| 65, Fenchurch Street, E.C.
London, 25st. März 1867.

Lieber Engels,

 Siehe S. L. Borkheim an Engels, 27.3.1866 und S. L. Borkheim an Engels, 26.11.1866.
Schließen
Der junge Schyler hat mir heute Ihre freundlichen Grüße bestellt.
Gleiches thaten auch vor einigen Monaten der alte S. Oppenheim und Lanville, der Schwager des Doktor Gumpert.

 [Sigismund Ludwig Borkheim:] Der Niemen. In: Hermann. London. Nr. 426, 2. März 1867. S. [3407]/3408. – Siehe auch S. L. Borkheim an Marx, 6.3.1867.
Schließen
Vor mehreren Wochen schickte ich Ihnen einen „Hermann“. Der darin enthaltene Artikel „Niemen“ wird Ihnen Beweis gewesen sein von meinen Fortschritten in der russischen Sprache.

Ich gehe jetzt  Wahrscheinlich Bezugnahme auf Gercens Publikationen in seinen Zeitschriften „Poljarnaja zvezda“(Polarstern) und „Kolokol“ (Die Glocke); siehe auch weitere Briefe: S. L. Borkheim an Engels, 1.4.1867; S. L. Borkheim an Engels, 11.4.1867; S. L. Borkheim an Engels, 30.5.1867; S. L. Borkheim an Engels, 27.8.1867.
Schließen
des Herzen russische Schreibereien
durch, um seinem Verhalten gegen die Deutschen gründlich auf die Spur zu kommen, und, je nachdem, ihm von Zeit zu Zeit auf die Finger zu klopfen.  Marx bezog sich offensichtlich auf zwei Werke von August von Haxthausen: Studien über die innern Zustände, das Volksleben und insbesondere die ländlichen Einrichtungen Rußlands. Theil 1.2. Hannover 1847. Theil 3. Berlin 1852; derselbe: Die ländliche Verfassung Rußlands. Ihre Entwickelungen und ihre Feststellung in der Gesetzgebung von 1861. Leipzig 1866. Marx besaß beide in seiner Bibliothek (MEGA2 IV/32. Nr. 544 und 545) und zitierte diese mehrmals (ebenda. S. 314), insbesondere im Zusammenhang mit den Ansichten Gercens, (z. B. im Nachtrag zum ersten Band des „Kapital“ in: MEGA2 II/5. S. 625). Engels empfahl Borkheim wahrscheinlich das erstgenannte Buch in dem nicht im Original überlieferten Antwortbrief, geschrieben am 4. April 1867 (siehe Engels an S. L. Borkheim, 4.4.1867 (Auszug), bzw. Borkheim an Johann Philipp Becker, 6. April 1867, IISG, Nachlass Johann Philipp Becker, Sign. D I 185; siehe auch Engels an S. L. Borkheim, 4.4.1867) und übersandte es ihm (Engels an S. L. Borkheim, 4.4.1867 (Auszug) und S. L. Borkheim an Engels, 11.4.1867 sowie S. L. Borkheim an Engels, 30.5.1867 und S. L. Borkheim an Engels, 27.8.1867). – Des Weiteren zur Charakteristik der Ansichten Haxthausens und zu seinem Einfluß auf die Vorstellungen Gercens in dieser Frage siehe auch Engels an S. L. Borkheim, 4.4.1867 (Auszug) und Friedrich Engels: Flüchtlingsliteratur V (MEGA2 I/24. S. 420, 1156/1157).
Schließen
Marx sagt | mir, daß seine von ihm so genannte „socialistische“ Brühe dem Haxthausen abgequetscht ist, und daß Sie, da ich hinlänglich mit dem Russischen beschäftigt, auf mein Ersuchen, so gut sein würden, mir das Verhältniß Herzenscher Weisheit zu Haxthausenschen Untersuchungen in Kürze verständlich zu machen.
Marx selbst wird mir  Ein entsprechender Brief von Marx ist nicht bekannt; siehe früher Marx an Engels, 5.1.1866 „dem Proudhon-Herzenschen Muscovitismus“ und Erl.
Schließen
das Herzen-Proudhonsche Verhältniß
erläutern.  Aleksandr Gercen war der Auffassung, dass sich nach den Ereignissen von 1848/49 die progressiven Impulse des Westens für den gesellschaftlichen Fortschritt erschöpft hätten. (Vgl. A. I. Herzen: Vom anderen Ufer. VI Epilog auf 1849. In: Ders.: Ausgewählte philosophische Schriften. Moskau 1949. S. 455–462.) Deshalb sah er in der russischen bäuerlichen Dorfgemeinde (obščina) nun die rettende Kraft und die Keimzelle einer sozialistischen Entwicklung. Seine Idealisierung von Besonderheiten der Entwicklung Russlands verbunden mit dem politischen Streben nach einer Einheit aller Slawen führten dazu, dass bei Gercen panslawistische Ideen ein gewisses Echo fanden (A. I. Herzen: Das russische Volk und der Sozialismus. In: Ders.: Ausgewählte philosphische Schriften. Moskau 1949. S. 491–523) und der seit 1852 im Londoner Exil lebende Publizist im Westen entsprechend wahrgenommen wurde. Marx und Engels, die den Panslawismus seit 1848/49 immer als einen verlängerten Arm russischer Politik betrachteten, waren nicht der Ansicht, "durch russisches Blut old Europe erneut zu sehn" (Marx an Engels, 13. Febr. 1855. In: MEGA2, III/7. S. 180) und standen daher Gercen immer reserviert gegenüber.
Schließen
So schaffe ich mir nach und nach einiges Material an zur „Bearbeitung“ des antideutschen Panslavismus. Läßt sich Herzen auf die Erörterung ein, so wird's vergnüglich; nur rechne ich, aufrichtig gestanden, dabei nicht wenig auf Sie und Marx.
Schweigt er,  Dieses Vorhaben ließ sich nicht verwirklichen. Siehe Gemkow: Sigismund Ludwig Borkheim. (2003). S. 94/95.
Schließen
so lasse ich vielleicht meine Ergüsse | des Тейтштумъ irgendwo auf Russisch erscheinen, und was Herzen-Haxthausen und Herzen-Proudhon angeht, in einem Genfer Blatte auf Französisch,
oder gar in einem Pariser. –

