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London, 14 Oct 1867

Lieber Engels,

 Engels’ Brief an Borkheim vom 13.10.1867 ist nicht überliefert (Engels an S. L. Borkheim, 13.10.1867). Siehe Engels an Marx, 13.10.1867 „An Borkheim ist geschrieben.“. Zur Geldanleihe siehe Marx an Engels, 4.10.1867 „Private Affairs: ...“ und Erl.
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Ihren Brief von gestern
habe ich erhalten. Zuvörderst handelt es sich darum zu wissen, wer schließlich sich anheischig macht, die £ 150 zu zahlen. Habe ich Marx richtig verstanden, so sind Sie es. Gut! Ist die Sache so, dann ist es viel einfacher, ich ziehe auf Sie – sage 4 Monate – und Sie machen den Wechsel, den Sie acceptiren, bei den Londoner Correspondenten Ihrer Manchester Banquiers zahlbar. Diesen Wechsel kann ich diskontiren und Marx das Geld geben. Wenn er fällig wird, so kann man ihn auf 4 Monate erneuern und diese Operation ein drittes Mal wiederholen, wodurch ein Jahr gewonnen ist. Nur kann ich selbst mich für nichts dabei haftbar machen, da erstens ich kein Geld habe, und zweitens ich Marx bereits nach Kräften einige kleine Vorschüsse gemacht. –  19. Oktober 1867.
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Am Sonnabend
gehe ich in Geschäften nach Bordeaux | von wo ich am 1sten Nov. wieder zurückkehre. Kann die Erledigung bis nach meiner Rückkunft verschoben werden, um so besser, da ich sehr beschäftigt bin. Sonst, wenn es sein muß, kann ich es auch vorher abmachen. – Im besten Falle kann ich Ihr Accept nicht vor  18. Oktober 1867.
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Freitag
in Händen haben, wenn Sie meinen Vorschlag passend zur Ausführung finden. –

