| Engelskirchen 8 Juni 66
Lieber Friedrich
Ich wollte Deinen lieben Brief schon früher
beantworten, wurde aber theils durch die Unruhe die Elisabeth
Engels wohnte zeitweise in Barmen
(Wuppertal), zeitweise in Engelskirchen.
Schließen ein Umzug mit sich bringt, theils auch durch ein
Unwohlsein daß ich hier gleich zu überstehn hatte daran
verhindert. Hier fand ich auch nicht
Alles so gut wie ich wohl gewünscht hätte, Elise von
Griesheim.
Schließen Elise hatte den
Winter viel Husten gehabt u. grade wie ich hierher kam litt
sie wieder bedeutend daran, sie trinkt jetzt Emser Wasser,
was ihr hoffentlich gut thun wird. Emil
Engels.
Schließen Emil hatte Ende Mai
eine Rippenfell-Entzündung, die wie ich kam glücklich
überstanden war, er klagte aber über Wasser in der Brust,
was er sich bewegen fühlen könne u. man auch bei einer
gewissen Bewegung die
| er machte hören konnte. Die
beiden Aerzte die er hier hatte konnten bei einer
Untersuchung kein Wasser finden, sie konnten es aber hören,
dabei fühlte Emil gar keine Beschwerden, er schlief gut,
hatte guten Appetit, fühlte keine Beklemmung u. konnte
liegen wie er wollte. Die Aerzte wußten nicht was sie davon
denken sollten u. machten sehr bedenkliche Gesichter, Emil
mußte Spanischefliegen legen Arzenei nehmen, kurz er wurde
wie ein recht Kranker behandelt u. Dr. Wiefel
sagte mir, er halte die Sache allerdings für sehr
bedenklich. Nun entschloß sich Emil nach Cöln zu Fischer zu
gehn, der untersuchte ihn sehr gründlich u. erklärte er habe
kein Wasser in irgend einem Theil der Brust, weder in der
Rippenfell Blase, noch im Herzbeutel noch in einem Theil
| der Lunge. Das Klucksen was man hören könne komme von
dem Magenwasser her, seine inneren Theile seien wie das nach
einer Entzündung immer der Fall sei noch nicht wieder in
einem normalen Zustand, er solle nur noch einige Wochen
warten, dann würde er weder etwas fühlen noch hören können.
Er dürfe mäßig Wein trinken, gut essen, keine Arzenei nehmen
u. die Spanischefliege gleich heilen lassen. Du kannst wol
denken wie froh wir über diesen sehr bestimmt
ausgesprochenen Ausspruch waren, Emil geht
nun wieder seinem gewohnten Leben nach u. sieht schon wieder
recht gut aus. Ueber diese Sorge war mir die Politik ganz in
den Hintergrund getreten. Es sieht hier im Lande recht
traurig aus u. wenn der Krieg einmal wirklich da ist, wird
es wol noch schlimmer
| werden. Bestellungen bleiben
nathürlich aus u. es wird mit verkürzter Zeit gearbeitet.
Hier bekommt man nur die Zeitungen u. hat durch sonstige
Nachrichten nicht so viel Aufregung, in Barmen war das
schlimmer. Es ist überall eine große Noth, besonders durch
die Aushebungen zum Dienst u. alle Verhältnisse werden
gestört. Robert
Barthels.
Schließen Der Bräutigam von
Marie
B. gehört noch
1 Jahr im ersten Aufgebot, Barthels,
Bruder.
Schließen sein Bruder ist aber
Leutenant in der Landwehr u. wird wol früher fort müssen,
dann wird R. Bartels als Einziger im Geschäft, wol
nicht genommen werden.
G. Ermen geht es ja schlecht mit
seinen Spekulationen, ich glaube er will mit Gewalt noch
immer reicher werden. Engels hielt sich in Deutschland Ende
August/Anfang September 1866 auf. Siehe dazu auch
Engels an E. Engels,
23.8.1866.
Schließen Wie sieht es
aus, Du wirst mich doch in diesem Jahr auch
besuchen.
| Hier kann man jetzt keine Reiseplane machen, denn wenn
Der
Deutsche Krieg (1866).
Schließen der Krieg einmal
angefangen hat, weiß man nicht welche Ausdehnung er gewinnt.
Ihr seid doch recht glücklich in Eurem England u. habt
wenigstens keine Aussicht auf Krieg. Ich kann nicht
begreifen daß der Bismark noch immer Minister bleibt, das
ganze Land u. ganz Europa ist ja einig darüber, daß er
allein die Schuld trägt. Doch was kann das Klagen helfen,
wir haben ja König
Wilhelm I.
Schließen einen
Regenten über alle Regenten, der wird's schon
wieder in Ordnung bringen, auf den verlasse ich mich. Leb
nun wohl lieber Friedrich, Gott sei mit Dir u. erhalte Dich
gesund. Schreibe mir recht bald mal wieder. Von hier lassen
Dich Alle herzlich grüßen.
Deine Mutter E.
Zeugenbeschreibung und Überlieferung
Zeugenbeschreibung
Der Brief besteht aus einem Bogen und einem Blatt mittelstarkem, weißem Papier im Format 284 x 220 mm bzw. 142 × 220 mm sowie einem Umschlag aus blauem Papier im Format 147 × 60 mm mit der Prägung: „EE“. Elisabeth Engels hat fünf Seiten vollständig beschrieben, die sechste ist leer. Schreibmaterial: schwarze Tinte.
Auf dem Umschlag vier Poststempel: „Engelskirchen 8 6 * 2–3“ (zweimal), „P.D.“ (auf der Vorderseite), „A Manchester 10 Ju 66 2“ (auf der Rückseite) sowie eine Drei-Silbergroschen- und eine Zwei-Silbergroschen-Briefmarke.
Von unbekannter Hand: auf dem Umschlag mit Tinte der Vermerk „8.6.66“ sowie einige Berechnungen.
Anmerkungen zum Brief
Elisabeth Engels beantwortet einen nicht überlieferten Brief (Engels an F. Engels, zw. 6. 4. u. 8.6.1866) von Engels („Deinen lieben Brief“), geschrieben zwischen 6. April und 8. Juni 1866 (siehe Engels an H. Engels, 6.4.1866: „... der ich dieser Tage auch schreibe,“).
Zitiervorschlag
Elisabeth Engels an Friedrich Engels in Manchester. Engelskirchen, Freitag, 8. Juni 1866. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe digital. Hg. von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: http://megadigital.bbaw.de/briefe/detail.xql?id=M0000122. Abgerufen am 20.04.2024.