 Nach der Revolution 1848/1849 , seiner Teilnahme an dem Elberfelder Aufstand im Mai 1849 und der Reichsverfassungskampagne im Sommer 1849 wurde Engels seit Juni 1849 steckbrieflich gesucht (Friedrich Engels. Dokumente seines Lebens. S. 250–253, 276–279). Dieser Steckbrief blieb bis zum 23. März 1860 gültig, als die Verwandten von Engels in Barmen wegen der Krankheit und des Todes seines Vaters am 20. März 1860 eine Besuchserlaubnis vom preußischen Innenministerium für ihn erwirkten (siehe Hermann Engels an Engels, 18. März, Elisabeth Engels und Emil Blank an Engels, 20. März, und Engels an Marx, 8. April 1860. In: MEGA2 III/10. Br. 193, 197 und 219). Nach der Amnestie vom 12. Januar 1861 (anläßlich der Thronbesteigung Wilhelms I.) für politische Flüchtlinge, die an der Revolution 1848/1849 teilgenommen hatten (MEGA2 III/11. Br. 95.6), besuchte Engels Deutschland regelmäßig, fast jedes Jahr. Die Amnestie betraf vorerst nur politische Verbrechen und Vergehen (siehe Königlich Preußischer Staats-Anzeiger Nr 251, 19. Oktober 1861, S. 1945). Einen Gnadenerlass für durch Militärgerichte verurteilte Personen behielt sich Wilhem I. vor. 1866 gab es einen weiteren Gnadenerlass anläßlich des preußischen Sieges im Deutschen Krieg 1866 (siehe Königlich-preußischer Staats-Anzeiger Nr. 242, 5. Oktober 1866, S. 3455).
Schließen
Sind Sie jetzt auch militärgerichtlich straffrei?
Ich weiß wahrlich immer noch nicht, woran ich bin, und  Der Brief von Borkheim an Lothar Bucher vom 23. März 1867 konnte nicht ermittelt werden. Siehe Marx an Engels, 2.4.1867.
Schließen
habe mich vorgestern an meinem alten Freund und Gönner Bucher, jetzigen „wirklichen Legationsrath“ gewandt, mit der Bitte, mir Erlaubniß zur Rückkehr, auf 6 Wochen, wenigstens, zu erwirken.