Heute schicke ich Ihnen  A[leksandr Aleksandrovič] Serno-Solov’evič: Naši domašnija dela. Otvet g. Gercenu na stat’ju „Porjadok toržestvuet“ (III. Kolokol Nr. 233) / A[leksandr Aleksandrovič] Serno-Solowiewitsch: Nos affaires de Russie. Réponse a l’article de Mr Herzen „L’ordre règne“ (Cloche III No 233). Vevey 1867. Die Broschüre wurde in Berlin gedruckt. (Siehe A[leksandr Aleksandrovič] Serno-Solov’evič: Naši domašnija dela … S. 41 und Erl. zu S. L. Borkheim an Marx, 24.11.1867). Sie war gegen die unter dem Pseudonym „I—r“ (d.h. Iskander – Pseudonym von Aleksandr Ivanovič Gercen) veröffentlichte Leitartikelsserie „Porjadok toršestvuet!“ von Gercen gerichtet, die in der Zeitschrift „Kolokol“ (La Cloche), Genf. Nr. 230, 1. Dezember 1866. S. 1-5; Nr. 231 & 232, 1. Januar, S. 1-5 und Nr. 233 & 234, 1. Februar 1867, S. 1-5, erschienen war. Die Broschüre behandelt die politischen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Gruppen der russischen revolutionären Flüchtlinge (die sogenannte „jungen Emigration“) in Genf (siehe Erl. unten). Besonders scharf kritisierte Serno-Solov’evič die im dritten Teil der Artikelserie Gercens (Nr. 233 & 234) formulierte Charakteristik des Sozialismus von Nikolaj Gavrilovič Černyševskij als einer Art des „rein westlichen Sozialismus“ und äußerte sich gegen den sogenannten „russischen Sozialismus“ Gercens. Borkheim hatte von den Gegnern Gercens unter den jungen russischen politischen Flüchtlingen während seines Aufenthalts in Genf anläßlich des Friedenskongresses im September 1867 (siehe Marx an Engels, 4.9.1867 und S. L Borkheim an Engels, 17.9.1867 sowie Erl. zu S. L. Borkheim an Marx, 5.8.1867) erfahren. Bald danach war er auf die Broschüre von Serno-Solov’evič gestoßen. (Siehe Aleksandr Serno-Solov’evič. Materialy dlja biografii. Statja i publikacija B.P. Koz’mina. In: Literaturnoe nasledstvo. T. 67: Revolucionnye demokraty. Novye materialy. Red. V.V. Vinogradov (gl. red.), I.S. Zil’berstein, S.A. Makaschin i M.B. Chrapčenko. Moskva 1959. S. 698–740; Bach: K istorii ustanovlenija svjazej Marksa s predstaviteljami russkogo revolucionnogo dviženija … S. 125–130; Gemkow: Sigismund Ludwig Borkheim (2003).. 112/113.) Siehe auch S. L. Borkheim an Engels, 11.4.1867 „All dies sind nur Vorarbeiten ...“.
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eine russische Broschüre
, die Sie mir gütigst noch in dieser Woche zurücksenden wollen, so daß ich sie Sonnabend spätestens erhalte.  Borkheim wandte sich an Serno-Solov’evič mit einem Brief in französischer Sprache und bat ihn um die Erlaubnis, seine Broschüre „Naši domašnija dela“ (siehe obige Erl.) in Deutsch veröffentlichen zu dürfen. In seinem Antwortbrief vom 18. Oktober 1867 gab Serno-Solov’evič seine Erlaubnis zur Veröffentlichung dieser Schrift, bat aber Borkheim, dem Text der Broschüre seinen beigelegten Brief an Vasilij Ivanovič Kel’siev vom September 1867 (siehe Erl. zu S. L. Borkheim an Marx, 24. Nov. 1867 ) voranzustellen. In der Einleitung zur Broschüre legt Borkheim die Geschichte der Übersetzung dar und veröffentlichte in seiner Übersetzung aus dem Französischen beide Briefe. (Siehe Borkheim: Einleitung [zu]: A[leksandr] Serno-Solowiewitsch: Unsere Russischen Angelegenheiten … Leipzig 1871. S. 2–8; Kozmin: Predislovie S.L. Borkgejma k nemeckomu izdaniju broschjury „Naši domašnie dela“ … S. 712–720.) – Borkheims Übersetzung der Broschüre von Serno-Solov’evič (siehe oben) erschien 1871 in Leipzig und wurde vermutlich von ihm an Marx und Engels verschenkt. Siehe A[leksandr Aleksandrovič] Serno-Solowiewitsch: Unsere Russischen Angelegenheiten. Antwort auf den Artikel des Herrn Herzen: „Die Ordnung herrscht!“ <Kolokol Nr. 233>. Aus dem Russ. übers. von S. L. Borkheim. Leipzig 1871. Das Handexemplar von Marx bzw. Engels siehe MEGA2 IV/32. Nr. 1230. – Marx erwähnte Serno-Solov’evičs Schrift in: Carl Marx: Ancora Stefanoni é l’Internationale. Londra, 23 maggio 1872. In: Gazzettino Rosa. Milano. Nr. 148, 28. Mai 1872. S. 3. Sie wurde auch von Engels in seiner Einleitung zu Borkheims Broschüre „Zur Erinnerung für die deutschen Mordspatrioten. 1806–1807“, Hottingen–Zürich 1888. S. 5, erwähnt. (MEGA2 I/31. S. 51.38–52.3.) Zur Borkheims Übersetzung siehe auch E. Reißner: Zur Herzen-Kritik in frühen sozialdemokratischen Zeitungen. (Borkheims Polemik gegen Herzen.) In: Zeitschrift für Slawistik. Hrsg. im Auftrage der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin von H. H. Bielfeldt, R. Fischer, F. Liewehr, E. Winter. Bd. 3. Heft 2–4. Berlin 1958. S. 483–493. (Beiträge zum IV. Internationalen Slawistenkongress Moskau 1.–10.9.1958.) S. 483–493.
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Ich beabsichtige, sie zu übersetzen.
Für Marx waren die Geschichten und Namen neu.   Mit Bezug auf Carl Vogt Anspielung auf die Auseinandersetzungen zwischen der russischen „jungen Emigration“ in Genf und Aleksandr Ivanovič Gercen. Die Vertreter der „jungen Emigration“ Nikolaj Utin, Aleksandr Serno-Solov’evič, Lev Mečnikov, Pavel Jacobi, Nikolaj Žukovskij u.a. stellten die Forderungen an Gercen, die Zeitschrift „Kolokol“ in das Presseorgan der ganzen russischen Emigration zu verwandeln und die Mittel des sogenannten Bachmet'ev-Fonds – also, das von Gercen 1858 von dem russischen Gutsbesitzer Pavel Aleksandrovič Bachmet’ev für die revolutionäre Propaganda in Russland erhaltene Geld – der „jungen Emigration“ zu übergeben. Der Bachment'ev-Fonds war eine der Hauptquellen der Finanzierung der Zeitschrift „Kolokol“. Obwohl Gercen die Idee, „Kolokol“ zum Presseorgan aller russischen revolutionären Flüchtlinge zu machen, im Prinzip unterstützte, glaubte er nicht, daß es nicht möglich wäre, die russische revolutionäre Bewegung vom Ausland aus zu steuern. Ebenso sprach er sich entschieden gegen die Verwandlung von „Kolokol“ in eine reine Emigrationsausgabe aus. Da Gercen die „junge Emigration“ nicht als eine ernsthafte politische Kraft betrachtete und deren Vertreter weder durch ihre literarischen Fähigkeiten noch durch ihr Geschäftsgebahren bzw. menschlichen Eigenschaften Vertrauen bei ihm erweckten, weigerte er sich, die Kontrolle über „Kolokol“ und die Finanzmittel ihren Vertretern zu übergeben. Die Verhandlungen zwischen Gercen und der „jungen Emigration“ zu diesen Fragen, die Ende 1864 – Anfang 1865 in Genf stattfanden, blieben ergebnislos. Die Zusammenarbeit Gercens mit einigen Vertretern der „jungen Emigration“ wurde aber fortgesetzt. Anfang 1867 unternahm man noch einen vergeblichen Versuch, die Zusammenarbeit Gercens mit einigen Vertretern der „jungen Emigration“ in der Form der Herausgabe einer gemeinsamen Zeitschrift in Gang zu setzen. Das Erscheinen der Serno-Solov’evič 'schen Broschüre führte zum fast vollständigen Abbruch aller Beziehungen Gercens mit der „jungen Emigration“. (B. P. Kozmin: Gercen, Ogarev i „molodaja emigracija“ In: Kozmin, B. P. : Iz istorii revolucionnoj mysli v Rossii. Izbrannye trudy. Moskva 1961. S. 483–577; derselbe: Aleksandr Serno-Solov’evič. Materialy dlja biografii. Statja i publikacija B. P. Koz’mina. In: Literaturnoe nasledstvo. T. 67: Revolucionnye demokraty. Novye materialy. Red. V.V. Vinogradov (gl. red.), I.S. Zil’berstein, S.A. Makaschin i M.B. Chrapčenko. Moskva 1959. S. 698–720; E[vgenija] L[’vovna] Rudnickaja: Černyschevskij i „Kolokol“ … (K istorii idejnych iskanij i taktičeskich raschoždenij v russkom revoljucionnom dviženii 60-ch godov XIX v.) In: Revoljucionnaja situacija v Rossii v 1859–1861 gg. [Sb. 8.] Černyschevskij i ego epocha. Moskva 1979. S. 62–95; Grosul: Mezdunarodnye svjazi rossijskoj političeskoj emigracii vo vtoroj polovine XIX veka. S. 69–73, 99/100, 135–137, 161/162. Zum Bachmet'ev-Fonds siehe Karl Marx, Friedrich Engels: L’Alliance de la Démocratie Socialiste et l’Association Internationale des Travailleurs… In: MEGA2 I/24. S. 239.7–19; dieselben: Ein Komplott gegen die Internationale Arbeiterassoziation … Ebenda: S. 541.40–542.11.) Siehe auch S. L. Borkheim an Marx, 24.11.1867 und Erl.  – Zum Wochenblatt „Rummeltipuff“, zu dessen Mitbegründern Sigismund Ludwig Borkheim gehörte, siehe Johann Philipp Becker an Georg Friedrich Rheinlaender, 20. März 1860 (MEGA2 III/10. S. 1020) und S. L. Borkheim an J. P. Becker, 23. März 1860 (ebenda. S. 1040). – Zum Begriff „Schwefelbande“ siehe Erl. zu Marx an Engels, 8. Dez. 1866. – Carl Vogt.
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Es ist der russische Rummeltipuff, die russische Schwefelbande, der russische Vogt
over again. – Für Aufklärung irgend welcher für mich unverständlichen Stellen, würde ich danken. –

