze Gestalt schliessen. – Lucian:
Hermotimus, 54.
Schließen Ex ungue
leonem.
Siehe zuvor Marx
an Engels 27.4.1867 „Ich
war auch eingeladen ...“; Marx
an Engels, 7.5.1867 „Du
wunderst Dich ...“; Engels
an L. Kugelmann 8. u.
20.11.1867 „dann wird
auch wohl ...“ ; L.
Kugelmann an Engels,
25.11.1867 „Für die
''Europäer'“ und
Erläuterungen.
Schließen Die „Europäer“ schöpfen Verdacht u. legen den Artikel
zum schätzbaren Material, oder es bleibt bei der, wirklich
vorhandenen guten Absicht, der Umredaction u. es wird wieder
nicht gedruckt. Bezeichnen Sie mir
gefälligst die einzelnen Artikel für welches Blatt dieselben
bestimmt. Ihre Originale behalte ich hier u.
sende die Copien ein, damit Niemand die Quelle ahnen kann.
–
Kugelmanns Brief an Ludwig Büchner vom
25. November 1867 (siehe L.
Kugelmann
an Engels, 25.11.1867)
ist nicht überliefert. Büchner beantwortete diesen
Brief Kugelmanns am 17. April 1868 (RGASPI, Sign.
f. 184, op. 1, d. 3/9, Bl. 1–3).
Schließen Büchner
schrieb ich zugleich mit Ihnen u.
gab ihm Ihre u. Marx’ Adresse. – Liebknecht purrte ich schon Siehe W.
Liebknecht an Engels,
26.11.1867 und
Erl.
Schließen während seines Berliner
Aufenthalts
an etwas für Karl Marx.
Das Kapital. Bd. 1. Buch 1. Hamburg
1867.
Schließen das Buch zu thun u. mir über
gethane Schritte Mittheilung zu machen, zur
Übersichtlichkeit u. Erleichterung des Verfahrens, er
scheint damals aber vollständig von der Production von
Mehrpauken
absorbirt gewesen zu sein, wie ihn jetzt die Reproduction
derselben auf erweiterter Stufenleiter, sich selbst
beschwatzender Schwatz, beschäftigt. Wenigstens hat er in
den kurzen Notizen, die ich von ihm erhielt, mich nur um
Besorgung von Briefen etc ersucht, mir ein Quantum seiner
Pauken geschickt, was ich ihm selbstverständlich nicht
verdenke, hat aber über Marx’ Buch keine Sylbe erwähnt. – Allerdings hat
er die Aufnahme [Friedrich Engels:] Karl Marx. Das Kapital.
Erster Band. Hamburg. Meissner, 1867, 784 Seiten.
8°. In: Die Zukunft. Berlin. Nr. 254, 30. Oktober
1867. Beil. S. 5. Rubrik: Bücher-Anzeigen. Siehe
Erl. zu
Engels an L. Kugelmann,
12.10.1867.
Schließen Ihres Artikels in
der „Zukunft“
vermittelt. –
Ich habe nun auch andere Anfragen an Bekannte um Vermittlung bei der Preße ergehen lassen u. berichte Ihnen, wenn ich günstige Antwort erhalte. –
Haben Sie
Ende 1867 fand in Berlin ein Prozeß der Firma
Schulze &
Siebenmark gegen eine Heimarbeiterin
wegen angeblicher Unterschlagung von Wolle statt.
Im Verlauf des Prozesses stellte sich heraus, dass
die Heimarbeiter von der Firma angefeuchtete Wolle
erhalten hatten, die bei der Arbeit an Gewicht
verlor. Sie mußten für das Manko aufkommen.
Ähnlich wurden die Arbeiter und Arbeiterinnen auch
von anderen Firmen betrogen. Diese Machenschaften
der Unternehmer riefen große Entrüstung hervor. –
Siehe [Prozeß der Firma Schulze & Siebenmark.]
In: Die Zukunft. Berlin. Nr. 276, 24. November
1867. Beil. S. 5; Nr. 280, 29. November 1867.
S. 3; Nr. 281, 30. November 1867. Beil. S. 5.
Rubrik: Local-Nachrichten. Siehe auch Engels
an Louis Kugelmann, 13. Dezember
1867 und
Erl.
Schließen die Affaire Schulze-Siebenmark
in der „Zukunft“ No 276
(24/11) 280 (29/11) 281 (30/11) unter
„Local-Nachrichten“ wohl verfolgt? Ich meine die eignete
sich sehr um in einem Correspondenz-Artikel darauf
hinzuweisen, daß dies kein vereinzelter Fall ist, daß man in
„Kapital“ u. Engels „Lage
der arb. Class.“ reichliche ähnliche Fälle
findet, daß dies überhaupt nur eine
| besondere, gerade
etwas anstößige, weil außergewöhnliche Form von Erpreßung
von Mehrwerth ist. – Es wäre auch gut die Arbeiter darauf
hinzuweisen selbst diese
Angelegenheit zu untersuchen u. sie zu einer Classenfrage zu
erheben. – Der Deputirte Vermutlich der 1866 von
Wilhelm Adolph
Lette gegründete „Verein zur Förderung der
Erwerbfähigkeit des weiblichen
Geschlechts“
(Lette-Verein).
