| 20. Juli 1867.
Lieber Marx,
Man hätte viel zu thun, wenn man auf alles Gerede hören
wollte! Es sind vier oder fünf Jahre her, seit
Rasch mich hier besuchte, u. ich
erinnere mich nicht, mit ihm über Dich gesprochen
zu haben. Sollte er das Gespräch auf Dich und
Freiligrath spielt hier auf Marx’
Auseinandersetzung 1859 mit Carl Vogt
an. Im Mai 1859 teilte Karl
Blind, der Wortführer der
radikaldemokratisch eingestellten deutschen
Emigration in London, Marx, Freiligrath und
anderen mit, Vogt erhalte Geld von Napoléon
III und habe einem liberalen
Schriftsteller in Deutschland 30 000 oder 40 000
Gulden für eine publizistische Betätigung in
seinem Sinne angeboten. Wilhelm
Liebknecht bekam im Juni 1859 ein
anonymes, „Zur Warnung“ betiteltes Flugblatt in
die Hand, das Blinds Anschuldigungen in
verschärfter Form wiederholte, und sandte es
unverzüglich der Augsburger „Allgemeiner
Zeitung“, für die er korrespondierte und
deren Chefredakteur Gustav
Kolb war. Nach der Wiedergabe des
Flugblattes als einer anonymen Korrespondenz unter
dem Titel „K. Vogt und die deutsche Emigration in
London“ (AAZ. Nr. 173, 22. Juni 1859. Beil.
S. 2836/S. 2837) hatte Vogt die Augsburger
„Allgemeine Zeitung“ verklagt, worauf die
Redaktion die von Liebknecht unvorsichtig in
Aussicht
gestellten Beweise für die Anschuldigungen
forderte. Blind und Freiligrath, auf die Liebknecht
gerechnet hatte, desavouierten ihn jedoch. Am 15.
November 1859 veröffentlichte die Augsburger
„Allgemeine Zeitung“ die „Erklärung“ Freiligraths
(AAZ, Nr. 319, 15. November 1859. Beil. S. 5218),
die lautete: „In Bezug auf einige Behauptungen in
der Kolbschen Vertheidigungsschrift (Allg. Zeitung
Nr. 298) erklärte ich hiermit daß ich niemals
Mitarbeiter der Zeitung ‚Das Volk‘ gewesen bin.
Ebenso, daß mein Name ohne mein Wissen und Wollen
unter die der Ankläger wider Dr. Karl Vogt
aufgenommen worden ist.“ (MEGA2 III/10. S.
744.) Zur Erklärung Freiligraths veröffentlichte
die Redaktion der AAZ eine Anmerkung, die in
derselben Nummer der Zeitung erschien: Nicht bloß
das Londoner Correspondenzen Freiligrath… (ebenda,
S. 758). Siehe auch Freiligrath an Liebknecht,
21. November 1859 und Liebknecht an Freiligrath,
23. November 1859. (Ebenda. S. 756 und 754/755.)
Ausführlicher darüber siehe auch ebenda
S. 619–621.
Schließen unseren Streit über die
Vogt-Kolb-Liebknechtsche
Angelegenheit haben bringen wollen, so
siehst Du
S.
L. Borkheim an Marx,
19.7.1867.
Schließen aus den
betreffenden Stellen selbst, daß ich auf den
Gegenstand nicht eingegangen bin.
Ebenda.
Siehe auch Gustav Struve, Gustav Rasch: Zwölf
Streiter der Revolution. Berlin 1867.
S. 61.
Schließen Was er mit jener
|
„Handlung“ meint, weiß ich nicht. Jedenfalls
ist er selbst die geeignetste Person, Dir den
gewünschten Aufschluß darüber zu geben.
FFth
Zeugenbeschreibung und Überlieferung
Zeugenbeschreibung
Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 226 × 177 mm. Prägung ist nicht deutlich erkennbar. Die erste Seite hat Freiligrath vollständig, die zweite zur Hälfte beschrieben, die übrigen zwei Seiten sind leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.
Anmerkungen zum Brief
Freiligrath beantwortet Marx’ Brief vom 20. Juli 1867 (siehe Marx an F. Freiligrath, 20.7.1867). Den Brief bekam Marx durch S. L. Borkheim (siehe S. L. Borkheim an Marx, 23.7.1867 und Erl.).
Zitiervorschlag
Ferdinand Freiligrath an Karl Marx in London. London, Samstag, 20. Juli 1867. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000301. Abgerufen am 28.03.2024.