Kommt Ihnen die Berliner „Zukunft“ vor die Augen? Ich empfehle Ihnen das Blatt.   Der Artikel in der Rubrik „Local-Nachrichten“ berichtet über einen Vortrag von Ernst Engel am 16. März 1867 im Meser'schen Salon Unter den Linden in Berlin über „Arbeiter-Vertrag und Arbeiter-Gesellschaft“ (Die Zukunft. Berlin. Nr. 66, 19. März 1867, Beil. S. 1/2.) – Friedrich Wilhelm Kronprinz von Preußen, 1888 als Friedrich III. König von Preußen und deutscher Kaiser.
Schließen
Vor einigen Tagen fand ich einen Bericht drin über eine Vorlesung des Chefs des statistischen Bureaus | Engel, welcher der Kronprinz und andere swells beiwohnten (– ich glaube auf russisch ist ein swell надуть), und in der er Ihres Buchs über die englischen Arbeiter Erwähnung that.
 Friedrich Engels: Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Leipzig 1845.
Schließen
Welches ist der genaue Titel Ihres Buchs
und wo kann man es kaufen?

Nun etwas business! – Ich habe immer ein nicht unbedeutendes Lager von Cigarren hier, die ich selbst direkt importire. Sie sind ja ein Hauptroocher. Ich empfehle mich Ihnen bestens für diesen Toback und bitte Sie, mich Ihren rauchenden Freunden zu empfehlen. –

Wie ich höre, hat Sie der junge Schyler grausam behandelt. Das Ihnen von ihm nicht abgezogene Diskonto werden wir entweder verkneipen – natürlich Sie und ich – nicht der harttaschige junge Bordelais – oder von einer anderen Rechnung zu Ihren Gunsten abziehen. –  Siehe S. L. Borkheim an Engels, 11.4.1867.
Schließen
Herr Schyler sagt mir auch, Sie wollen mir schreiben; nun das ist recht und es ist auch mal Zeit. Außer dieser versprochnen Zuschrift erwarte ich aber, worum ich oben gebeten.
Grüßen Sie Dr Gumpert.

Freundlichst der Ihrige
Borkheim

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Dieser Brief wird hier erstmals veröffentlicht.

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 259 × 203 mm. Wasserzeichen: „Extra Superfine A C J“. Aufdruck der Firma „Schröder & Schÿler & Co auf der ersten Seite oben (siehe in den „Anmerkungen zum Brief“: S. L. Borkheim an Marx, 8.1.1866). Borkheim hat alle vier Seiten vollständig beschrieben. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von unbekannter Hand: Nummerierung des Briefes „35“ mit Bleistift auf der ersten Seite oben in der Mitte.

Anmerkungen zum Brief

Engels’ Antwortbriefe vom 4. April 1867 (siehe S. L. Borkheim an Engels, 11.4.1867: „Ihre beiden Briefe vom 4ten habe ich richtig erhalten ...“) sind nicht überliefert (siehe Engels an S. L. Borkheim, 4.4.1867 und Engels an S. L. Borkheim, 4.4.1867 (Auszug).

Zum Aufdruck siehe S. L. Borkheim an Marx, 8.1.1866.

 

Zitiervorschlag

Sigismund Ludwig Borkheim an Friedrich Engels in Manchester. London, Montag, 25. März 1867. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000238. Abgerufen am 19.03.2024.