Lette war seit 1866 Mitglied der Nationalliberalen
Partei und saß 1867 für diese als Abgeordneter im
Norddeutschen Reichstag.
Schließen „Des Vereins
zur Hebung der
Erwerbsthätigkeit des weiblichen
Geschlechts“, jedenfalls
ein „Europäer“ wird den Fall verbürgerlichen. – Ich glaube
die „Zukunft“ würde eine solche Correspondenz,
besonders von Ihnen gern drucken. –
Nun, lieber Engels, noch ein Bekenntniß! Es beschwert mein Gewissen, daß ich zwar immer rathe, aber sehr wenig thate. – Sie müssen mir das aber wirklich verzeihen. – Ich beherrsche das Gebiet der polit. Oecon. so wenig, daß ich nicht den Muth habe die Feder dafür zu ergreifen. – Ein Artikel, den Sie leicht hinwerfen ist, bei der Fremdartigkeit des Stoffes für mich eine Arbeit, zu der ich, bei meiner absorbirenden Berufsthätigkeit u. bei der Zeitzerstückelung, die der ärztliche Beruf mit sich bringt, mich nicht sammeln kann. – Ich hoffe Sie u. Marx nehmen es mir nicht übel u. sind überzeugt, daß, was irgend wie im Bereiche meiner Möglichkeit liegt, auf’s Freudigste geleistet wird. – Bitte sagen Sie mir etwas hierüber, wenn Sie diesen melodramatischen Erguß auch belächeln sollten. –
Für heute adieu, lieber Freund, schicken Sie mir bald die Sachen für Würtemberg, für Zusendung von Exemplaren, worin dieselben gedruckt, an Marx, werde ich sorgen. –
Mit herzlichen Grüßen an Sie u. Marx
Der IhrigeLKugelmann
Dr
Siehe L.
Kugelmann an Engels,
25.11.1867 und
Erläuterungen.
Schließen Einliegend, die im
vorigen Briefe erwähnten
Recipissen.
–
Halten Sie Zuschriften an beliebige Andre durch meine Vermittlung sicherer, so verfügen Sie. –
Zeugenbeschreibung und Überlieferung
Zeugenbeschreibung
Der Brief besteht aus einem Bogen dünnem, weißem Papier im Format 270 × 205 mm. Prägung: „Dr. L. Kglm.“ Kugelmann hat die ersten drei Seiten vollständig beschrieben, die vierte Seite ist leer. Der Text auf der zweiten Seite („können. – Ex ungue leonem ... überhaupt nur eine“) ist quer geschrieben. Die letzte Passage („Halten Sie Zuschriften an beliebige Andre durch meine Vermittlung sicherer, so verfügen Sie. –“) steht quer geschrieben am linken Rand der dritten Seite. Schreibmaterial: schwarze Tinte.
Von Louis Kugelmanns Hand: Randanstreichung mit schwarzer Tinte („Bezeichnen Sie mir gefl. die einzelnen Artikel für welches Blatt dieselben bestimmt. Ihre Originale behalte ich hier u. sende die Copie ein, damit Niemand die Quelle ahnen kann.–“).
Anmerkungen zum Brief
Engels übersandte den Brief an Marx am 6. Dezember 1867 (Engels an Marx, 6.12.1867) und erhielt ihn mit Marx’ Brief vom 7. Dezember 1867 (Marx an Engels, 7.12.1867) zurück). Engels antwortete Kugelmann am 12. Dezember 1867 (Engels an L. Kugelmann, 12.12.1867).
Wiedergabe der überlieferten Beilagen zum Brief („Einliegend die Copie eines heute empfangenen Briefes“ und „die Abschrift meines Briefes an S.“):
1. Adolf Friedrich Seubert an Louis Kugelmann, 28. November 1867. In der Handschrift von Gertrud Kugelmann. Originalhandschrift: IISG, (Kleine Korrespondenz. Kugelmann.) Erstveröffentlichung: Dlubek, Skambraks: „Das Kapital“ von Karl Marx in der deutschen Arbeiterbewegung (1967). S. 127–129.
2. Louis Kugelmann an Adolf Friedrich Seubert, 27. November 1867. In der Handschrift von Gertrud Kugelmann. Originalhandschrift: IISG, (Kleine Korrespondez. Kugelmann.) Fotosign. 3330a-b. Erstveröffentlichung: Dlubek, Skambraks: „Das Kapital“ von Karl Marx in der deutschen Arbeiterbewegung (1967). S. 126/127.
Die weiteren Beilagen („Einliegend, die im vorigen Briefe erwähnten Recipissen.“ und Erl.) sind nicht überliefert.
Zitiervorschlag
Louis Kugelmann an Friedrich Engels in Manchester. Hannover, Samstag, 30. November 1867. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000457. Abgerufen am 23.04.2024.