Leben Sie wohl

Ihr
Borkheim.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Dieser Brief wird hier erstmals veröffentlicht.

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 257 × 204 mm. Wasserzeichen: „A Cowan & Sons“. Aufdruck der Firma „Schröder & Schÿler & Co (siehe Borkheim an Marx, 8. Januar 1866) auf der ersten Seite oben links. Borkheim hat die ersten zwei Seiten vollständig beschrieben, die dritte und die vierte Seite sind leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von unbekannter Hand: auf der ersten Seite oben mit Bleistift: Nummerierung des Briefes: „42“.

Anmerkungen zum Brief

Der vorliegende Brief ist später geschrieben, als der ebenfalls mit dem 14. Oktober 1867 datierte Brief Borkheims an Marx (siehe S. L. Borkheim an Marx, 14.10.1867), in dem Borkheim Marx seine Absicht mitteilt, „heute“ Engels’ Brief zu beantworten.

Borkheim beantwortet Engels’ nicht überlieferten Brief vom 13.10.1867 (Engels an S. L. Borkheim, 13.10.1867; siehe Erl.).

Zur Beilage („eine russische Broschüre“) zum Brief siehe Erl.

 

Zitiervorschlag

Sigismund Ludwig Borkheim an Friedrich Engels in Manchester. London, Montag, 14. Oktober 1867. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000390. Abgerufen am 28.03.2024.