| Manchester 25 Juli 66.

Lieber Mohr

Ich denke Du hast die Noten jetzt richtig erhalten, ich muß in der Zerstreutheit  Der Zettel von Engels, geschrieben zwischen 21. und 25. Juli 1866, ist nicht überliefert.
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den Zettel statt ihrer eingelegt haben auf dem ich mir die Nos notirt hatte.
Die Noten selbst hatte ich unter den Deckel meiner Schreibmappe geschoben wo ich sie auch fand, nachdem ich mich von der ersten Überraschung Deines Telegramms erholt hatte. Hoffentlich waren sie noch rechtzeitig.

Die Geschichte in Deutschld scheint mir jetzt ziemlich einfach. Von dem Augenblick an wo Bismark den deutsch // kleindeutschen Bourgeoisplan mit der pr. Armee & so kolossalem Succeß durchführte, hat die Entwicklung in Deutschl. diese Richtung so entschieden genommen daß wir ebensogut wie Andre das fait accompli anerkennen müssen, we may like it or not. Was die nationale Seite der Sache angeht, so wird B. jedenfalls das kleindeutsche Kaiserthum in dem von den Bourgeois beabsichtigten Umfang, d.h. incl. Südwestdeutschld, herstellen, denn die Redensarten von der Mainlinie & von der optional South German separate confederacy sind jedenfalls nur für die Franzosen berechnet & inzwischen marschiren die Preußen auf Stuttgart. Die deutschöstr. Provinzen werden diesem Reich übrigens in nicht gar langer Zeit auch zufallen sintemal Östr. jetzt ungarisch werden muß & die Deutschen die 3te Nation im Reich werden – noch unter den Slaven.

Politice wird B. oder // genöthigt sein sich auf die Bourgeoisie zu stützen die er gegen die Reichsfürsten braucht. Vielleicht nicht in diesem Augenblick, da jetzt noch das prestige & die Armee hinreichen. Aber schon um sich vom Parlament die nöthigen Bedingnisse für die Centralgewalt zu sichern muß er den Bürgern etwas geben, & der natürliche Verlauf der Sache wird ihn oder seine Nachfolger immer zwingen wieder an | die Bürger zu appelliren; sodaß wenn B. auch möglicher Weise jetzt den Bürgern nicht mehr gibt als er eben muß, er doch in das Bürgerliche mehr & mehr hinein getrieben wird.

Die Sache hat das Gute daß sie die Situation vereinfacht, eine Revolution dadurch erleichtert daß sie die Krawalle der kleinen Hauptstädte beseitigt, & die Entwicklung jedenfalls beschleunigt. Am Ende ist doch ein deutsches Parlament ein ganz andres Ding als eine preußische Kammer. Die ganze Kleinstaaterei wird in die Bewegung hineingerissen, die schlimmsten lokalisirenden Einflüsse hören auf, & die Parteien werden endlich wirklich nationale statt bloß lokale.

Der Hauptnachtheil ist die unvermeidliche Überfluthung Deutschlds durch das Preußenthum, & das ist ein sehr großer. Dann die momentane Abtrennung Deutsch-Oestreichs, die ein sofortiges Vorschreiten des Slavischen in Böhmen, Mähren, Kärnthen zur Folge haben wird. Gegen Beides ist leider Nichts zu machen.

Wir können also meiner Ansicht nach gar nichts andres thun als das Factum einfach acceptiren ohne es zu billigen, & die sich jetzt jedenfalls darbietenden darbieten müssenden größeren Facilitäten zur nationalen Organisation & Vereinigung des dtschen Proletariats benutzen so weit wir können.

 Siehe P. Stumpf an Engels, 16.7.1866.
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Daß brother Liebknecht sich in einen fanatischen eine fanatische Oestreicherei hineinreiten würde, brauchte mir Stumpf nicht zu schreiben,
das konnte gar nicht anders sein.  Derartige Korrespondenzen aus Leipzig konnten nicht ermittelt werden.
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Er hatte übrigens in der Neuen Frkf. Ztg ganz unverkennbare Wuthcorrespondenzen aus Leipzig.
Diese fürschtenmörderische Blindsche  Siehe Frankfurt, 30. Juni. Die Preußen nahmen … In: Neue Frankfurter Zeitung. Nr. 179, 1. Juli 1866. S. 1; Frankfurt, 1. Juli. Ebenda. Nr. 180, 2. Juli 1866. S. 1 und Kassel, 22. Juni. Ebenda.
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N. Fr. Ztg war so weit gekommen daß  | sie den Preußen ihre schändliche Behandlung
 Friedrich Wilhelm I.
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des „ehrwürdigen Kurfürsten v. Hessen“
vorwarf, & für  Georg V., der König war im jugendlichen Alter erblindet.
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den armen blinden Welfen
 Siehe Hannover, 29. Juni. In: Neue Frankfurter Zeitung. Nr. 180, 2. Juli 1866. S. 1.
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schwärmte!

 Siehe Marx an Engels, 21.7.1866 und Erl.
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Im Guardian Nichts mehr geschrieben.

Dein F. E.

Beste Grüße an die ladies.

Zeugenbeschreibung und Überlieferung

Zeugenbeschreibung

Der Brief besteht aus einem Bogen mittelstarkem, weißem Papier im Format 230 × 180 mm. Wasserzeichen: „A Pirie & Sons 1865“. Die Prägung ist nicht deutlich erkennbar, evtl. „London Superfine“ und ein Wappenschild. Die ersten zwei Seiten hat Engels vollständig beschrieben, die dritte zu einem Drittel, die vierte ist leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.

Von Eduard Bernsteins Hand: Nummerierung des Briefes bzw. der beschriebenen Seiten: „315,1“ bis „315,3“ und „39,1“ bis „39,3“ (gestrichen). Redaktionelle Vermerke.

Von Heinrich Dietz’ Hand: Nummerierung des Briefes: „858“ (gestrichen).

Von unbekannter Hand: Vermerk mit Blaustift „Abg“, auf der ersten Seite oben links; Anstreichung mit Bleistift am linken Rand der zweiten Seite („Daß brother Liebknecht“ bis „war so weit gekommen daß“) und der Vermerk mit Bleistift „Hier fehlt ein Brief von Marx“ (gestrichen) auf der dritten Seite.

Anmerkungen zum Brief

Engels beantwortet Marx’ Brief vom 21. Juli (Marx an Engels, 21.7.1866) sowie sein nicht überliefertes Telegramm (Marx an Engels, zw. 21. 7. u. 25.7.1866), gesendet zwischen 21. und 25. Juli 1866 („Deines Telegramms“). Marx antwortete ihm am 27. Juli 1866 (Marx an Engels, 27.7.1866).

Der im Brief („den Zettel“) erwähnte, von Engels irrtümlich beigefügte Zettel ist nicht überliefert.

 

Zitiervorschlag

Friedrich Engels an Karl Marx in London. Manchester, Mittwoch, 25. Juli 1866. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000144. Abgerufen am 18.04.2024.